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Grundsatzfragen
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TipFox
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Beitrag1/9, Verfasst am: 01.03.2007, 20:01   

Betreff:   Grundsatzfragen
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Hallo Michael,

dann lass' uns doch etwas zur Aufklärung tun. Ich zähle jetzt einfach einmal ein paar Punkte auf, die ich noch aus den Zeiten der "DDR" in Erinnerung habe. Wohlgemerkt: MEINE, westlich geprägte Sicht...
wäre für mich interessant, was Du aus Deiner Sicht dazu sagst.

  1. Freizügigkeit: gab es nicht, dafür eine Grenze, an der im Gegensatz zu den meisten anderen Grenzen dieser Welt auf eigene Leute geschossen wurde
  2. freie Berufswahl: gab es nicht oder nur bedingt (nach Bedarf?)
  3. freie MeinungsÄußerung: nur unter Gefahr für Freiheit/Leib oder Leben
  4. freie Wahlen: Jein - es gab halt nix zu "wählen"
  5. Privatsphäre: nicht vorhanden, Telefone wurden abgehört, Nachbarn verpfiffen Nachbarn
  6. Informationsfreiheit: Fehlanzeige
  7. 100% "Beschäftigung", die konnte allerdings auch mal aus Renovierungsarbeiten am eigenen Haus bestehen - oder bestand einfach aus "Abruhen" (kein Material, kein Auftrag, keine Erledigung)
  8. Gerechtigkeit: Nix da - der Cleverste gewinnt, Beziehungen sind alles
  9. Umweltschutz: "was'n das???? - Effektivität zählt. Nach uns die Sinnflut!"
  10. Vergangenheitsbewältigung bezüglich "1000 Jahre": Fehlanzeige...

Jetzt gibt es 2 Möglichkeiten:

Entweder haust Du mir meine Phrasen um die Ohren und widerlegst oder bestätigst sie - oder

Du hälst mir ähnliche Sichtweisen aus dem "Osten" entgegen Wink

Ich denke, es kann nicht schaden, wenn man die Sichtweise des Gegenüber kennt - schon allein, um nicht ungewollt zu verletzen ...
_________________
Gruß TipFox

Zuletzt bearbeitet von TipFox am 21.09.2022, 14:52, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag2/9, Verfasst am: 02.03.2007, 04:28   

Betreff:
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Lieber Jürgen, lieber Günther,

Zuerst danke ich Euch für Eure ehrliche Äußerung.
ich werde dazu Stellung nehmen, nicht sofort, denn ich muß jetzt erstmal was arbeiten

schön so, das ist eine Grundlage auf der man anständig miteinander diskutieren kann.
_________________
Grüße aus der Lausitz von MichaelZ.

Die Reform der Rechtschreibung ist ein Symptom dafür, daß die Deutschen ihre Sprache nicht lieben.
(Eugen Ruge, Schriftsteller, 2018)
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Beitrag3/9, Verfasst am: 02.03.2007, 22:19   

Betreff:
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TipFox schrieb wie folgt:
Ich denke, es kann nicht schaden, wenn man die Sichtweise des Gegenüber kennt - schon allein, um nicht ungewollt zu verletzen ...

Ich erlaube mir mal, hier mitzureden, da mein Auszug aus meiner Stasi-Akte den Stein hier ja ins Rollen gebracht hat. Hab ich natürlich so nicht gewollt, aber jetzt eben Augen auf Exclamation und durch.
Dann mal zu meiner Sichtweise:
TipFox schrieb wie folgt:
...dafür eine Grenze, an der im Gegensatz zu den meisten anderen Grenzen dieser Welt auf eigene Leute geschossen wurde

Das war genau so, das finde ich schlimm und akzeptiere auch keine Rechtfertigung!
Aber folgende Ergänzung sei erlaubt:
Beim Erwähnen der Maueropfer immer alle mit einbeziehen. Auch die ermordeten Grenzsoldaten. Junge Kerls die, im Gegensatz zu anderen, per Befehl an die Grenze kamen.
TipFox schrieb wie folgt:
- freie Berufswahl: gab es nicht oder nur bedingt (nach Bedarf?)

Einfach nur falsch. Man hat sich mit seinem Schulabgangszeugnis ganz normal um einen Ausbildungsplatz beworben. Und wurde angenommen - oder nicht. Ich selber wollte eigendlich RundfunkMechaniker werden - wie mein Vater. Aber in Cottbus gab es dafür nur fünf Ausbildungsplätze. Und da ich meine Chancen auf Grund meines nur durchschnittlichen Zeugnisses als nicht sehr aussichtsreich ansah, bewarb ich mich bei einem großbetrieb zur Lehre zum Elektromonteur und wurde genommen (Mehrfachbewerbungen nicht möglich). Aber niemand hat mir vorgeschieben, wo ich mich bewerben dürfte, oder wo nicht.
natürlich war das Angebot an Lehrstellen an den Bedarf gekoppelt. Ist ja heute wohl nicht anders. Aber jeder hat einen (nicht unbedingt seinen Wunsch-)Ausbildungsplatz bekommen.
TipFox schrieb wie folgt:
]- freie MeinungsÄußerung: nur unter Gefahr für Freiheit/Leib oder Leben

