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Liebe Freunde,
Achtung! es sind einige Bilder drin, deshalb kann der Seitenaufbau je nach Übertragungsrate einige Sekunden dauern!
Bei meinem letzten Projekt kam mir die Idee, den Restaurationsvorgang chronologisch zu beschreiben.
Es handelt sich um einen großsuper von Blaupunkt, den 4GW76. Eigentlich ein Gerät der Sorte, die ich nicht so gern bearbeite - wegen der Spannung auf dem Chassis wie bei AllstromGeräten üblich.
Aber weil hier so gut wie alles kaputt war, sind bei dieser Restauration sicher viele Arbeitsg?nge erfolgt, die bei anderen Geräten in dieser oder ähnlicher Form auch durchgeführt werden müssen und da kann solch ein Bericht vielleicht den einen oder anderen Tipp beinhalten.
Das Gerät habe ich von einen Sammler? erhalten, der vom Innenleben keine Ahnung - und deshalb bei seinen Eingriffen keinen Erfolg hatte. Aber er hat mir stolz seine Acryllackspritzpistole gezeigt, mit der er das Gehäuse hochglanzschwarz gespritzt hatte. Daraus ergab sich für mich die Notwendigkeit eines Rundumschlages.
Die Reihenfolge, wie solche Geräte bei mir "abgearbeitet" werden ist wie folgt:
1. Das Innenleben wird aus dem Gehäuse genommen
2. Das Gehäuse wird aufgearbeitet
3. Die Röhren herausnehmen, reinigen und Prüfen
4. Chassis grob reinigen und visuell auf defekte Bauteile untersuchen
5. offensichtlich defekte Bauteile reparieren / ersetzen
6. alle Schaltkontakte prüfen, reinigen und funktionst?chtig machen
7. systematisch den Heizkreis durchmessen und Defekte beseitigen
8. desgleichen mit der Anodenspannungsleitung (Kondensatoren prüfen)
9. Röhren einsetzen und Ub über Trennregeltrafo allm?hlich hochfahren
10. Funktionsprüfung und -Herstellung in der Reihenfolge Netzteil, Endstufe, Demodulator, ZF, HF
11. Abgleich
12. Zusammenbau
13. Funktionstest und mehrständiger Probebetrieb
So sah das Gerät ursprünglich aus:
Demontage des Gerätes: (Dabei lege ich die zusammengehörigen Kleinteile in div. SchÖlchen, das erleichtert den Zusammenbau)
Aufarbeiten des Gehäuses und der Komponenten:
abschleifen, (mit Excenterschleifer, Dreieckschleifer, Dremel o.?., hier Körnung 120)
beizen (ich verwende Lösungsmittelhaltige Beize, der Farbton in etwa wie das Urspr?ngliche Gerät ausgeschaut haben mag, hier Nu?baum dunkel)
Zwischenschliff (Körnung 240)
3x Lackieren (mit Zwischenschliff, 1x Körnung 360, vor der letzten Lackschicht Körnung 600), als Lack verwende ich Parkettsiegellack, wasserverdünnbar, seidenmatt
Scalenabdeckung reinigen mit handelsüblichen Fensterreiniger, danach mit Politur "aufmübeln"
(vorher)
(nachher)
BedienKnöpfe und Beschl?ge reinigen und reparieren (hier waren zwei Beschl?ge und eine HÖlse aus dem Wellenschalterbedienknopf gebrochen)
Die gebrochenen Beschl?ge wurden mit Sekundenkleber, die HÖlse des Bedienknopfes mit 2-Komponentenkleber geklebt.
Scale und Komponenten (Scheibe etc.) reinigen
über Scalenreinigung gibt es verschiedene Ansichten. Ist auch abhängig von der Art des Aufdruckes und seiner Resistenz gegen Putzmittel. Von "geht gar nicht" bis "geht problemlos" ist alles möglich - hier hatte ich Glück, mit warmer Seifenlauge und weichem Lappen konnte ich die Verschmutzungen problemlos beseitigen. Die darüberliegende Glasscheibe wurde normal mit Fensterputzmittel gereinigt.
Die Schallwand war hinüber. Das Material war verleimte Pappe, arg verzogen und der Lautsprecherstoff war durch den aufgespr?hten Acryllack nicht mehr verwendbar. Habe deshalb eine neue Schallwand hergestellt aus 10 mm starkem Tischlerholz, alle Öffnungen 1:1 vom Original übernommen und mit farbneutralem Lautsprecherspannstoff versehen (angetackert).
Die Trockenphasen zwischen den Beiz- bzw. Lackauftrag (jeweils 1 Tag) wurde verwendet um die "Innereien" auf Vordermann zu bringen.
Die Röhren wurden entnommen, gereinigt, soweit notwendig repariert (Anodenkappen und Sockel fixiert, Schirmwendel erneuert), geprüft und an einem sicheren Platz verwahrt. Bei der Glimmröhre wurde nach dem Reinigen die Lochmaske mit einem permanent-Filzstift wieder geschw?rzt.
Jetzt kam das Chassis an die Reihe und da war einiges zu tun.
Als erstes hab ich das Netzteil wieder auf Vordermann gebracht. Der Lade- und Siebelko waren ursprünglich als Blechpaket ausgeführt. Bei einer früheren Reparatur sind die C's als defekt ermittelt worden und durch einen Becherelko ersetzt worden. Der ursprüngliche C wurde aber vor Ort gelassen, weil sein Gehäuse gleichzeitig das Lager für die Welle des Wellenschalters darstellte.
