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Hallo Bernd und Mitleser,
der Grund, warum Zusatzkapazitäten erforderlich wurden ist in den Fertigungstoleranzen zu sehen.
Ein Tonmotor soll oder muß ein kultiviertes Laufverhalten aufweisen und das wird - von mechanischen Mängeln mal abgesehen - durch ein möglichst geometrisch optimales Drehfeld erreicht.
Zu Zeiten des BG190 und auch noch des BG19-1 sind ausschließlich Motore aus Saja-Einzelfertigung und späterhin aus Harthaer Serienproduktion eingesetzt worden. Die nötige Hilfsphase besorgte ein ölgefüllter Papierkondensator aus "Vorkriegsbeständen" - Fabrikat Siemens & Halske - mit einer Nennkapazität von exakt 0,9 µF ; die sogenannte Zigarre.
Mehrere tausend Einheiten wurden damit montiert und in keinem mir bekannten Falle ist eine Korrekturkapazität zugeschaltet worden.
Das drängt die Annahme auf, daß die Toleranzen dieser Bauelemente ungewöhnlich klein gewesen sein müssen - in der Tat handelt es sich dabei ja um Bauelemente die augenscheinlich für die Wehrmacht produziert worden sind und für die spätere Verwendung einfach nur überlackiert wurden wobei auch kein neuer Aufdruck hinzukam.
Später, als die Fertigung des Typ 2 bereits lief und der Harthaer Tonmotor längst seiner mechanischen Bremseinrichtung verlustigt worden ist, waren irgendwann diese Lagerbestände aufgebraucht und ab da ist der prismatische 1,0 µF aus Gera, später dann aus Freiberger Fertigung verbaut worden. Dieser Kondensator ist im Gegensatz zu dem klassischen Papierwickel oft, aber nicht immer(!), ein trockener MP-Typ, hermetisch verlötet und in der Freiberger Ausführung mit Schraubanschlüssen versehen. Die Spannungsfestigkeit ist mit 1 kV für den Dauerbetrieb ausgewiesen - einer der Gründe für langes, aber keinesfalls unendliches Leben. Durch die Selbstheilung kommt es - wenigstens theoretisch - zu einem schleichenden Kapazitätsverlust. Praktisch sollte es allerdings nicht zu nenneswerten Durchschlägen kommen. Allerdings beträgt die Fertigungstoleranz dieser Klötzer +/- 20 % - reicht also von 0,8 - 1,2 µF was allein für sich genommen nicht unbedingt dramatisch wäre.
Schaut man sich die Motore genauer an, so wird man nicht zwei davon finden, deren Wickeldaten identisch sind. In Thalheim ist hauptsächlich der Tonmotor aus Leisnig eingebaut worden. Die BG19-2 aus dem Werk Thalheim sind nach meiner Erinnerung nahezu durchgängig mit zwei Zusatzkapazitäten bestückt wogegen das bei den Leipziger Geräten eher die Ausnahme ist. Auch das zuweilen in Leipziger BG19-2 montierte Abschirmblech am Motor ist so eine Ausnahme. Es kann davon ausgegangen werden, daß dasselbe wie auch die Zusatzkondensatoren nachträglich bei der Endkontrolle bestückt worden sind. Das weiß ich nicht sicher, doch es gibt keine andere Erklärung dafür denn alle diese Zusatzelemente sind ebenso mit dem Originallack gesichert. Auch diese kleinen Kapazitäten sind erkennbar aus rein mechanischen Gründen in so uriger Ausführung und einer Nennspannung von 3 kV gehalten. Die waren halt kein extra Kostenfaktor weswegen eine elegantere Lösung nicht in Erwägung gezogen wurde.
Trotz weitgehender baulicher Übereinstimmung finden sich in Dreimotorern dieser Ära aus unterschiedlicher Fertigung Leisniger Motore immer als Wickler aber m. W. nie als Tonmotor. Das kann man einfach so stehenlassen, als bloßes Qualitätskriterium will ich es aber nicht verstanden wissen. Eher war das eine ökonomische Entscheidung.
Tatsache ist, daß ein "schlechter" oder unpassender Hilfskondensator recht einfach am Laufgeräusch auszumachen ist. Es ist eine Eigenheit der alten ölgefüllten Papierwickel, daß im alterungsbedingten Fehlerfalle deren ohmscher Widerstand im Verlaufe der Betriebszeit +/- rasch ansteigt und im gleichen Verhältnis dazu das Motorgeräusch. Als Nebeneffekt tritt eine erhöhte Erwärmung auf. Das hörbare Laufgeräusch resultiert natürlich auf den mechanischen Schwingungen denn das Magnetfeld als solches ist ja völlig geräuschlos. Da sich die Schwingungen vom Motor direkt auf das Chassis übertragen, erzeugen sie im Falle einer Aufnahme auch eine ungewollte Frequenzmodulation - die Aufnahme kann man dann vergessen, vorausgesetzt der Hörer hat entsprechend hohe Qualitätsansprüche.