Habe ich so nicht erlebt. Also Gefahr für "Leib oder Leben" wegen einer freien(?) MeinungsÄußerung ist Quatsch. "Gefahr für Freiheit" bestand bei "staatsfeindlicher Hetze" wohl besonders in den fünfzigern. Aber ich selber hatte nie den Eindruck, daß ich aufpassen muß, was ich sag.
TipFox schrieb wie folgt:
- freie Wahlen: Jein - es gab halt nix zu "wählen"

Das "Jein" ist richtig! Es gab Wahlveranstalltungen, auf denen man den aufgestellten Kandidaten kritisch befragen konnte. Das ganze war schon so angelegt, daß man mit der Bequemlichkeit der Bürger fest rechnen konnte: kaum einer ging hin zu solchen Wahlveranstaltunegn. Und trotzdem sind nicht wenige Kandidaten auf diesem Weg durchgefallen.
Die eigendliche Wahl war dann "Zettelfalten". Das war dann eine "Ja-Stimme". Aber jeder konnte auch mit "Nein" stimmen. Aber das erforderte neben einer anderen Meinung auch Mut.
TipFox schrieb wie folgt:
- Privatsphäre: nicht vorhanden, Telefone wurden abgehört, Nachbarn verpfiffen Nachbarn

Der Satz muß genau anders herum lauten:
Privatsphäre wurde abgehört, Telefone nicht vorhanden Very Happy
Zu "Nachbarn verpfiffen Nachbarn": hat's wohl jede Menge gegeben, war aber nicht die Regel.
TipFox schrieb wie folgt:
- Informationsfreiheit: Fehlanzeige

Zugegeben, aber - bis auf die im Tal der Ahnungslosen - hatten ja wir das Westfensehen. Informationsfreiheit pur.
TipFox schrieb wie folgt:
- 100% "Beschäftigung", die konnte allerdings auch mal aus Renovierungsarbeiten am eigenen Haus bestehen - oder bestand einfach aus "Abruhen" (kein Material, kein Auftrag, keine Erledigung)

Ganz sensibler Punkt. Wenn in der Einschränkung "konnte allerdings auch mal" das "auch mal" ganz ganz fett unterstrichen wird, okey. Ansonsten haben der Lokführer, der Arzt, die Lehrerin, der Kohle-Kumpel, die Näherin am Fließband und auch der Trabbi-Bauer in Zwickau richtig gearbeitet. Aber ganz bestimmt nicht "abgeruht".
TipFox schrieb wie folgt:
- Gerechtigkeit: Nix da - der Cleverste gewinnt, Beziehungen sind alles

Beziehungen waren viel Wert bei der Beschaffung von "hochwertigen Konsumgüterprodukten". Aber bei Leibe nicht alles.
TipFox schrieb wie folgt:
- Umweltschutz: "was'n das???? - Effektivität zählt. Nach uns die Sinnflut!"

Das mit der Sinnflut ging doch nicht - wir waren doch atheistisch!
Spaß beiseite: Umweltschutz wurde der Wirtschaftlichkeit hinten dran gestellt. Aber umgedreht macht es ja auch keinen Sinn.
TipFox schrieb wie folgt:
- Vergangenheitsbewältigung bezüglich "1000 Jahre": Fehlanzeige...

Naja, wir können ja gern über das "wie" der Vergangenheitsbewältigung reden - aber: "Fehlanzeige" ist nun arg daneben!

So, meine Systemuhr zeigt jetzt 02:11. Es reicht für heute. Es kommt das Wochenende, und das ist für die Familie da.
Ich beende hier erst einmal "meine Sicht".

Viele Grüße aus Athen
Hajo
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Beitrag4/9, Verfasst am: 02.03.2007, 22:22   

Betreff:
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Lieber Jürgen,
hat ein bissel länger gedauert - egal, jetzt fange ich mal oben an; den Punkt Freizügigkeit lasse ich erst mal aus - kommt später.
Ich werde hier ganz bewußt bemüht sein, das seinerzeitige DDR-Regierungsamtliche Vokabular - soweit mir erinnerlich - hier mit einzubauen. Nicht weil ich das besonders schön finde, sondern weil es vielen Wessis, und freilich auch den jüngeren Ossis eben nicht (mehr) bekannt sein dürfte, welche Bedeutung einige Vokabeln / Floskeln eigentlich hatten. Die Termini Wessi und Ossi wird ja wohl niemand als diskriminierend ansehen; was besseres fällt mir eben nicht ein.
TipFox schrieb wie folgt:

... eine Grenze, an der im Gegensatz zu den meisten anderen Grenzen dieser Welt auf eigene Leute geschossen wurde ...

Ja, das ist zum Teil so zutreffend für die Ära nach dem 13. 8. 1961 und wurde unterschiedlich gehandhabt - zeit- und streckenweise sogar mit "Tretminen" "perfektioniert".
In den jungen Jahren der DDR, von 1949 bis 61, gab es auch schon diese Grenze, welche hervorgegangen war aus der im August 1945 auf der Potsdamer Konferenz vom "Alliierten Kontrollrat" (das war das erste oberste Regierungsorgan für Deutschland) festgelegten Demarkationslinie, die - so ich mich richtig erinnere - mehrmals geringfügig korrigiert wurde.
groß-Berlin nimmt hier eine Sonderstellung ein, die wir aber - der Einfachheit halber - mal ausklammern wollen.

