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Autor: MGW51 Verfasst am: 29.12.2011, 16:56 Betreff: Peter Musikschrank mit FLOHR - TB
Andre hat bei Ihbee ein seltenes Heimbandgerät, eingesetzt in einem Schrank von August Peter, entdeckt. Ich bin mir ziemlich sicher, daß es sich um das von der Fa. Flohr 1955 in niedrigen Stückzahlen gebaute TG 540x handelt.

Die Fotos im Ihbee sind - wie so oft - kaum zu gebrauchen. Nur ein Bild verr?t etwas mehr und nun bleibt zu hoffen, daß der Anbieter "jana-r84" mit weiteren, wirklich brauchbaren Informationen nicht hinterm Berg hält.
Hier erstmal das besagte Foto:



Was mich stutzen ließ ist der Umstand, daß das TB hier anscheinend nicht original verbaut worden ist. Es sieht alles sehr unprofessionell aus, nicht typisch für einen Mübelbauer wie Peter. Bei genauem hinsehen lassen sich beiderseits der Deckplatte je zwei scheinbare Schraubenl?cher erkennen, so wie sie von den aufgeschraubten Holzkl?tzchen zur Fixierung der MTG-Laufwerke bekannt sind. MTGxx und Peter - das paßt für meinen Geschmack einfach nicht zusammen! Es paßt auch nicht zu dem qualitativ hochwertigen Rundfunkchassis von Hempel.

Das Gerät von Norbert Flohr würde sowohl vom Qi?alitätsanspruch als auch vom Zeitfenster her gut passen! Immerhin hatte zu dieser Zeit die Geräteindustrie der DDR NICHTS gleichwertiges, besseres schon gar nicht, anzubieten; mit einer Ausnahme: dem IWAG - Gerät! Dieses kann man sicher als gleichwertig einstufen, technisch besser, ausgereifter ist allerdings das Flohr TB.

Nun warten wir mal ab, was Andre noch in Erfahrung bringen wird.


Der Schrank selbst ist nichts besonderes, von der Bauart den Meistersinger-Schränken gleichzusetzen. Lediglich Mittelteil und Deckplatte sind hier abweichend. Durchaus denkbar, daß Peter Rohbauschr?nke von Staßfurt oder Luckenwalde zugekauft und entsprechend ergänzt / angepaßt hat.

Hier noch der Schrank in Gesamtansicht - die großen Rundgriffe sind typisch für Peter.



Autor: schmerztablette Verfasst am: 30.12.2011, 16:46 Betreff:
Hallo Michael,

nach langem Nachbohren habe ich dürftige oder besser keine weiteren Infos bekommen können. Der Verkäufer ist zu jung und die Oma zu alt Wink So der ungefähre O-Ton. Fakt ist: Es muss ein Eigenbau sein, der trotzdem sehr eigenartig ist und fast schon futuristische Aspekte an sich hat. Aber unprofessionell stimmt da wohl.



und noch ein nicht allzu brauchbares Bild vom Radio.




Liebe Grüsse Andre


Autor: MGW51 Verfasst am: 30.12.2011, 17:05 Betreff:
Oh ja, diese Bilder sind doch sehr aussagekräftig!

Als erstes muß ich meinen Eindruck von den "Bohrl?chern" revidieren! Das ist eben der Fluch von so mickrigen Bildchen. Wie es sich nun zeigt, handelt es sich um die Befestigungsschrauben des bzw. der Gelenke des unterflurigen Geschiebes.

