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Autor: MGW51 Verfasst am: 13.08.2008, 10:10 Betreff: Der Schellack-Standard
Gemeinhin verknüpft man diesen ja mit einer 25cm-Scheibe die mit 78Upm rotierend von einer Stahlnadel oder ab den Mittdrei?igern des 20. Jahrhunderts bereits mit einem Saphir abgetatstet wird. Die Stahlnadel kann in einen mechanischen Wandler oder auch in einen elektromagnetischen Wandler eingesetzt werden wobei es für letzteren auch ganz spezielle, sogenannte Pickup-Nadeln gibt. Die sind wesentlich kürzer und dünner als die Normalnadeln welche auch beim Grammophon verwendet werden.
Diese Pickup-Nadeln wurden entwickelt für eine spezielle Bauart der elektromagnetischen Tonabnehmer, welche einen "automatischen Nadelgeber" enthalten. Diese Konstruktion konnte sich nicht durchsetzen; der Saphir war letztlich preiswerter und von weitaus höherer Lebensdauer. Die Pickup-Nadel hat nicht zwangsläufig etwas mit dem Pick-Up Tonabnehmer zu tun!

Die 25cm dürfen nicht allzu w?rtlich genommen werden - es gibt da teils erhebliche Abweichungen. Besser sprechen wir von 10". Doch ehe das ein gängiges Format wurde vergingen rund anderthalb Jahrzehnte in denen weitaus kleinere Platten anzutreffen sind . Berliner begann 1888 mit Scheiben von 12 cm Durchmesser, die mit 150 Upm rotierten, um dann bald auf die Größe von 175 mm, dem uns geläufigen Singleformat, aufzuristen. Diesen Vorläufern ist gemeinsam, daß sie ausschließlich (?) nur einseitig moduliert sind. Als Kuriosum mutet an, daß die glatten Rückseiten oft (?) mit dem Textblatt des vorderseitigen Liedes beklebt wurden. Die Geschwindigkeit, also die Drehzahl war auch alles andere als einheitlich. Erste Geräte wurden mittels einfachem Kurbelgetriebe - ähnlich wie frühe Filmkameras, daher der Begriff des Drehens - betätigt und die Geschicklichkeit der Bedienpersonen ist bekanntermaßen unterschiedlich ausgeprägt. Bis der 1889 erfundene Federmotor den reinen Handbetrieb endgültig verdrängte gingen noch ein paar Jahre ins Land. Einer der ersten Produzenten von Plattenspielern nach Berliners Lizenz war 1889/90 das in Th?ringen ansässige Unternehmen K?mmer&Reinhardt, damals bekannt als Puppenfabrikanten.
Die Orientierung als Spielzeug änderte sich erst grundlegend, als Aufnahmeverfahren, Materialien und Technik der Vervielfältigung soweit verbessert werden konnten, daß der reproduzierte Klang von dem einer vergewaltigten Gie?kanne zu einem leicht wiedererkennbaren, angenehm anzuhörenden Hörerlebnis wurde. Bereits 1889 begann Berliner mit Schellack zu laborieren um die Zelluloidscheiben zu ersetzen. Damit wurde der Durchbruch vorbereitet und es ging noch ein Jahrzehnt ins Land, ehe 1899 in London die Serienproduktion des Grammophons eine neue Epoche einleitete. Zwei Jahre später wurde die erste 10" Schellackplatte geschaffen und damit der Grundstein für einen ersten Standard gelegt. Doch auch in diesem Zeitabschnitt, den ich mal auf die Jahre 1910 - 1927 beschränken möchte, gab es noch keine einheitliche Abspielgeschwindigkeit. Wir finden Platten mit 80 Upm ebenso wie solche die mit weniger als 78 Upm aufgenommen wurden. Die Einführung von Plattenetiketten erfolgte 1902 und bereits 1904 brachte Odeon Schallplatten mit zweiseitiger Modulation auf den Markt und ebenso gab es bald auch erste Langspielplatten die im Format von 12" eine maximale Spielzeit von 5,5 Minuten erlaubten. Das war in recht kurzer Zeit eine enorme Steigerung, bezogen auf die 1,5 Minuten des Jahres 1889. Es dauerte dann etwa 25 Jahre, bis der elektrische Plattenspieler das rein mechanische Grammophon verdrängte. Dem vorausgegangen war die Erfindung der Elektronenröhre, durch die es erstmals möglich wurde kleine und kleinste Signale "sauber" zu verst?rken.


Im Jahre 1931 wurde erstmals eine Schallplatte mit nur 33,3 Upm vorgestellt. 1932 trat die Telefunkenplatte GmbH in den Markt ein und 1936 gab es die erste Musikbox von Wurlitzer. Emil Berliner erlebte das alles leider nicht mehr. Er verstarb bereits 1929 im Alter von 78 Jahren.
Ein Jahr zuvor leutete Fritz Pfleumer mit seinem "Lautschrifttr?ger" eine Revolution ein, die bis in die frühen 90-er Jahre bei der Schallspeicherung dominieren sollte. Letztlich aber konstatieren wir heute einen kontinuierlichen Anstieg der Schallplattenproduktion und auch die Geräteproduktion wächst weiter. Das Magnetband ist zwar noch lange nicht tot - als Massenmedium jedoch hat sich die Erfindung des Hannoveraner Emil Berliner in beeindruckender Weise bis in unsere Tage durchgesetzt. Gegen alle Widerstände einer zunehmend pervertierenden "Musikindustrie" und das allein ist schon Grund zur Freude.
120 Jahre Schallplatte - was sind dagegen CD oder MD? Wie lange wird man deren grandiose Datenträger wiedergeben können? Wir wissen daß es nicht ungewöhnlich ist, wenn eine CD-ROM nach 20 oder auch viel weniger Jahren beginnt zu zerfallen. Angeblich sollten in speziellen Klimakammern gelagerte CD?s etwa 80 Jahre stabil bleiben. Leider tun sie das nicht. Vielen Dank Fortschritt ! Mr. Green



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