Die Washingtoner Konferenz verfügte im April 49 das Besatzungsstatut für Westdeutschland woraufhin Ende Mai dann die von den dortigen Besatzern vorgegebene Verfassung angenommen wurde; vier Monate später stellte der erste Nachkriegskanzler, Konrad Adenauer, sein Kabinet vor. Zwei Wochen später konstitutionierte sich unter Ministerpräsident Otto Grotewohl die erste Regierung der DDR. Erster und einziger Präsident der DDR war, bis zu seinem Tod im Jahre 1960, Wilhelm Pieck.

Einige Ereignisse gingen den beiden Staatsgründungen voraus.
Ende 1947 Gründete sich die "Deutsche Volkskongressbewegung", initiiert von der "Sozialistische Einheitspartei Deutschlands" - SED.
Im März des Folgejahres tagte in Berlin der 2. Deutsche Volkskongress auf dem eine Volksabstimmung zur Deutschen Einheit gefordert wurde. Dieser offenen Forderung stimmten weit über 12 Mio. Bürger zu - in Westdeutschland wurde diese Abstimmung verboten. Dort erfolgte im Mai eine einseitige Währungsreform, anschließend (im Juni oder Juli) die Einbeziehung der drei Westzonen in den Marshallplan.

Die Land- und Seegrenze zur nun gegründeten BRD stellte bis zu ihrem schließlichen Wegfall die Trennungslinie zwischen der "Sozialistischen Staatengemeinschaft" mit ihrem auf Ost- und Mitteleuropa beschränkten Verteidigungsbündnis "Warschauer Vertrag" und dem weltweit expandierenden "Nordatlantikpakt" dar. In den Folgejahren, bis einschließlich 12. August 1961, war diese Grenze trotz Sicherungsanlagen und bewaffneten Grenzpolizisten / -soldaten stets +/- durchlässig.
Es ist also bei weitem nicht so, daß das Grenzregime als solches eine alleinige Erfindung der DDR-Führung zur Schikanierung ihrer Bürger war und daß die Gründe, die letztlich zur Einführung dieses Grenzregimes führten, von der DDR-Regierung zu beeinflussen gewesen wären.

Der 13.8.61 veränderte mit einem Paukenschlag die Welt. Der "Antifaschistische Schutzwall" - die Mauer schlechthin - entstand. Von diesem dramatischen Tage an war der Status quo unverrückbar und sprichwörtlich betoniert und die innerdeutsche Grenze wurde mit einem Schlage zum undurchdringlichen "Eisernen Vorhang"; "Mauer" stand absofort als Synonym für diese Trennlinie zwischen Menschen, Staaten, Sytemen und Militärbündnissen und der Einsatz von Schußwaffen zur Verhinderung von Grenzdurchbrüchen - egal von wo nach wo! - stand ab sofort auf der Tagesordnung. Tretminen genannte Selbstschussanlagen folgten.

Zur Erinnerung:
Es herrschte noch immer Krieg! Er wurde nie beendet. Die Siegermöchte teilten unter sich auf, was vom Tausendjährige Reich übrig war und sie teilten es so auf, wie sie dies für richtig erachteten, wie es ihren Zielen gerecht wurde. Der Krieg tobte nun halt nicht mehr zwischen Deutschland und dem Rest der Welt sondern zwischen NATO und Warschauer Pakt. Deutschland war nichts anderes als eine Pufferzone, die die Amerikanisch-Britisch-Französische Besatzungszone von der Sowjetischen Besatzungszone - SBZ - trennte.

daß im Krieg die Luft durchaus auch "bleihaltig" sein kann, war zu keiner Zeit ein Geheimnis und ich stehe nach wie vor auf dem Standpunkt, daß niemand dazu gezwungen wurde sich erschießen zu lassen. Tausende haben auch nach dem 13. August die DDR verlassen ohne daß sie dabei Kopf und Kragen aufs Spiel setzten. Und ebenso haben unzählige versucht, den Eisernen Vorhang zu Wasser und zu Land zu bezwingen, wurden gestellt und der Justiz überstellt. Sie hatten Glück im Unglück. So ist das nunmal im Ausnahmezustand Krieg.

Eine normale Grenze hat es im Nachkriegsdeutschland nie gegeben - zu keiner Zeit! Als es sie hätte geben können - da war sie nicht mehr vonnöten. Dazu bedurfte es erst der 2+4 Konferenz, die die Grundlagen für den Wegfall dieser innerdeutschen Staatsgrenze schuf. Es war nun unumgänglich geworden, ein einheitliches Währungssystem mit all seinen Nachteilen schnellstmöglich einzuführen.


* * * * * * *

So lieber Jürgen, ich habs mal auf meine Weise versucht Dich totzuquatschen. Freu Dich nicht zu früh und denke nicht daß ich schon fertig bin Laughing
Das Thema Grenze ist eben etwas mehr als ein bloßes Reizwort, Deine anderen Punkte kann ich dann teils mit wenigen Worten abarbeiten.

