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Autor: TipFox Verfasst am: 07.10.2007, 15:20 Betreff: Transformatoren: zulässige Betriebstemperatur
Machmal wird die Frage gestellt, wie warm/heiss ein Trafo weren darf. Bei neueren Trafos sind ja Wicklungstemperaturen > 100°C durchaus erlaubt - aber wie sieht es bei alten Transformatoren aus?

Durch Zufall bin ich im "Thordarson - Sevicemens Guide" (1935) auf einen interessanten Abschnitt hierzu gestoßen - leider in englischer Sprache. Demnach sollte bei Trafos dieser Zeit eine Temperatur von 65°C nicht überschritten werden ...
Zuletzt bearbeitet von TipFox am 17.09.2022, 13:22, insgesamt einmal bearbeitet


Autor: MGW51 Verfasst am: 07.10.2007, 15:42 Betreff:
Ja, das ist unbedingt zu beachten. CuL wie wir ihn kennen war damals noch nicht Standard. Papier, Seide und Leinen dienten der Isolierung aller stärkeren Drähte und auch die einzelnen Trafobleche waren sehr oft einseitig mit Seidenpapier beklebt. es hat sich schon so manches getan in dem vergangenen Dreivierteljahrhundert...


Autor: Nils Verfasst am: 07.10.2007, 17:23 Betreff:
Hallo Ihr Beiden,

ein alter Radiotechniker gab mir vor Jahren mal als grobe Faustregel, daß man den Trafo immer noch ohne allzu unangenehmes Hitzegefühl dauerhaft mit der Hand berühren können sollte. (nach zuvor gezogenem Netzstecker!)

Das scheint mir mit den von Jürgen genannten 65° ganz gut hinzukommen.

Viele Grüße,
Nils


Autor: TipFox Verfasst am: 07.10.2007, 21:08 Betreff:
Hallo Nils,

das ist eine Faustregel, die eigentlich immer noch gilt - und nicht nur für Trafos. Es ist zwar richtig, dass heutige Bauteile wesentlich höhere Temperaturen verkraften - üblicherweise sollte das Schaltungsdesign so etwas aber verhindern. Schon allein aus energietechnischer Sicht Wink

Es gibt allerdings Ausnahmen - wenn ich da so an bestimmte Spannungsregler (Halbleiter) denke, da bekommst Du beim Anfassen Blasen an den Fingern und trotzdem ist das normal und zulässig. Wobei ich auch da immer meine, etwas mehr Kühlkörper und "gut iss's", aber das würde ja Geld kosten ....
Zuletzt bearbeitet von TipFox am 17.09.2022, 13:27, insgesamt einmal bearbeitet


Autor: Arno Verfasst am: 10.10.2007, 17:10 Betreff:
Hallo, ich besitze schon ein paar Jahre einen Stereo Röhrenverstärker vom Typ VS 56 von Klein u. Hummel, den ich regelmäßig benutze. Der Verstärker arbeitet immer noch einwandfrei, volle angegebene Leistung ( ca. 2x 12 Watt mit 2 x 2 ECL 82 bzw. 2 x 19 Watt Musikleistung ), kein Brummen oder sonstige Unarten und vor allem nach wie vor mit m.e. mit sehr gutem Klang! Allerdings haben mich am Anfang auch die rel. hohen Betriebstemperaturen des Netztrafos beunruhigt. Auffällig ist z.B. die durch die Hitze allmählich abgebröselte Lackierung an den Trafoblechen. aber es riecht andererseits nichts verdächtig und gemäß e-bay - Bildervergleich scheint dieses Abbröseln des lackes bei dem VS 56 normal zu sein. Eine erst kürzlich durchgeführte Temp.-Messung ergab um die 65° - 69° Betriebstemperatur. Sämtl. gemessenen Betriebsspannungen stimmen mit den Angaben im Schaltplan überein.
Kleine Ergänzung noch, auch die angegebene Stromaufnahme von 80mA bei Nennspannung über Regeltrenntrafo ( Netzspannung umschaltbar ) wird nicht überschritten.