Ich hab den alten C geöffnet (nach leichtem Aufbiegen zweier Laschen konnte man die Pertinaxplatte unten herausnehmen), danach mittels HeiÖluft das Bitumen verfl?ssigt und das C-Paket herausgezogen. Verschmutzungen durch Bitumenreste konnten mit Benzin abgewaschen werden.
In die Bohrungen der Pertinaxsplatte, durch die ursprünglich die Anschlussdr?hte geführt wurden, hab ich L?t?sen eingenietet und auf der Rückseite zwei radiale Elkos angelötet. Danach wurde die Pertinaxplatte wieder an Ort und Stelle eingesetzt und die Laschen zugebogen. Jetzt hatte ich meinen alten Elko mit neuem Inhalt und konnte den früher mal nachträglich eingebauten Becherelko entfernen.
Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Widerstand ein Original ist oder bei einer früheren Reparatur als Ersatz für einen defekten Keramikwiderstand zum Einsatz kam. Jedenfalls konnte ich den Widerstand reparieren und an seinen angestammten Platz einl?ten.
Die Fassung für die Scalenlampe war defekt und irgendwann mal durch eine PVC-Fassung ersetzt worden, welche auf dem Gehäuse des Drehkos befestigt war. Diese wurde entfernt und durch eine Fassung mit Pertinaxflansch ersetzt und am ursprünglich vorgesehenen Platz befestigt.
Jetzt wurde ein gerissenes Scalenseil erneuert und die ganze Transmission gereinigt und in Ordnung gebracht.
Damit war Chassisoberseite abgehakt.
Chassisunterseite:
Als Erstes wurde nach dem Reinigen mit Pressluft und einem weichen langhaarigen Pinsel visuell erkennbare defekte Kondensatoren ausgetauscht. Die HÖlsen der alten C's waren zerbr?selt, konnten also nicht wieder verwendet werden
Also mussten neue rein. Die gelben Bonbons machen sich nicht gut von der Optik her, hab ich sie mit schwarzen Schrumpfschlauch überzogen, der Wert konnte mit silberfarbenen Fineliner von Hand aufgeschrieben werden.
Jetzt kamen die Kontakte an die Reihe.
Nur Reinigen war nix, da war mehr zu tun.
Am einfachsten war noch der TA-Schalter, er war nur gebrochen.
Er wurde mit Sekundenkleber geklebt und mittels Kroko zusammengehalten bis er fest war.
Interessant wurde es beim Wellenschalter.
Bei diesem Gerät sind die Schaltkontakte Plattfederkontakte, die mittels Nockenwelle und Winkelzahnradgetriebe betätigt werden.
Die Nocken waren "runtergenutscht", also keine zuverl?ssige Funktion mehr.
Um da ein Erfolgserlebnis zu bekommen musste ich mich der Mühe unterziehen das gesamte Teil zu demontieren.
Da die Mimik am Oszillator- und Vorkreisspulentopf befestigt ist, musste ich diese Teile komplett ausbauen. Dazu mussten als erstes alle Bauteile und Drähte abgelötet werden.
Hoch lebe die Digitalfotografie, ein Bild aufgenommen vor der Demontage hilft bei der Entscheidung, welches Teil und welcher Draht dann wieder wo dran kommt.
Jetzt hatte ich die Kontakte an Vorkreis- und Oszillatorspule . . .
sowie die Nockenwelle vor mir liegen:
Die Kontakte wurden gereinigt und gerichtet.
Die Nockenwelle wurde in ihre Einzelteile zerlegt - dabei sicherstellen, dass die Teile wieder richtig zusammengesetzt werden können. Hier ging's einfach, da die Nocken nummeriert sind - und gereinigt.
Mein Ziel war ja, den "Hub" der Nocken zu verGrößern. Das hab ich erreicht, in dem ich auf jede erhabene Nocke einen Tropfen Zweikomponentenkleber aufgetragen habe. Damit der Kleber nicht unkontrolliert wegfließt (er ist ja zähfl?ssig aber doch fließfähig) hab ich die Nockenwelle waagerecht in die Drehbank gespannt und während des Aushörtungsprozesses mit müßiger Geschwindigkeit rotieren lassen. So wirken die Fliehkr?fte derart, dass die aufgebrachten Tropfen Kleber in Tropfenform an Ort und Stelle erhalten bleiben und aushörten.
Das ganze Teil muß dann wieder zusammengebaut, justiert und angeschlossen werden.
Jetzt konnte ich Schritt für Schritt die Schaltung durchklingeln. Es wurde als erstes das Netzeingangsteil mit Spannungswahlschalter und Sicherungen, danach der Heizkreis und zum Schluß die Ua-Leitung kontrolliert.
Auser schlecht kontaktierender Sicherungsklemmen gab es da keine Probleme.
Also Scale montiert, Röhren gesteckt und Schritt für Schritt die Inbetriebnahme durchgeführt.
Ein C zw. Anode und Gitter der Endpentode musste noch getauscht werden, dann ging es zum Abgleich.
Und der hatte es in sich. ZF Einstellen in dem man einfach mal das modulierte ZF-Signal an die Antennenbuchse anschließt ? Fehlanzeige. Also rückwärts Punkt für Punkt durchgehen.
Oszillator war weniger problematisch, da L und C im Topf vereint waren. Nur war das MW-Band extrem zusammengedrückt. Vorkreis dann ohne Probleme.
Der Vorbesitzer hatte überall dran rum gedreht, na ja, jetzt tut's wieder.
Die Bilder sind einfach so aus der hohlen Hand gemacht worden, deshalb nicht immer optimal. Vielleicht hätte ich noch etwas Staub wischen oder/und drumherum liegenden "Müll" wegr?umen sollen ? aber das war mir für diesen Zweck unnötig erschienen.
Gruß
Andreas |
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