Damit es keine Irritationen gibt:
Ich mache hier nicht den Kreuzzug für das Politbüro oder den Kreml. Ich beMühe mich einfach Fakten ins Gedächtnis zu rufen um sie möglichst vorurteilsfrei chronologisch auszuwerten. Ob und wie mir das gelingt müssen die Leser entscheiden. Wenn ich in einigen Details daneben liege, dann werde ich mich korrigieren - alles habe ich nun auch nicht mehr im Kopf und manche Daten können mir da schonmal ein bissel durcheinander kommen. So ganz neu bin ich halt nicht mehr, kenne aus eigenem Erleben noch die Fahrt mit dem P4 durch das Brandenburger Tor - ja, das war wirklich kurz vor ToresSchluß! - und wir (mein Vater und ich) wurden auch auf der Heimfahrt weder angehalten, noch gefilzt oder gar beschossen.


Ich gedenke hier in diesem Beitrag morgen fortzusetzen. Trete jetzt allerdings meinen unumgänglichen Schönheitsschlaf an.
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Grüße aus der Lausitz von MichaelZ.

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TipFox
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Beitrag5/9, Verfasst am: 03.03.2007, 08:44   

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Zun?chst mal meinen Dank an Hajo - ich muss zugeben: einiges habe ich schon so vermutet - aber ich habe ja den Part "Wessi" übernommen - und an "markigen" Sprüchen kann man sich besser reiben Wink

MGW51 schrieb wie folgt:
So lieber Jürgen, ich habs mal auf meine Weise versucht Dich totzuquatschen. Freu Dich nicht zu früh und denke nicht daß ich schon fertig bin

Hallo Michael, lass Dir Zeit. Es war und ist sowieso nicht meine Absicht, jedes Detail "auseinander zu pflücken". Vielmehr sollten einfach mal die verschiedenen Sichtweisen gegenübergstellt werden - eine Wertung ist nicht erforderlich, aber natürlich auch nicht verboten Wink
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Gruß TipFox

Zuletzt bearbeitet von TipFox am 21.09.2022, 15:07, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag6/9, Verfasst am: 04.03.2007, 05:30   

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Lieber Jürgen und Mitleser,

gestern hatte ich einfach nicht mehr die Zeit - uns brennt ja auch nichts an!
Es ist schon in Ordnung so, wenn wir unsere, teils völlig abweichenden Ansichten hier mal nach dem Schema These-Gegenthese darlegen. In einer Auswertung in Form von besser-schlechter soll und muß das ja nicht gipfeln. Wozu auch? Es ist Geschichte! Da könnten wir ebenso darüber streiten, ob der 2. Weltkrieg besser war als der Dreißigjährige Krieg. Was brächte uns das?

natürlich müssen wir, die wir hier schreiben auch aufpassen, daß wir dabei nicht verkrampfen. Ein paar Illustrationen - über die man sich heute vor lachen ausschütten kann oder auch nur an den Kopf fasst - werde ich versuchen noch mit beizusteuern.
Ja, so sollen und müssen wir an diese, unsere Geschichte herangehen. Locker, absolut entspannt. Zum Thema Mangelwirtschaft mal eine Anleihe beim Rumänischen Hifi-Forum:


Wie mag das wohl mit Schnaps funktionieren?
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Nils
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Beitrag7/9, Verfasst am: 04.03.2007, 08:54   

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Um Tip Foxens "Ossi"- Klischees noch ein heutiges anzufügen, hier das Bild eines durchschnittlichen, Brandenburger Hartz IV- Empfängers :
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Beitrag8/9, Verfasst am: 07.03.2007, 22:30   

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Einfach köstlich, das Bild was Nils da gefunden hat. Fehlt nur als erklärende Bildunterschrift:
"Willbald M. auf dem Weg zur Arbeit" Daumen hoch

Gut, weiter im Text:
TipFox schrieb wie folgt:

2. freie Berufswahl: gab es nicht oder nur bedingt (nach Bedarf?)

3. freie MeinungsÄußerung: nur unter Gefahr für Freiheit/Leib oder Leben

4. freie Wahlen: Jein - es gab halt nix zu "wählen"...

Lieber Jürgen,

wie längst angedroht und immer wieder aufgeschoben - nun mache ich es wahr und setze den Thread hiermit fort.
Da der Komplex zur innerdeutschen Grenze bekanntermaßen besonders stark im Fokus liegt, hatte ich dieses Thema ein wenig ausführlicher aus meiner Sicht dargelegt. Nun kommen wir zu den obigen drei gebündelten Fragen:

