Treffpunkt der Interessengemeinschaft Übersicht -> TONTECHNIK, Akustik & Musikelektronik
Autor: MGW51 Verfasst am: 05.03.2007, 13:43 Betreff:
Folgenden Text aus einer Ebay-Offerte stelle ich hier zur Diskussion:

Zitat:
Sie kaufen einen gut erhaltenen funktionsfähigen Telefunken Studio Lautsprecher (siehe Bildergalerie)

Der Lautsprecher ist mit einer hochwertigen Ledersicke ausgestattet.
Durchmesser: 22,5cm
Original Telefunken aus dem Jahre November 1929
Die Feldspule hat 2,8 Ohm und wird durch ein separates Netzteil versorgt.
Die Schwingspule hat 1000 Ohm und hat den Vorteil, dass dieser Lautsprecher direkt von der Anode der Endröhre angeschlossen werden kann.
Somit entfällt der Ausgangsübertrager.



Mehrere Dinge sind mir recht schleierhaft:


  • 1. Studiolautsprecher? Nach der Bauform ein typischer "Kraftsprecher", würde ich meinen.
  • 2. Feldspule? Welche Gleichrichterröhre wäre wohl fähig, an einer Spule von 2,8 Ohm ein entsprechendes Magnetfeld aufzubauen?
  • 3. Schwingspule? Gute 40 Jahre später quälte man sich hierzulanden mit hochohmigen Schwingspulen zwischen 200...800 Ohm und deren Problematik bis zur Resignation ab, wieso gab es dann 1929 schon solche mit 1000 Ohm?


Naja, ich finde daß es ein ziemliches Kauderwelsch ergibt. Aber am interessantesten ist für mich die "hochwertige Ledersicke".

Wer kann hier mal ein bisschen Aufklärungsarbeit leisten?


Autor: Thomas Verfasst am: 07.03.2007, 23:03 Betreff:
Hallo Michael,

ich kenne mich ja nun mit der Röhrentechnik nicht gut aus.
Allerdings kann auch ich mir nicht vorstellen, daß der Lautsprecher 1929 mit einer Schwingspule mit einem Widerstand von 1000 Ohm daher gekommen ist.

Weiter ist mir kein Studiolautsprecher von Telefunken aus dieser Zeit bekannt.

Das heißt nicht, daß es solche Lautsprecher damals nicht gegeben hat, ich kenne nur absolut keinen.

Die Ledersicke ist auch sehr interessant.
Kann eine solche Sicke überhaupt fast 80 Jahre überstehen ohne Schaden zu nehmen?
Dann kann ich mir vorstellen, daß die Sicke relativ steif sein wird, was für das einschwingen der Membrane bestimmt nicht vorteilhaft ist.

Gruß Thomas


Autor: MGW51 Verfasst am: 08.03.2007, 13:21 Betreff:
Ja Thomas, das ist alles ein einziges Käse.
Vielleicht sollte ich noch anfügen, daß der Startpreis mit 895,- EUR angegeben ist . . .


Autor: TipFox Verfasst am: 08.03.2007, 21:00 Betreff: TFK Studiolautsprecher ???
Da kein Typ angegeben ist, kann man nur Vermutungen anstellen:

- 1000 Ohm wird die Feldspule sein
- 2,8 Ohm passt auf eine (gute) Schwingspule (4..5 Ohm Impedanz)

alles Andere ist "Prosa" Wink

Ich möchte mal wissen, wo der das "Leder" sieht. Es gibt allerdings aus der Zeit eine Art "Ölpappe", die lederähnlich aussieht - so in einem Telefunken Arcophon 11 .....


Zuletzt bearbeitet von TipFox am 21.09.2022, 01:23, insgesamt einmal bearbeitet


Autor: MGW51 Verfasst am: 31.10.2022, 12:02 Betreff:
Leider hatte ich dazumal keine Bilder dieser Ebay Offerte extern gesichert, man lernt eben immer noch dazu!

