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Autor: MGW51 Verfasst am: 27.06.2008, 14:58 Betreff: Radi, "Methodische Fehlersuche in RundfunkEmpfängern"
Zitat:
Holger66 schrieb am 19.09.2006:


Hallo Freunde,

dieser Tage kam ich auf den Flohmarkt für einen Euro an das Buch


Methodische Fehlersuche in Rundfunkempfängern

von D. A. Renardy aus dem Jahre 1951, Franzis-Verlag München


Bei einigen Stellen mußte ich doch schmunzeln. Erst serviert er auf Seite 28 eine schöne Stilbl?te beim Thema "Fingerprobe":


Zitat:

...Die Fingerprobe ist zu Beginn des Rundfunks in Gebrauch gekommen, und sie ließ sich in der Zeit besonders gut anwenden, als die meisten Geräte mit Röhren der A-Serie bestückt waren, Die Steuergitter dieser Röhren liegen fast alle an Kappen oben auf dem Glaskolben und sind infolgedessen besonders gut zugänglich. Das ist bei modernen Röhren nur noch bei der roten E-Serie der Fall. Bei AllstromGeräten und solchen, bei denen die Anodenspannung direkt dem Netz entnommen wird, ist die Fingerprobe nur dann durchzuführen, wenn der Empfänger über einen besonderen Netztransformator am Wechselstromnetz betrieben wird. Anderenfalls besteht Lebensgefahr sowohl für den Reparierenden als auch für den untersuchten Empfänger...




Sag ich doch, Radios sind lebendig! Laughing

Dann im Kapitel "Beobachtungen des Gerätebenutzers" auf Seite 52ff:


Zitat:

...Beobachtungen des Gerätebenutzers
längst nicht alle Fehler treten während des Betriebs eines Empfängers ein oder lassen ihn zwische Abstellen und Wiederanstellen stumm werden. Ferner gibt es zwischen ordnungsmüßigem Arbeiten und völligem Versagen unendlich viele Abstufungen von Mängeln, über die der Benutzer Auskunft zu geben vermag. Wenn er geschickt gefragt wird, lassen sich oft schon weitgehende Schl?sse auf die zu vermutende Fehlerstelle ziehen, die später die Fehlersuche sehr vereinfachen. Es ist Sache eines richtig geführten KundenGespräches, den Tatsachen so nahe zu kommen, wie irgend möglich. Dabei muß in der Regel bedacht werden, daß der Benutzer Laie ist und daß dessen Vermutungen über einen Fehler fast nie zutreffen. Seine Sorge, die Reparaturrechnung könnte hoch werden, diktiert ihm oft unbewußt Unsinn.
Ferner ist zu bedenken, daß viele Kunden - bewußt oder unbewußt- nicht die Wahrheit sagen. Sie behaupten beispielsweise, lediglich die Skalenbeleuchtung brenne nicht oder der Seilzug sei gerissen, während es sich in Wirklichkeit um einen ganz anders gearteten Fehler handelt, der jegliches Arbeiten des Gerätes mit Sicherheit ausschließt. Oft wird ein längst vorhandener Schönheitsfehler in den Vordergrund geschoben und der wahre Fehler verschwiegen. Es liegt am Geschick desjenigen, der ein Gerät zur Reparatur annimmt, der Wahrheit möglichst nahe zu kommen und den von Sachkenntnis freien Ausführungen des Kunden den Kern der Wahrheit zu entnehmen. Dazu bietet die sofortige Röhrenpr?fung im Beisein des Kunden die allerbeste Gelegenheit.
Die Handgriffe am Röhrenprüfgerät und die davon in Anspruch genommene Aufmerksamkeit des Kunden lenken vom eigentlichen Thema ab und gestatten die Erforschung der Wahrheit. Auf diese Weise erfährt man, ob ein Fehler plötzlich oder allm?hlich eingetreten ist, ob dem Versager fehlerhafte Erscheinungen vorausgegangen sind wie etwa sprunghafte Verschiebungen eines Senders auf der Skala, ob der Tonabnehmer noch arbeitet oder ob die Leistung im Laufe von Monaten oder Jahren nachgelassen hat. Man wird auch gewahr, ob etwas im Gerät geschmort hat, bevor es den Dienst einstellte, oder ob jemand bei AllstromGeräten mit dem Erdstecker das Chassis berührt hat.
Auf dieses einfache Mittel der Kundenbefragung sollte man auf keinen Fall verzichten. Selbst dann, wenn dadurch nur ein paar vorbereitende Proben erspart werden wie beispielsweise die Feststellung, daß der Empfänger vom Tonabnehmer an, noch funktioniert, lohnt sich die kurze Unterhaltung, die zudem noch den Vorteil hat, einem bisher unbekannten Kunden das auf jeden Fall notwendige Vertrauen zum Reparierenden zu geben. Jeder Rundfunkmechnaniker sollte gut aufpassen, wie ein tüchtiger Arzt sich zuerst einmal an die Beschwerden seines Patienten heranfragt. Und wie jeder Arzt kennt auch der Praktiker der Rundfunkreparatur eingebildete Kranke, die aus Unkenntnis äußere Störungen dem Empfänger zuschreiben oder Mängel zu hören vermeinen, wo in Wirklichkeit eine normale Durchschnittsleistung vorliegt. Wie der Arzt in solchen Fällen oft ein völlig harmloses Mittel verschreibt, sollte der Rundfunkmechaniker, der zugleich Menschenkenner ist, nicht mit einem Kondensator im Ausgang sparen, um das Klangbild des beanstandeten Gerätes zu beeinflussen...



Da mußte ich dann doch trefflich lachen. O Zeiten, o Sitten.... Damals waren sie besser !


Gruß
Holger




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