Diese Aussage mag etwas verwundern wenn man ob der nüchternen Zahlen des Frequenzganges einen Vergleich mit modernem Hi-fi Equipment zieht. Ich kann nur immer darauf verweisen, daß in den Jahren 1949 - 55 und damit der Entwicklungs- und Fertigungszeit des BG19 das Hörerlebnis vom ungestörten, amplitudenmodulierten Mittelwellenrundfunk dominiert wurde. Da konnte das BG 19 locker mithalten und das gar noch mit dem legendären C-Band. Das Hörempfinden wird eben nicht allein durch abstrakte Grenzfrequenzen sondern vielmehr durch eine große Dynamik bei einem ausgewogenen Klangbild mittlerer Lautstärke geprägt.
Zu den von Dir angesprochenen Widerständen kann ich nur sagen, daß mir persönlich kein Gerät je unter die Finger kam, bei dem ein ohmscher Widerstand in Reihe zu einer Wicklung geschaltet ist - diese Aussage bezieht sich einzig auf BG19 aller Baustufen. Bei den BG20 Serien besteht der Phasenschieber aus drei Einzelkapazitäten im gemeinsamen Gehäuse, so daß damit eine grundsätzliche Anpassung der Laufkultur möglich ist.
Und nun kommen wir wieder auf die Leisniger Motore zu sprechen.
Bekanntlich hatte der Schwermaschinenbau Magdeburg seine "Tonmeister" 1 und 2 ausschließlich mit dem Leisniger Pendant bestückt und nur in diesen Geräten ist ein Anpaßwiderstand in Reihe zum Hilfskondensator verbaut. Ich gehe davon aus, daß diese Wahl der ohmschen Korrektur konstruktiv und ökonomisch einfacher als die Montage zusätzlicher Kapazitäten ist. Nach meiner Erinnerung ist dieser Vorwiderstand grundsätzlich bei allen Geräten MT 01 und 02 als Festwiderstand von 1 k eingebaut.
Der langsam drehende Leisniger Außenläufermotor des SKL 9 / MAG 60 benötigt dagegen keinen zusätzlichen Korrekturwiderstand. Dieser Motor ist mit nominell 650 Upm angegeben - meines Wissens der einzige Außenläufer in einem DDR-Heimbandgerät welches freilich ein wirklich sonderbares Teil ist! Die 9 in der Typbezeichnung bezieht sich auf die dort eingesetzte Miniaturröhrenserie, nicht auf den Bandvorschub der üblicherweise auch 19,05 cm/s beträgt.
Und schlußendlich findet sich in den zigtausenden BG20 ab Bst. 3 ebenso ein Anpaßwiderstand von 600 Ohm ausnahmslos zur Feinregulierung der 9,53 oder anders ausgedrückt, der 1400 Upm. Der Abgleich des korrekten Vortriebes mit 19,05 cm/s bei 2800 Upm erfolgt dort mittels verschieden großer Trieblinge. Es werden also auch hier die unvermeidbaren Fertigungstoleranzen erst auf mechanischem Wege korrigiert um dann nach der Wicklungsumschaltung mittels der Abgreifschelle des ohmschen Widerstandes die kleinere Drehzahl soweit herunterzuregeln, daß sie den geforderten 9,53 cm/s entspricht.
Bei dem Grünhainer und ebenso dem Leisniger Motor der MTG 20 ff Geräte ist stets nur ein einziger Hilfskondensator verbaut und das ist auch irgendwie einleuchtend denn einerseits haben diese Motore keine Wicklungsumschaltung und andererseits sind sie entwicklungsmäßig jünger als die 130/30 der BG19-Ära. Ihre einfachere Konstruktion ermöglicht nach meiner Überzeugung eine geringere Fertigungstoleranz. tatsächlich war es so, daß wechselweise der Motor aus Grünhain oder Leisnig bezogen wurde - je nachdem, bei welcher Firma gerade mal ein Lieferengpaß war und dabei sind keinerlei Anpassungen erforderlich. Das ist keine Spekulation sondern wurde mir vor vielen Jahren vom damaligen Kundendienstleiter im MGW so bestätigt.
Wenn ich stets predige, bei einem erforderlichen Wechsel des Hilfskondensators diesen möglichst exakt auf den eingebauten Motor abzugleichen so ist das zuallererst vor dem Hintergrund zu sehen, daß immer wieder die irrsinnige Empfehlung gegeben wird, der Phasenschieber kann ruhig beliebig größer gewählt werden - so nach dem Motto "Viel hilft viel!". Das ist natürlich Quatsch und schlimmstenfalls kontraproduktiv. In Anbetracht der Forderung nach einem optimalen Betrieb ist diese Maßnahme bei Motorwechsel oder eben beim Ersatz eines unbrauchbar gewordenen C ein recht geringer Aufwand und keineswegs meine Erfindung sondern wurde so ab Werk gehandhabt und ist u. a. auch in einer Kundendienstanweisung für die KB100 Geräte aktenkundig.
Auch wenn die rel. einfachen Heimbandgeräte nicht mit professionellen Ansprüchen gemessen werden dürfen, soll doch das wenige getan werden um sie möglichst dauerhaft gemäß ihrer Spezifikation betreiben zu können, um das Optimum aus ihnen herauszuholen. Das beginnt nun einmal dort wo der Anfang jeder Bewegung ist: beim Motor. |
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