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Lieber Georg,
obgleich ich gerade von Kopfhörern zur frühen Rundfunkzeit keinerlei Ahnung habe, insofern also einiges für die Korrektheit deiner Sicht spricht, gibt es doch auch Evidenzen in die andere Richtung, selbst wenn sie die Kopfhörerfrage nur indirekt beröhren.
Die Reichsrundfunkgesellschaft (oder hier richtiger: der "großdeutsche Rundfunk") hatte schon lange vor der Betriebseinf?hrung der Magnetophone legendäre "Opernabende" im Programm, bei denen von den Spezialplatten der RRG komplette Opern unterbrechungsfrei über einen ganzen Abend hin gesendet wurden. Dafür mussten natürlich im Schnitt etwa alle drei Minuten zwei Laufwerke synchronisiert und umgeblendet werden, alte Platten ab- und neue Platten (diese liefen übrigens von innen nach außen) bereitgelegt werden, was zwei, möglicherweise drei Tontechniker den Abend über -physisch und psychisch- ordentlich auf Trab hielt. Man stelle sich des Herrn Wagner 'Meistersinger' zusammengeStückelt aus Drei-Minuten-Inkrementen vor, was 90 Plattenseiten zu im Schnitt 3 Minten entspräche....
Diese Synchronisation lief nun so, dass der zuständige Tontechniker die über den Sender laufende Übertragung aus einem Monitor hörte, das zu synchronisierende Signal (die Plattenmodulationen überlappten etwa dreissig Sekunden) aus dem lose aufgesetzten Kopfhörer. Das Laufwerk mit dem neuen Signal wurde nun innerhalb jener 30 Sekunden mit dem laufenden zusammengebracht und im Augenblck der erreichten Synchronität umgeblendet: Wagner erhielt weitere drei Minuten Gnadenfrist.
Nachdem die Monitore der RRG schon in der frühzeit der Lautsprecherwiedergabe (also etwa 1929/30) sehr hochwertig waren, würde für die geschilderten Zwecke der magnetdynamische 2kOhm-Kopfhörer sehr negativ aus dem Rahmen fallen. Die Lautsprecher der frühzeit reichten beispielsweise hin, um Georg Neumann bezüglich eines Frequnezgangmangels seines legendären Kondensatormikrofones CM3 (1928) unter Druck zu setzen, das noch heute mithält. Die Erstversion der Kapsel (Kugel, "M1" bei der RRG) wies der RRG oberhalb von 6 kHz eine zu starke Anhebung auf, weshalb man Vorschläge machte, wie das Frequenzverhalten des Mikros zu verbessern wäre, was 1932 zur Betriebseinf?hrung der Kapsel "M1a" führte, deren Frequenzverhalten zur G?nze den heute üblichen, diffusfeldentzerrten DruckEmpfängern gleicht. So genau hörte man. Ich vermute einstweilen einmal, dass man auch bei hochwertigeren Kopfhörern mit vergleichbarer Sorgfalt vorging und sich Gedanken zur klanglichen Verbesserung machte, obgleich man dabei rrg-spezifisch sicher sehr bald auf die technischen Klippen der Konstruktion hochwertiger Kopfhörer gestoßen sein dürfte.
Meine -auch zeitgenössische- Literatur gibt zum Kopfhörer im hier interessierenden Rahmen leider nichts her. Ich habe mir aber bereits vorgenommen, dazu einmal herumzufragen.
Hinsichtlich der erreichten LautsprecherQualitäten sei an Hans Eckmillers Koaxlautsprecher O15 von 1943 erinnert, der im zugehörigen Abh?rschrank der RRG schlicht und problemlos HiFi-Ansprüche befriedigt.
Hans-Joachim |
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