Gruß
Arno



Dieser Beitrag wurde am 10.10.2007 - 20:02 von Arno aktualisiert


Autor: Nachtfalke Verfasst am: 10.10.2007, 17:42 Betreff:
Hallo

Ich hatte auch mal ein Gerät dessen Netztrafo sehr heiss geworden ist. Beim messen der Spannungen ergaben sich aber normale Werte. Es waren auch nirgends Kurzschlüsse oder zu niedrige Wiederstände festzustellen so hab ich das Gerät genauer untersucht und etwas intressantes festgestellt: Paralell zum Netztrafo war ein kleiner Kondensator der zwar keinen Kurzschluss hatte (Folienkondensator) aber nur noch die Hälfte seiner Sollkapazität. Ich hab ihn dann entfernt wodurch der Trafo noch heisser wurde und so festgestellt dass der Kondensator mit dem Trafo einen Schwingkreis für 50 Hz gebildet hat. So hat ein neuer Kondensator mit der richtigen Kapazität den Trafo wieder erkalten lassen. später hab ich dann festgestellt dass diese Bauform eine höhere Spitzenausgangsleistung bei kleinerem Trafo zulässt.


Autor: MGW51 Verfasst am: 23.01.2014, 15:53 Betreff:
Auch wenn diese Antwort vor Jahren unbemerkt an mir vorbeiging - es würde mich doch sehr interessieren, um was für ein Gerät es sich da handelt.

Vielleicht kann Walter nochmal etwas dazu schreiben?


Autor: TipFox Verfasst am: 26.07.2016, 12:15 Betreff:
Nachtfalke schrieb wie folgt:
.. Ich hab ihn dann entfernt wodurch der Trafo noch heisser wurde und so festgestellt dass der Kondensator mit dem Trafo einen Schwingkreis für 50 Hz gebildet hat. So hat ein neuer Kondensator mit der richtigen Kapazität den Trafo wieder erkalten lassen. später hab ich dann festgestellt dass diese Bauform eine höhere Spitzenausgangsleistung bei kleinerem Trafo zulässt.


Hallo Michael,

ich lehne mich hier mal ein wenig "aus dem Fenster":

So ein Gerät gibt es nicht...

Auf der Primärseite würde ein 50Hz-Parallelschwingkreis genau Garnichts erreichen, da das Netz eine recht kleine Eingangsimpedanz für den Schwingkreis darstellt.

Ich habe das mal mit LTSpice simuliert - und erwartungsgemäß ist die Wirkung gleich Null. Erst bei für das Netz völlig unrealistischen Quellimpedanzen > 1kOhm zeigt sich eine (leichte!) Wirkung.

Der Kondensator parallel zur Primärwicklung liegt normaler Weise auch nur bei ca. 2...22 nF. für eine Resonanz mit 50Hz müsste er deutlich Größer ausfallen, ab 1µF etwa ...

D.h. bei dem Kondensator geht es um Entstörung und Verhinderung von "selektivem Brumm" bei AM-Empfang.

Bleibt die Frage, was bei Walters Erlebnis die wirkliche Ursache war, seine letzte Aussage kommentiere ich lieber nicht - schön wär's ja Wink
Zuletzt bearbeitet von TipFox am 17.09.2022, 13:34, insgesamt 2-mal bearbeitet


Autor: MGW51 Verfasst am: 26.07.2016, 14:44 Betreff:
Lieber Jürgen,

das mit der "Spitzenausgangsleistung" ist keine Frage - die kann man immer so weit ausreizen bis der Draht an einer Stelle schmilzt, was im Regelfalle in der Anodenwicklung passiert.

