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Autor: TipFox Verfasst am: 03.10.2022, 16:51 Betreff: Ringoszillator (Laufzeitoszillator)
Laufzeit- oder Ringoszillatoren

Ringoszillatoren beruhen im Allgemeinen auf der Hintereinanderschaltung einer ungeraden
Anzahl ( > 1 ) von invertierenden Verstärker- oder Schaltstufen, wobei der Ausgang der Hintereinanderschaltung auf den
Eingang zurück geführt wird. Das funktioniert auch mit Relais - aber hier soll es um Transistorschaltungen gehen.

Publikationen dazu sind oft sehr vereinfachend und ohne wirkliche Erklärung !
In der Praxis sieht man solche Oszillatoren selten - sie werden aber wohl in IC's häufig
verwendet, weil sie dort sehr einfach und sehr kontrolliert implementiert werden können.

Diskret aufgebaut sind sie in der Regel absolut unbrauchbar, meist extrem instabil.
Will man das verbessern, landet man sehr schnell bei einem Aufwand, der sich nicht auszahlt und man
weicht auf bessere (und dann auch einfachere) Schaltungen aus...

Bei sehr niedrigen Frequenzen kann trotzdem ein Ringoszillator auch diskret Sinn machen - z.B. wenn
man ein Lauflicht braucht oder z.B. 3-Phasen ...hier muss man aber viel experimentieren, da die Publikationen ... s.o. Wink

Die Ergebnisse mit Simulationen wie LTSpice bei hohen Frequenzen sind grundsätzlich fragwürdig. Selbst wenn man alle Bauteile ausmisst und die Werte in die Simu übernimmt, entstehen meist "Hausnummern", da der Aufbau und die Umgebung EXTREM auf die Funktion wirken.
Ein in der Simu auf 3,5MHz abgeglichener Oszillator lieferte im realen Aufbau auf Streifenraster nur 800KHz und das extrem
instabil. "Instabil" meint hier nicht etwa ein paar KHz - es sind gleich mehrere hundert KHz ... d.h. es ist unmöglich die
Frequenz z.B. mit einem RX zu kontrollieren - man bekommt die Frequenz(en) "nicht zu fassen" Wink





Hier fällt mir sofort auf: Der Simulationsbefehl unterschlägt den Einschaltmoment. Das ist nicht hilfreich, da viele
Oszillatoren in LTSpice nicht anschwingen, wenn der Einschaltmoment nicht mit simuliert wird. Hier funktioniert es aber,
wenn auch etwas verzögert.
Die Frequenz liegt hier lt. Simu bei ca. 9 MHz -> absolut unrealistisch ! Zudem kann die Ausgangsspannung nie größer als
ca. 0,7V werden, da sie von der BE-Diode Q1 "geclampt" wird.
In einem ersten Schritt kann man in die Basis von Q1 z.B. einen R von 100k einfügen. Die Ausgangsspannung steigt dann
auf etwa 8Vss und die Frequenz sinkt auf ca. 3 MHz (in der SIMU !!!). Wenn man das dann real aufbaut, erlebt man eine herbe
Enttäuschung: die Frequenz liegt 1. deutlich niedriger (ca. 1MHz) und ist 2. so instabil, dass keine sinnvolle Anwendung denkbar ist
(ausser einem breitbandigen Störsignal vielleicht Wink )
Die Ursache dafür ist recht einfach: die Schaltung "verlässt" sich hier auf die 1. winzigen und 2. variablen (Spannung/Temperatur/Umgebung) BE-Kapazitäten !!!
Ein "Ringoszillator" ist eben real ein "Laufzeitoszillator". Die "Laufzeit" einer Transistorstufe ohne zusätzlichen (größeren) BE-Kondensator ist
aber unvorhersehbar und hängt auch sehr vom Aufbau ab. DAS IST ABSOLUT UNBRAUCHBAR ...

Wenn man also stabilere Frequenzen will, muss man stabilere Verhältnisse schaffen. Hier im Beipiel landet man dann z.B. bei folgender
(noch bei Weitem nicht optimierten) Lösung:





Die Frequenz liegt hier bei ca. 400KHz und ist hinreichend stabil - aber der Aufwand und die immer
noch fragwürdige Performance disqualifiziert die Lösung für die meisten Anwendungen.

Für die schon erwähnten Lauflicht- oder Mehrphasen-Schaltungen muss man "nur" die R/BE-Zeitglieder
entsprechend vergrößern ...


Fazit: diskrete Ringoszillatoren für HF ? EHER NICHT !



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