Eine freie Berufswahl gab es durchaus! Bedingung war, man konnte eine Lehrstelle für seinen Lieblingsberuf ergattern und dabei war das Schulzeugnis der erste Gradmesser. Analog war es auch bei Studienplätzen. Zugangsbeschränkungen gab es allerdings bei einigen medizinischen Fachrichtungen, aber auch auf anderen Gebieten. Und nochwas ist zu beachten: Teilweise mußte der Lehrling sehen, daß er zu einem Privatquartier am Lehrort kam. So z.B. bei Zootierpflegern. Da wurde die theoretische Ausbildung zentral und zum Teil gemeinsam mit den Zoofachverkäufern in Berlin absolviert, die praktische Ausbildung dagegen erfolgte in den einzelnen Zoologischen Gärten. Diese bildeten i. d. R. nur für ihren Eigenbedarf aus. Wer sich dennoch für diesen Beruf interessierte, der mußte nur eines sein: Konsequent gegenüber den Berufsberatern bei dem jeweiligen Rat des Kreises - in etwa mit den heutigen Landratsämtern gleichzusetzen. Diese Berufsberater hatten die Aufgabe, den Jugendlichen mit unklaren Vorstellungen eine "passende" Lehrstelle zu verschaffen und es gehörte eben auch zu deren Aufgaben, darauf hinzuwirken daß zuvorderst solche Lehrstellen vergeben wurden, welche augenblicklich von besonderem volkswirtschaftlichen Interesse waren. Klassische handwerksberufe zählten da ebensowenig dazu wie sowas "exotisches" wie Zootierpfleger. Diese Jugendlichen wurden dann mit vielerlei Argumenten in die Ecke Landwirtschaft, genauer gesagt industrielle Tierproduktion gedrängt. Wer sich da nicht wirklich ernsthaft mit seinem Berufsziel identifiziert hatte, der war +/- schnell umgepolt! Blieb man konsequent und beharrte mit entsprechender Argumentation auf seinem Standpunkt, dann bekam man auch die gewünschte Lehrstelle.

Es gab weiters Sonderformen der Berufsausbildung. Das waren zum einen die Ausbildungsrichtungen Facharbeiter mit Abschluß der mittleren Reife bzw. Facharbeiter mit Abitur.

Beiden Zielstellungen gemeinsam war der Umstand, daß man die Gesamtausbildungszeit um ein Lehrjahr verkürzte. Bei ersterem Modell begann die berufliche Grundausbildung zeitgleich mit Beginn des 9. Schuljahres. zusätzlich zum vollen Lehrstoff in der Schule war also auch noch das komplette Pensum der Berufsschule zu bewältigen. Und das bedeutete die Backen fest zusammenzukneifen und auf Ferien während der Schuljahre 9 und 10 komplett zu verzichten, denn diese Wochen wurden für die praktische Ausbildung im Lehrbetrieb benötigt. Zweischichtarbeit war während der Ausbildung angesagt. Achja, Fächer abwählen - diesen Schwachsinn hat sich die DDR zum Glück nie geleistet. Auf diese Weise hatte man ein Jahr nach dem Reifezeugnis die Freisprechung mit übergabe des Facharbeiterzeugnisses - wenn alles gut ging! Das Modell wurde nur sehr wenige Jahre so durchgeführt, danach gab es nur noch den BerufsAbschluß mit Abitur. Die Belastungen bei der ersten Variante waren schlicht zu hoch und damit lag auch die Erfolgsquote unter den Erwartungen.

Es gab noch weitere AusbildungsMöglichkeiten und es gab auch die Möglichkeit zu studieren, ohne daß man einen regulären Studienplatz hatte! Es ist also, lieber Jürgen, schlicht falsch wenn es da heißt daß es keine freie Berufswahl gegeben hätte.

daß der Staat hierbei zuallererst seine ureigensten Interessen, die sich an wirtschaftlichen Erfordernissen orientierten, durchzusetzen versuchte, ist nur legitim und auch normal. Bei uns bekam jeder Schulabgänger eine Lehrstelle - das war Gesetz und dieses Gesetz wurde auch ohne Abstriche eingehalten. Und es war schließlich auch Gesetz, daß ausnahmslos alle Lehrlinge - egal ob sie die Gesellenprüfung bestanden hatten oder durchgefallen waren - von ihrem jeweiligen Ausbildungsbetrieb oder dem delegierenden Betrieb in eine feste Anstellung übernommen wurden. Es war ebenso Gesetz, daß die Eltern keine Ausbildungskosten in Form von Schulgeld und ähnlichen Perversitäten aufbringen mußten. Ausgenommen davon waren allerdings diejenigen Lehrlinge, die sich auf eigene Faust ihre Traum- Lehrstelle besorgt hatten und nun am Ausbildungsort ein Privatquartier belegen mußten. Als Untermieter hatte man für ein Zimmer so etwa 15 - 30 Mark/Monat zu berappen und das blieb dann freilich an den Eltern hängen. Analog die Situation bei externen Studenten.

Es gab sehr viele Möglichkeiten, man mußte sie nur suchen und beharrlich für sich nutzen. Nachteile hatte man davon in keinem Falle.

Zur freien MeinungsÄußerung:
Wir müssen hier unterscheiden, zwischen den ersten Nachkriegsjahren, den "wilden Fünfzigern" und den Jahren, nach dem Mauerbau.