Das TB ist ganz eindeutig ein Gerät von Norbert Flohr, in der verbesserten Ausführung des 54-er Modells, also mit durchgängiger Miniaturröhrenbestücktung. Die Filzstreifen hat ganz sicher der Vorbesitzer daruntergezaubert um das Laufwerksger?usch etwas zu d?mpfen. Da der typische BG19-Motor von sich aus sehr ruhig läuft, sind so nur Symptome. keine Ursachen bekämpft worden. Die Ursache lauten, rauhen Laufes ist eine fehlerhafte Phasenverschiebung. Damit ruiniert man letztlich den Motor bis zum Wicklungsschaden - der Anbieter schreibt ja, daß das TB nicht mehr läuft - naja, wie auch wenn der Motor gekillt wurde Augenrollen

Was nicht original dazu gehört ist die kleine PVC-Platte mit dem Lautsprecherregler und der dreipoligen Diodenbuchse. Original sind die Geräte mit einer typischen HF-Buchse für den Mikrofoneingang ausgestattet. Vermutlich hat sich der Besitzer mal ein besseres Mikro zugelegt und darum einen neuen Eingang mit VV gebastelt.

Soviel zu dem TB, welches schon zu den sehr seltenen Modellen zählt denn es sind nur wenige hundert Stück davon gebaut worden. Die Fa. Flohr war ja nur ein kleiner Handwerksbetrieb - in keinster Weise vergleichbar mit dem Funkwerk Leipzig oder gar dem MGW.

Das Rundfunkchassis ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein Kapit?n.

für einen Sammler mit üppig Platz ist das eine schöne weil seltene Beute Laughing


Autor: MGW51 Verfasst am: 01.01.2012, 21:54 Betreff:
Nun hat der Schrank für 32 Euronen einen neuen Besitzer gefunden.

Oelsnitz war mir einfach viel zu weit weg - nur wegen einem TB-Chassis. . .

Ich möchte an dieser Stelle nochmal ganz klar herausstellen, daß das Tonbandgerät in keinster Weise als "Eigenbau" abzustempeln ist! Anscheinend hat Andre den Sachverhalt noch nicht so richtig verinnerlicht. Seine Fixierung auf die "Smaragde" wirkt da wohl als "Filzbrille" :Wink:

Fakt ist, daß die Firma von Norbert Flohr mehrere hundert Einheiten dieser Tonbandgeräte gebaut hat und ebenso ist es auch Fakt, daß die Gesamtkonzeption weitaus moderner als alles das ist was späterhin Exclamation von Zwönitz / Affalter aus die Tonbandler zu begl?cken versuchte. Der Diplom-Ingenieur Norbert Flohr war mit seiner Konstruktion deutlich weiter als die gesamte staatliche Geräteindustrie!

Das Rundfunkchassis aus dem Hause von Bodo Hempel kann man getrost auch als ein herausragendes Gerät seiner Zeit ansehen. Es ist schon so, nicht viele Menschen waren um 1955 finanziell in der Situation, sich so ein großGerät leisten zu können! Allerdings galt für viele von den Wenigen so ein Musikschrank auch als eine Art Statussymbol mit dem sie selbst, außer viel "Krach" nichts weiter anstellen konnten. Die Technik der Magnetbandgeräte war noch immer sehr jung und für viele Menschen schlicht unverständlich. Gegen die etablierte Schallplatte, die darüberhinaus auch noch regelrecht billig, verglichen mit den Kosten für eine Magnettonanlage, anzuschaffen und zu betreiben war, hatte der erkl?rungs- und gew?hnungsbedürftige Umgang mit dem dünnen fitzigen Senkel kaum eine Chance. Das änderte sich erst viel später, als die Kompaktkassette die Welt auch hierzulanden eroberte. Die Geräte der ersten Stunden waren schrecklich primitiv, der Klang der Kasseten kann nur alsgrauenhaft schlecht bezeichnet werden. Jede Schellackplatte bot einenwesentlich besseren, saubereren Klang als es das KT100 mit den ORWO-Kassetten der ersten Generation vermocht hat. Und dennoch - wie so oft davor und danach hat sich auch bei dieser Technik eine deutlich schlechtere Leistung gegen alles Bessere durchgesetzt. Entscheidend war in dem Falle die absolut primitive Handhabung, die noch primitiver als der sachgerechte Umgang mit einer Schallplatte ist.



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