Treffpunkt der Interessengemeinschaft Übersicht -> MAGNETTON - TECHNIK & HISTORIE
Autor: MGW51 Verfasst am: 16.12.2014, 19:39 Betreff: Unbekannter Zweimotorer aufgetaucht
Zuerst, um die Neugier der Interessenten zu befrieden, ein Foto:


Was man erkennen kann ist, daß hier ein ausgesprochen ?sthetisches Gerät geschaffen worden ist - von der etwas abstoßend wirkenden Rosette um die Doppelwaage EM83 und den unzweckmüßigen Drehknöpfen abgesehen - welches jedem Industriedesigner Hochachtung abverlangen sollte.

Was nicht zu erkennen ist, steht dem in nichts nach!

Der Apparat verfügt über zwei Motore wobei als Capstanmotor der (vermutl.) Leisniger Außenläufer AFWKM 85-35, bekannt aus dem Magdeburger SKL9 bzw. MAG60, zum Einsatz kommt. Der 2. Motor dient einzig dem Antrieb der aus den BG20-Serien bekannten elektromagnetischen Wickelkupplungen, welche wie ebenda über einen gemeinsamen Flachriemen bewegt werden. Allerdings hier von einem wesentlich kleineren Aggregat: einem leise laufenden BG21 / 23 Motor.

Die vollkommene antriebsmüßige Entkopplung von Aufwickelung und Tonrolle ist im staatlichen DDR-Heimtonbandgerätebau nie realisiert worden - zu aufwendig, zu teuer. Diese Konzeption ist aber eine der Voraussetzungen dafür, daß die von den Rutschkupplungen herrührenden und in der Praxis nicht vermeidbaren Lastwechsel auf die Tonrolle und damit den Bandvortrieb durchschlagen, somit eine Frequenzmodulation erzeugen die jegliche anspruchsvolle Musikwiedergabe - also jenseits der sogenannten U-Musik - zunichte macht. In diesem Zusammenhang spricht man auch von der sogenannten "Klavierfestigkeit" des AufzeichnungsGerätes - was nun eben nicht so verstanden werden soll, daß man auf dasselbe mal ein Klavier oder Fl?gel draufstellen kann Mr. Green

Da der besagte Capstanmotor nur einstufig gewickelt ist, kann es auch nur eine einzige Vorschubgeschwindigkeit geben und die ist in dem Falle mit 19,05 cm/s den hohen Ansprüchen angemessen. Den Zahlenfanatikern sei gesagt, daß es sich um ein klassisches ZweikopfGerät handelt, also Löschkopf + Kombikopf wobei beide Magnetköpfe aus dem Ersatzteilsortiment des BG20/5 stammen, also typische Halbspur-Ringkernköpfe SchÖllerscher Bauart sind. Eine obere Grenzfrequenz um die 15 kHz ist somit locker erreichbar.

Nun kann man sich fragen, warum der Konstrukteur zu dieser Zeit - um 1960 - sich solcher veralteten Köpfe bedient hat? Es gab dazumal schon ausreichend moderne KleinKöpfe, die mit geringeren Spaltweiten eine höhere obere Grenzfrequenz bei gleichem Bandvorschub erlauben. Das aber ist nur die eine Seite der Medaille!
Die andere Seite bedeutet einen erheblichen Mehraufwand durch einen separaten Sprechkopf, problematischere Bandführungspr?zision, größeren Kopfverschlei? u.a.m. es ist ja nicht damit getan den Spalt möglichst eng zu machen - für dei Aufnahme muß er im Sinne einer bestmöglichen Dynamik deutlich breiter sein als der Spalt des H?rkopfes. Da ist der Freizeitkonstrukteur insgesamt mit einem Kombikopf allemal besser dran.
Zu bedenken ist aus heutiger Sicht auch, daß um 1960 herum längst nicht dieses hochgez?chtete Bandmaterial verfügbar war, was späterhin den Siegeszug der Viertelspur im Heimsektor ermöglicht hat.