Walter schrieb "parallel zum Trafo" wobei ich eher annehme, er meinte damit parallel zur Anodenwicklung denn ein "kleiner Foliekondensator" - wie Du schon schreibst - macht anderswo keinen Sinn. Parallel zum Primärwickel kann auch ein noch so lecker C den Strom durch das Eisen nicht hochtreiben - nur die Netz-Sicherung zum Ansprechen bringen.
Leider hat Walter, warum auch immer, nicht mehr auf Anfragen reagiert. Wir sind uns aber wohl darin einig, daß der ursprüngliche C nichts anderes als ein löchriges Sieb gewesen ist, also praktisch einen zusätzlichen Verbraucher darstellte. Walter hatte das Dingens sicherlich kalt gemessen - erst bei entsprechend hoher Wechselspannung fließt aber ein Strom durch den C.

Was mich irrittierte ist die Aussage, wonach der ausgelötete C den Stromfluss im Gerät ansteigen ließ - nüchtern betrachtet nicht allzu ungewöhnlich - mit etwas Geduld hätte sich die Situation von alleine einreguliert. Dazu wäre natürlich eine intermittierende Anschaltung erforderlich gewesen, sofern kein Stelltrafo greifbar ist.

Aber, das allentscheidende an solchen Darstellungen ist doch stets, daß denen die es beurteilen sollen oder wollen auch die grundlegendsten Informationen übermittelt werden und das ist einmal mehr nicht passiert. Wir hier sind ja nun wirklich nicht von der Haudrauf-Truppe wie sie anderorten ihr Unwesen treibt. Das haben wir einfach nicht nötig und wenn sich wer mal irrt, auch so richtig fett danebenliegt, dann gehört das eben dazu - wir lernen alle so lange wir es noch können. Mich Ärgern eben Menschen, die aus unerfindlichen Gründen die beleidigte Leberwurst geben ohne daß ihnen jemand Böses getan hat.

Naja, was soll es, unser Leben wird nicht ärmer durch das Wegbleiben Einiger!


LG, Michael


Autor: TipFox Verfasst am: 26.07.2016, 15:38 Betreff:
Hallo Michael,

ergänzend dazu:

schon vor einiger Zeit habe ich mit Resonanzen auf der Sekundärseite experimentiert. Die Idee war, die Siebdrossel mit einem Parallel-C in Resonanz mit den vom Gleichrichter kommenden 50 bzw. 100 Hz zu bringen. Rein theoretisch (Simulation) geht das tatsächlich.

Praktisch ist es einfach nur Murks, weil verschiedene Belastungen ganz verschiedene Auswirkungen haben. Man muss also Alles genau aufeinander Abstimmen (Trafo/Gleichrichter/ggfs. Vorwiderstand usw. usw. )

D.h. es mag EinzelFälle geben, wo man dadurch Kupfer sparen kann - aber mit vielen möglichen Seiteneffekten. Ich habe für mich entschieden, dass es den Aufwand nicht lohnt Wink
Zuletzt bearbeitet von TipFox am 17.09.2022, 13:40, insgesamt einmal bearbeitet


Autor: TipFox Verfasst am: 25.03.2018, 16:17 Betreff: Trafotemperatur über Wicklungswiderstand bestimmen
Wenn man es mal genauer wissen will, kann man die Trafotemperatur indirekt über den Wicklungswiderstand bestimmen:

Trafo-übertemperatur (über Zimmertemperatur !! ):

tü = ( (R warm -R kalt ) / R kalt ) * 255 [°C]

Man braucht das Gerät nicht mal aufschrauben, in eingeschaltetem Zustand kann man direkt direkt am Netzstecker messen. Einmal vor dem Gebrauch nach langer Ruhezeit und einmal nach dem Gebrauch über längere Zeit.

Wenn man dann noch die Zimmertemperatur addiert, ist man bei der Trafo- bzw. genauer der Wicklungstemperatur (Kupfer) ...


P.S.: leider kenne ich die Quelle nicht mehr, vermutlich aus einer alten Elektronikzeitschrift. Aber auch aus dem Physikunterricht könnte es noch als allgemeine Formel für den Warmwiderstand bekannt sein: " Rw = R20 + R20*alpha*delta t" Wink



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