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Lieber Andre,
da kann man natürlich problemlos etwas dafür bzw. dagegen tun. Dank der teilweise dem Frankenland entstammenden technischen Entwicklung (Karlheinz Brandenburg, damals Erlangen, Detlef Krah?, Wuppertal und Ernst F. Schr?der, Hannover aus der 'analogen Datenreduktion' von TelcomC4 kommend; übrigens mit Dissertation!) ist das selbst in Strauss-Dimensionen einigermaßen ressourcenschonend abzuwickeln. WAVs hätte ich aber auch.
Aber, ich deutete es oben an: Strauss ist namentlich in seinen Opern selbst für mich, der ich ein Leben lang mit der Musik und dem daraus erkennbaren akustischen und psychoakustischen Perfektionsbed?rfnis des kleinen Dicken aus Eisenach (*1685) und Leipzig (+1750) verbracht habe, schwer erträglich. Strauss 'gl?nzt' als Komponist durch musikalische Willk?r par excellence, während Bach dem konsequente Bestreben zu folgen versucht, jede akustische Willk?r aus seiner Arbeit zu verdrängen. Das gelingt unterschiedlich perfekt, meist aber zieht man angesichts der kaum glaublichen musikalisch-akustischen Perfektion den Kopf ein.
Strauss hat für mich, die Straussianer sind mir hoffentlich nicht böse, denn ihnen will ich ihre Freude am 'Werk des Meisters' allemal nicht nehmen, viel vom "Dideldumdei" aus Lortzings "Zar und Zimmermann". In der Kammermusik verursacht das einem etwas weniger, in den Opern aber doch recht heftiges Ohrendrücken. wäre da nicht die Klangmalerei in der Instrumentation (Strauss bearbeitete ja die berühmte, romantische Instrumentationslehre von H. Berlioz neu), die mich musikgeschichtlich und instrumentenbaukundlich interessiert, ich hätte mir sicher KEINE einzige der Strauss-Opern im Opernhaus angetan. Anspruchsvolle Libretti hin od'r her.
Technikgeschichtlich fordert die Willk?rlichkeit im Tun Straussens natürlich gerade die monofone Aufnahmetechnik zum Duell, bei dem man sich als schiedsrichternder Hörer allerdings ernsthaft nach Gewinner und Verlierer fragt, wenn man die Partitur der "Salome" anschaut. Man hört die Probleme der früheren medialen Speicherung, hört, 'wie weit' 'die Technik' am Ende der ersten Hochwertigkeitsepoche (Hf-Vormagnetisierung 1940/1941) 'inzwischen' ist. Bach übrigens Gerät von der entgegengesetzten Seite ins selbe Dilemma (???) und stellt aber einem neuzeitlichen Musiker (und Hörer) allein durch die musikalisch-technische (auch notationstechnische) Entwicklung von 250 Jahren zusätzlich und unbeabsichtigt allerhand philologische Hürden in den Weg, die ihrerseits zu Problemen bei der medialen Vermittlung seiner Werke führen.
Hierzuforen sehen wir den ganzen Kram prim?r technikgeschichtlich, dürfen ihn (rein) technikgeschichtlich sehen. Man nahm auf aufgebohrte Wehrmachtstonschreiber auf (vgl. dazu auch Erich Thienhaus und Helmut Walcha in St. Jacobi, Lübeck 1947; man google z. B. nach "Otto Schmidbauer"), weil AEG-Telefunken noch nicht wieder in die G?nge gekommen war, der Krieg in den Funkh?usern außer Fachkompetenz eher wenig betriebsfähiges übrig gelassen hatte. Brause ('der Vollmer im Osten') machte zwar etwas in Radebeul (Foto auf der Lieberwirth-Seite, unser Foren-Gerald besitzt ein Brause-Magnetofon), neues Band gab es aber auch noch nicht. Dresden lag noch weit länger in jämmerlichsten Tr?mmern als die ehemalige Hansestadt Lübeck, in der Walcha 1947 vor (wenigstens) zwei hingebastelten Neumann-CM3 (M1-Kapsel?) Thienhauses für einen Sack Kartoffeln, wie er mir selbst erzählte, Bach orgelte. Beim hören knirscht der Tr?mmersand auf den Z?hnen.
Diese ganze, auch soziale Gemengelage tritt einem in solchen Aufnahmen gegenüber. Wir hören in die Zeit und ihre Bed?rfnisse (!!) hinein. Die Zeugnisse sind aber durchaus hartes Brot für denjenigen, der weitab 'der Klassik' groß geworden ist. Auch wenn damals nach Ende der zweiten Hälfte der ber?chtigten 1000 Jahre die gesamte Bevölkerung (!!) nach 'Kultur' förmlich lechzte, gibt sich dieser Impetus relativ schnell wieder: "Wir sind wieder wer?!"
Du, Andre, willst das bitte nicht aus den Augen verlieren, wenn du h?rst, was für Probst und Steinke 1948 'Sache' war. Dass wir dann auch noch die neuzeitliche Aufarbeitung (auch da kommen durchaus Fragen auf), ja, auch die Arbeit von Karlheinz Brandenburg (MP3) akustisch diskutieren können, sie sind ja auch 'medial zugänglich', ist ein weiterer Glücksfall, dem ich allerdings auch noch die persönliche Bekanntschaft mit den 'realen' persönlichkeiten dahinter anf?gen darf. Auch dadurch wächst ja Verstehen und Verständnis.
Gerhard Steinke (Probst lernte ich nie kennen) ist Sachse vom Scheitel bis zur Sohle, sprühend vor Intelligenz und Leidenschaft (was er natürlich auch [einzusetzen] weiß...), ständig aktiv (gerade mit dem Verstand), spitzfindiger Querdenker, immer für einen intelligenten Witz gut und: schier unersch?pflicher Quell historischer Erinnerungen bis ins Anekdotische hinein. Reisekader war er auch, weshalb er meine Wessi-Pfade auch schon in den späten 1970ern kreuzte. Das blieb natürlich auch anderweitig nicht folgenlos, gehört aber zu unserer Geschichte und der des zugrundeliegenden Mediums 'Magnetband' bzw. der Elektroakustik.
schließlich könnte ich Gerhard Steinkes Aufzeichnung der sicher auf Probst zurückgehenden Mikrofonierung des gesamten Apparates der Strauss-Salome hier einstellen, wenn Interesse am "wie machte man das damals" besteht. für den Strauss-Kram muss man zwar eigentlich Einsicht in die Partitur der "Salome" nehmen, anhand derer sich Probst, Steinke und die schneidende Tontechnikerin 1948 ('vielleischt de Frau SchÖlzl', der "Tonmeistertraum" jener Tage i ungeheizten Funkhaus...) sicher durch die Oper robbten. Das erspare ich euch aber. Die Einfl?sse der Mikros Georg Neumanns unter Einschluss der M7-Kapsel allerdings ließen sich aber auch ohne Partitur von der Monofonie bis in die (zweikanalige) Stereofonie hinein diskutieren. Das Bandrauschen ist aus der Aufnahme übrigens praktisch komplett entfernt worden, ohne dass die allzu leicht hörbaren Kammfiltereffekte aufgetreten wären. Manchmal beklagt man diese Form technischer Zensur, weil man heute die technischen Grenzen von damals abschätzen möchte...
für die Diskussion des weiteren Procederes brauche ich als Foren-PN nur deine Mailadresse.
Hans-Joachim |
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