Es ist mir also nicht möglich, Deine These zu bejahen und ebensowenig kann ich sie rundweg verneinen.
Eines dagegen kann ich mit absoluter Sicherheit sagen: für die Zeit ab den 70-ern bis zum Ende der DDR ist Deine Aussage absolut unzutreffend. für die Zeit in den 50-ern antworte ich mal mit einem Teil aus der Familienchronik:
Am 17.Juni als Lehrling im Alter von gerademal 17 Jahren beim verteilen von Flugblättern in Görlitz von der "Deutschen Volkspolizei" aufgegriffen, mit einem Sammeltransport ins Zuchthaus Bautzen (Gelbes Elend) überstellt und nach gut drei Monaten U-Haft als Feind der Arbeiterklasse abgeurteilt und zur Haftverbüßung in das Zuchthaus Brandenburg überstellt. Dort die Berufsausbildung als Karosseriebauer und KraftfahrzeugMechaniker abgeschlossen, dabei den personengebundenen PKW "Sachsenring" des Präsidenten der DDR Wilhelm Pieck altersgerecht umgebaut und schlußendlich, nach Ablauf der Haftzeit daselbst entlassen und mit einem Transportschein der DR nach Görlitz in Marsch gesetzt. In Görlitz wartete die Familie vergeblich am Bahnhof.
Achtung Ironie:
Der Junge Mann hatte sich in Berlin irgendwie verlaufen und ist dann in die falsche S-Bahn eingestiegen.
Nach ein paar Wochen kam dann eine Postkarte. Nicht aus Berlin, aus einem Auffanglager jenseits der Demarkationslinie. Inzwischen ist der damalige Jungspund längst pensioniert, lebt seit fast einem halben Jahrhundert in der Nähe von Walsrode. Gesund, körperlich und geistig fit und kommt einmal im Jahr hierher auf Besuch. Er hat es unbeschadet überlebt, wurde weder gefoltert noch sonstwie misshandelt. Freilich, der Aufenthalt in Bautzen und Brandenburg war kein Zuckerschlecken und eine Erfahrung dieser Art wünscht man keinem Menschen. So war das mit der Meinungsfreiheit - wenigstens in diesem Falle, den ich nun aus der eigenen Familie her, authentisch kenne.

Wenn allerdings die Sprache auf die "Rote Hilde" kommt, dann trifft es völlig zu, was Du geschrieben hast. Hilde Benjamin war die erste Justizministerin der DDR, hatte von der Juristerei genausoviel Ahnung wie ein Schwein vom Klavierspielen, machte ihren Job aber mit vollem Einsatz. Da wurden reihenweise Schauprozesse aus rein ideologischen Gründen geführt und es gab resultierend auch eine Reihe Hinrichtungen von völlig unbescholtenen Bürgern. In diese Zeit der ersten Jahre der DDR fällt auch die, vornehmlich in den städtischen Ballungsgebieten aufgetretene Welle der Denunziationen. Das kannte man da ja noch aus der Zeit da die Gestapo mit ebensowenig sensiblen Methoden den "Volksfeinden" auf den Fersen war. Ich möchte noch anmerken, daß in der DDR kein einziger Zivilist wegen des hörens westlicher Sender mit Strafe belegt worden ist; zu keiner Zeit!

Freie Wahlen gab es in der DDR!
Auch hier muß man immer den Zeitraum in Betracht ziehen. Siehe dazu auch meine diesbezüglichen Anmerkungen im Kapitel "Grenzregime". Die Volksabstimmung zur Deutschen Einheit wurd von Herrn Adenauer verboten - natürlich nur für die Westsektoren. Da war es auch nicht so weit her mit der hochgelobten Freiheit!

Wenn wir allerdings die Zeit nach 61 betrachten muß gesagt werden daß es auch da Wahlen gab und auch die waren frei denn es wurde kein Mensch gezwungen da hinzugehen! Man hatte also die Wahl, es zu tun oder es zu lassen. Es war gar lustig, wie man sich als normaler Bürger die anstehende Wahl selbst zu nutze machen konnte. Die Aussage:" Ich gehe nicht wählen weil mein Fernseher ist kaputt - der Klempner kommt nicht - auf der Straße ist ein Schlagloch" könnte ich endlos so fortsetzen, nichts ist grotesk genug, als daß es die verantwortlichen Funktionäre nicht bierernst genommen hätten und das sollten sie ja auch! Da die Wahlveranstaltungen einen gewissen zeitlichen Vorlauf hatten, konnte der Kandidat dann alle Hebel in Bewegung setzen um die "Wahlverweigerer" durch Erfüllung ihrer Forderungen umzustimmen. Das kannst mal heute versuchen - die Merkel wird ja noch wissen, wie sowas läuft aufdentischhau
Also, die DDR-Wahl lief eben auch nur so ab, daß man einen oder zwei Zettel bekam auf denen die Namen der "Kandidaten der Nationalen Front" aufgelistet waren. Diesen Zettel konnte der Wahlberechtigte in die Kiste werfen - da war es dann eine JA-Stimme - oder er griff zum Stift und strich ganz akkurat jeden einzelnen Namen durch - dann, und nur dann, ist das eine NEIN-Stimme.
Wer den gesamten Wahlschein durchstrich oder gar durchkreutzte lieferte bestenfalls eine ungültige, meist aber (Kreuz) auch eine JA-Stimme! In den letzten Jahren wurde die Wahl als solche auch nicht mehr Wahl genannt. Es gab zwar noch ein Wahllokal und einen Wahlausschuss, Wahlleiter etc. aber die Bürger wurden zur "Stimmabgabe" aufgerufen.
Notorische Nichtwähler hatten keine weiteren Nachteile außer denen, um die sie sich selbst durch Verzicht auf die mögliche Vorteilsnahme bereicherten.