In den nächsten Tagen gibt es noch ein paar Infos und weitere Fotos lade ich auch noch hoch.
Zuletzt bearbeitet von MGW51 am 18.02.2018, 00:02, insgesamt einmal bearbeitet


Autor: schmerztablette Verfasst am: 30.01.2015, 18:49 Betreff:
Hallo Michael,

interessant was Du da wieder ausgegraben hast. In erster Instanz denke ich da an ein plattgeklopptes BG20/6-26,
weil die Ausfr?sungen der Bel?ftung ziemlich ähnlich sind. Die Tasten unten würde ich der ungeliebten Kiste BG26 zuordnen und den Rest hast Du ja schon beschrieben. Von Grund auf sieht das aber sehr solide aus und ich schon gern mehr wissen wollen.

Liebe Grüsse Andre


Autor: MGW51 Verfasst am: 30.01.2015, 19:00 Betreff:
Warte noch ein Weilchen, bald kommen mehr Infos. ich habe einfach zu viele Baustellen an denen es irgendwo hakt. Momentan quÖlt mich das Dimafon - dort muß ich mich nun bald für oder gegen die Eisensäge entscheiden. Das obige Gerät hat mein Freund J?rg in der Mangel um es wiederzubeleben. Mal sehen wie es dann damit weitergeht. Auf jeden Fall ist es, sollte der Wunsch bestehen, durchaus zu haben!


Autor: schmerztablette Verfasst am: 31.01.2015, 03:07 Betreff:
Hallo Michael,

gar kein Problem. Gerne nehm ich eine Warteschleife in Kauf. Solche Exoten wecken aber immer irgendwas in mir.

Liebe Grüsse Andre


Autor: KB100 Verfasst am: 29.05.2015, 17:50 Betreff:
Hallo Michael,

mittlerweile wohnt das Gerät ja bei mir. Nachdem J?rg da schon einiges dran gemacht hat ist mindestens eine Wiedergabe möglich. Ob es auch aufnimmt habe ich noch Zweifel ohne es ausprobiert zu haben. Ich schließe es einfach daraus, dass sich unter der Abdeckplatte in der Nähe der linken Aussparung (oberhalb des linken Potentiometers, das als Lautstärkeregler dient) eine kleine Glühlampe befindet, die mit dem Löschkopf in Reihe geschaltet ist, die also bei Aufnahme leuchten soll und genau das eben nicht tut. Demzufolge fließt kein L?schstrom. Die Aussparung beinhaltet ein großes rotes Ausrufezeichen, wohl um die Aufnahmefunktion bzw. -bereitschaft zu signalisieren. Das Rechte Potentiometer dient als Klangregler und Netzschalter. Darüber befindet sich ein Schiebeschalter, mit dem nur die Motoren ein- und ausgeschaltet werden können. Man hört bei diesem Gerät sehr deutliche Laufgeräusche, was nicht nur dem ehrwürdigen Alter, sondern der Tatsache zuzuschreiben ist, dass sich nirgends ger?uschd?mmende Elemente (Gummi o.a.) befinden.
Die beiden Tastengruppen sind rein elektrisch und betätigen keine direkte mechanische Funktion wie im "ungeliebten" BG26 (Das ist wohl eine stark subjektive Einschätzung). Diese werden gemäß dem Prinzip des BG20 gesteuert, wobei die Mechanik stark vereinfacht ist. Die linke Tastengruppe hat mit Einstellung A/W zu tun, mit der rechten steuert man die mechanischen Funktionen Stop, schneller R?ck-/Vorlauf, normaler Vorlauf.
Die RöhrenbeStückung ist EZ80, EF86, ECC83, EL84 und EM83. Der verwendete Treibriemen ist entweder ein schmaler BG20- oder ein KB100-Riemen.
Bisher habe ich lediglich einen ersten Funktionstest gemacht, den Aufbau des Gerätes untersucht und die rotierenden Teile geschmiert.
Was sonst noch zu sagen wäre ist, dass für die Bandgeschwindigkeit 19,05 cm/s in Verbindung mit einer maximalen Spulengröße von 15 cm zumindestens für die Zeit, in der das Gerät vermutlich entstanden ist, nur eine sehr kurze und somit unkomfortable Spielzeit erreichen ließ.

Gruß Klaus


Autor: KB100 Verfasst am: 07.12.2015, 18:55 Betreff:
Hallo in die Runde,

der J?rg hat mir mitgeteilt, dass dieses Tonbandgerät einen weiteren Liebhaber gefunden hätte, wenn es jetzt nicht schon bei mir stehen würde.
Wenn dieser Liebhaber hier im Forum Mitglied ist und dies liest, wäre es nett, wenn er mich kontaktieren würde.



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