Durch Zufall stieß ich eben auf dieses alte Thema und abgesehen davon, daß es 1929 alles Mögliche gegeben hat, ein Lautsprecher mit einer 1.000 Ohm Schwingspule war mit Sicherheit nicht dabei.
Was hätte der auch bringen sollen, in einer Zeit da die Verstärkerröhre, wie auch der Rundfunk, nicht viel weiter als in der Einstudierung des aufrechten Ganges waren?

Die mir bekannten zeitgenössischen "Kraftverstärker" arbeiteten ausnahmslos mit Trafokopplung um eine entsprechende Nutzleistung an die Membrane zu bringen. Die ebenso zeitgenössischen "Kraftlautsprecher" bildeten eine +/- monströse Baueinheit mit dem für deren Betrieb erforderlichen Gleichstromnetzteil denn zu der Zeit gab es noch keine leistungsstarken Permanentmagnete für diesen Einsatzzweck.

Sollte jetzt der Einwand kommen, daß die ersten Stereo-Tonbandaufnahmen durch die RRG ab 1941 nachweisbar sind und es zu der Zeit überhaupt keine Möglichkeit gab, solche Aufnahmen sendetechnisch zu verwerten, muß unbedingt bedacht werden, daß in der dazwischenliegenden Periode von 12 Jahren zwar eine rasante technische Entwicklung erfolgt ist, allerdings ohne daß daraus eine breite Absatzmöglichkeit in der Bevölkerung entstehen konnte. Es war schlicht kein Massenbedarf an hochwertigster Tontechnik vorhanden! Es fehlte vor allem an den manipulativen Möglichkeiten, denen sich die rezente Generation bereitwilligst unterwirft weil "jeder alles haben muß" um, so glaubt man es wohl, ernstgenommen zu werden. Es wird immer Fanatiker geben, die sich jedes noch so sinnfreie Spielzeug für irrsinnig viel Geld anschaffen, um der Welt ihre Fortschrittlichkeit zu zeigen. Lange Freude haben sie an ihren Spielzeugen eh nicht - siehe Digitaler Rundfunk - da sich in kürzester Zeit die neuen "Wunderwaffen" als Rohrkrepierer herausstellen. Fazit: Viel Geld verbrannt für Null Nutzen! Also Neukauf - diesmal noch besser und viel perfekter, auch teurer - mit ähnlich jämmerlicher Halbwertszeit.

Man sollte meinen, daß auch diese Fraktion irgendwann mal erkennt, auf welche Weise sie mißbraucht wird. Weit gefehlt! Der Irrsinn ist unausrottbar.
Irrsinn nicht zu verstehen als Technikfetischismus sondern als Manipulation um einen nicht existierenden Bedarf zur Geldabschöpfung zu nutzen. Dieses Spiel kann nur funktionieren, wenn die Opferschicht entsprechend dumm gehalten wird, damit sie keine Fragen stellt sondern jeden Schwachsinn glaubt der mit ein paar technischen Phrasen und entsprechendem Vokabular in den Markt gedrückt wird.

Ob der "Studiolautsprecher mit Ledersicke" die geforderten 895,- Euronen gebracht hat, weiß ich nicht, würde mich aber nicht wundern!

Ich hatte auch ein oder zwei solcher "Kraftlautsprecher" mit einer Belastbarkeit von 12,5 Watt besessen. Deren Membrane bestand aus starker, glatter, geölter Pappe und auch die Sicken waren in dieselbe eingepreßt. Lange vor der Ihbee-Zeit hatte ich die zwei Dinger geschlachtet, weil ich dringend den CuL von den "Schwingspulen" für den Bau eines Hochspannungstrafos gebraucht habe. Die Gleichrichterröhren - typischerweise RGN 1064 - wurden anderweitig verarbeitet und ob die einfachen Netztrafos noch zu irgendwas umgenutzt worden sind, ist mir nicht erinnerlich. Die Körbe aus Stahlblech maßen etwa 30 cm und waren schön weinrot lackiert. Einem Hersteller kann ich die nicht zuordnen - Körting muß ich allerdings sicher ausschließen. Es ist vorstellbar, daß es sich um Erzeugnisse aus dem Zittau-Olbersdorfer Raum handelte. Am bekanntesten wäre da die ehem. Fa. Seibt. Doch daneben gab es viele kleinere Hersteller . . .



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