So, und nun genug für heute.
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Beitrag9/9, Verfasst am: 19.01.2014, 11:57   

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Nun habe ich mich eben entschlossen, den angefangenen Teil auch zu beenden. Wenngleich seit Themenstart nahezu 7 Jahre vergangen sind, ändert das nichts daran, daß Antworten noch zu erbringen sind. Warum das seinerzeit so abrupt endete? Es gab viele unterschiedliche Gründe dafür - im einzelnen jetzt nicht konkret festzumachen, im Saldo aber auf einen Nenner zu bringen: die chaotischen verhältnisse im und mit dem Razyboard und nicht zu vergessen, die permanenten Hetz- und Verleumdungskampagnen die vom RMorg bzw. dessen Besitzer Ernst Erb gegen das damalige RFM-Museumsforum und dessen Mitglieder inszeniert worden ist.


Also weiter im Text:

TipFox schrieb wie folgt:
# Privatsphäre: nicht vorhanden, Telefone wurden abgehört, Nachbarn verpfiffen Nachbarn
# Informationsfreiheit: Fehlanzeige
# 100% "Beschäftigung", die konnte allerdings auch mal aus Renovierungsarbeiten am eigenen Haus bestehen - oder bestand einfach aus "Abruhen" (kein Material, kein Auftrag, keine Erledigung)


Ich stelle mal folgende Gegenbehauptung in den Raum:
Die Privatsphäre genoss in der DDR einen weitaus größeren Stellenwert als dies heute, im Jahre 2014, in dieser sogenannten Freiheitlichen Grundordnung überhaupt vorstellbar ist!

Wenn man darunter allerdings verstehen will, daß sich die Bewohner eines Mietshauses bestenfalls vom sehen her bekannt vorkamen und ihre durch aufbruchhemmende Stahlzargen verstärkten Wohnungstüren mittels masiver Stahlbalkenriegel nach passieren derselben hinter sich "hermetisch abdichteten", dann kann und muß ich das kategorisch verneinen. Diese Art von Privatsphäre gab es bei uns nicht - solche Schließvorrichtungen waren gänzlich unbekannt und noch schlimmer: Niemand hat das wirklich vermisst!

Telefone sind abgehört worden - genau wie in Westdeutschland und wie es auch heute keineswegs unüblich ist. Es gibt nur einen Unterschied: Flächendeckendes Abhören hat es in der DDR mangels technischer Möglichkeiten zu keiner Zeit gegeben. Ich denke, daß das ebenso auf die damalige BRD zutrifft. Diese Möglichkeiten sind erst in der jüngsten Vergangenheit geschaffen worden. Nicht als "Schutz" vor irgendwas - das ist nur Vorwand Exclamation - sondern aus rein monetären Interessen. Eine weitere Einschränkung muß ich noch machen: Wie schon Hajo schrieb, hatte die Mehrzahl aller Haushalte weder ein Telefon noch die Aussicht ein solches zu bekommen und ich bin mal so kühn zu sagen, daß nicht wenige Leute überhaupt keinen Wert auf so einen Anschluß gelegt haben. Was die seinerzeitige Abhörpraxis betrifft, so waren davon die reinen Privatanschlüsse nur untergeordnet betroffen. Das änderte sich dann im Einzelfall schlagartig, wenn es sich um den Anschluß einens sogenannten Antragstellers handelte, also eines Bürgers, der einen offiziellen Antrag auf Ausreise nach der BRD gestellt hatte.

Was die Informationsfreiheit angeht, so ist es absolut nicht zutreffend wenn diese als eingeschränkt oder gar nicht gegeben dargestellt wird. Allerdings ist es zutreffend, daß man in keinem Buchladen der DDR z. B. "Mein Kampf" kaufen konnte. Es ist ebenso zutreffend, daß etwa um 1988 herum die sowjetische Monatsschrift "SPUTNIK" auf den Index gesetzt worden ist was nichts anderes bedeutet als daß alle bisherigen Abbonenten ihre beim PZV (Postzeitungsvertrieb) bereits bezahlten Exemplare nicht mehr bekamen da dieser keine Auslieferung mehr vornehmen durfte. Dennoch konnte man - so man wollte - das Heft weiterhin lesen. Das stand nicht unter Strafe, es wurde lediglich nicht mehr von staatlicher Seite unterstützt oder gar gefördert!

Hörfunk - und hier kann ich aus dem "Tal der Ahnungslosen" berichten - gab es zu allen Zeiten ohne jegliche Beschneidungen, abgesehen von den Jahren als der Sender RIAS auf MW, etwas um die 900 kHz, mittels Störmodulation in weiten Teilen der DDR überlagert worden ist. Also, mir hatte er nie wirklich gefehlt! Was ich hier z. B. ständig hörte waren auf MW DLF, SFB und die Europawelle Saar sowie in den Jahren da es die Sender noch gab die Stationen auf 904 und 935 Smile Auf KW gehörten SDR, SWF, ORF, Prag, Luxemburg zu meinen Favoriten und UKW - naja, aus die Maus Smile Nicht ganz! SFB kam mit unterschiedlichem Fading, aber ziemlich regelmäßig hier herein. Irgendwas um die 88 MHz. Und Schamonis 100,6 war freilich ganz was heißes für die Radartüten Smile Das war schon etwas anspruchsvoll zu empfangen weil auf 100,4 mit verständlicherweise weitaus größerer Feldstärke das I. Programm des DDR in Hoyerswerda abgestrahlt worden ist.

Nun gibt oder gab es ja auch den Fernsehrundfunk.
Und es gab das "Tal der toten Augen" - die mußten nicht zwangsläufig aus Glas sein. Auch hier in Görlitz, in meinem damaligen Lebensumfeld, konnte man mit etwas gutem Willen den SFB hereinbekommen. Voraussetzung war natürlich, daß die Antenne möglichst weit oben, also als Dachantenne ausgeführt war und damit aus dem Störfeld der Straßenbahn herauskam. Ein wirklich brauchbares sehen ist allerdings mit einer Einzelantenne nur bei entsprechenden meteorologischen Bedingungen möglich gewesen.

Zeitungen und Zeitschriften von westdeutschen Verlagen wurden hierzulanden ganz offiziell mit dem PZV zugestellt. Es gab da eben nur die Hürde, daß irgendwer diese Sachen auch bezahlen mußte und das konnte nur ein "Westonkel" sein oder man hatte die Möglichkeit als Betrieb, ein KompensationsGeschäft einzufädeln. Diese Ausführungen stehen ausdrücklich NICHT im Widerspruch zu der unbestrittenen Praxis, daß Zeitungen und Zeitschriften aus privaten Paketen oft herausgenommen wurden - jeder Bürger wußte, daß es verboten war solche Sachen zu schicken bzw. sich schicken zu lassen! Wie schon gesagt, der offizielle Bezug stand jedem Bürger frei! natürlich existierte auch eine Liste mit Druckerzeugnissen, welche auf keinen Fall in die DDR eingeführt werden durften. Und das war schon ganz gut so denn diesen Schund braucht kein Mensch wirklich.


Die DDR-typische Vollbeschäftigung ist tatsächlich eine ganz krasse Nummer!
Einesteils gab es - Hajo schnitt es schon an - eine übergroße Mehrheit Werktätiger, die in der Industrie, der Versorgungswirtschaft, im Verkehrswesen, in Gesundheitseinrichtungen, der Landwirtschaft etc. tagtäglich und oft auch rund um die Uhr einer kontinuierlichen Beschäftigung nachgingen. Auf der anderen Seite ist es aber auch eine Tatsache, daß an allen Ecken und Enden immer irgendwas gerade fehlte. Gerade wenn man im Instandsetzungsbereich beschäftigt war, trat schon mal die Situation ein, daß bei vorübergehender NichtVerfügbarkeit von ganz bestimmten Teilen oder Baugruppen stundenlang Arbeitsplätze durch angearbeitete Gerätschaften blockiert waren, die betreffenden Mitarbeiter dann eben
Achtung Ironie:
die Flucht ins Gelände
antraten um niemandem im Weg zu stehen Wink Wenn dieses Warten länger anhielt, suchte man sich allerdings an anderer Stelle nützlich zu machen. daß in solchen Stillstandszeiten aber die eigene Wohnung renoviert worden sein soll, gehört ins Reich der Legende. Vielmehr muß ich auf eine Besonderheit in der DDR hinweisen: Anders als heutzutage herrschte permanenter Wohnraummangel! Die Bürger waren darum angehalten, sich durch den Bau von Eigenheimen selbst mit angemessener WohnMöglichkeit zu versorgen. um das zu ermöglichen, gab der Staat überaus großzügige Kredite als Aufbauhypothek und darüberhinaus waren die Betrieb verpflichtet, ihren bauwilligen Mitarbeitern eine vertraglich festzulegende Unterstützung zu gewähren. Diese Unterstützung belief sich im mittel auf einen finanziellen Wert von ca. 15 - 20% der gesamten Bau-Plansumme! Um das mal ganz deutlich zu sagen: Diese Leistung stand dem Mitarbeiter per Gesetz zu - nicht als Darlehen sondern als geldwerte Leistung des Arbeitgebers. Eine konkrete "Gegenleistung" war dafür weder vorgesehen noch wurde sie verlangt. Es ist ausdrücklich darauf abgestellt worden, statt einer schnöden überweisung die Leistung in Form von technischer Hilfe oder auch als Materialbereitstellung zu erbringen. Mithin ist es völlig normal gewesen, wenn Arbeitskollegen während ihrer regulären Arbeitszeit auf der Baustelle eines ihrer Kollegen offiziell malocht haben. Da solche Aufgaben vom Betrieb zusätzlich zum Staatsplan erbracht werden mußten, bot es sich naturgemäß an, dafür die anders kaumm sinnvoll zu nutzenden Standzeiten heranzuziehen. Das hat aber nichts mit den seinerzeit geradezu legendär-berüchtigten Feierabendbrigaden zu tun! Das ist ein ganz anderes Kapitel.

Wirkliche, "echte Gammelzeiten" hat es auch und immer gegeben - überall dort, wo der persönliche Einsatz nicht an einem messbaren Schaffensvolumen festzumachen ist und wo es auch nicht sonderlich auffällt, wenn mal gerade "Fuffzehnmachen" angesagt war.
_________________
Grüße aus der Lausitz von MichaelZ.

Die Reform der Rechtschreibung ist ein Symptom dafür, daß die Deutschen ihre Sprache nicht lieben.
(Eugen Ruge, Schriftsteller, 2018)
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