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Liebe Freunde der Schallrille,
seit wenigen Stunden ist es mir verg?nnt, einen Motor in Händen zu halten dem ich selbst seit vielen Jahren hinterherjage. Genauer seit Jahrzehnten!
Begonnen hatte es in den 70-er Jahren. Bei einer damaligen Literaturrecherche stieß ich +/- zufällig in einer alten Zeitschrift auf einen Messebericht ( ) in dem dieser Wundermotor angepriesen worden ist. Dort tauchte auch der mir durchaus vertraute Name SAJA auf.
Saja, das war für einen eingefleischten Skodafahrer so etwas wie ein RS1000 = unerreichbar fern. monetär gesehen :: Damals gab es noch kein Ihbee und nichtmal diese Wortschöpfung wäre vorstellbar gewesen. Das was es abzugrasen galt, waren die sogenannten Tauschzentralen - damals hießen die aber bereits "An- und Verkauf", was das Geschäftsfeld treffend beschreibt. Einen letzten echten Tauschh?ndler gab es auch noch in Görlitz, auf dem unteren Stück des Demianiplatzes, ein oder zwei Häuser neben der Theaterklause gelegen. Wann dieser Laden aus AltersGründen des Inhabers aufhörte zu existieren, weiß ich heute nicht mehr. Entscheidend ist nur, daß der Inhaber ein ganz gefälliger Patron war, der auch Sachen zurücklegte wenn man ihn darum bat und er annahm, das könne etwas in der Art sein. für die jüngeren Leser beschreibe ich es mal wie so ein Geschäft dort ablief:
Beispielsweise hätte ich ein paar Schallplatten übrig gehabt, brauchte aber dringend einen "neuen" Lampenschirm weil ich einen zerkloppt hatte. Passiert halt mal. Kaufen im Handel oder beim Hersteller (ein alteingesessener Görlitzer Betrieb) scheidet aus weil dieses Modell nicht mehr produziert wird. Annonce scheidet auch aus weil mit Bild ist nicht! Also zwei Möglichkeiten: Der inzwischen staatliche große An- und Verkauf mit durchaus unbestimmbaren Chancen oder eben der "kleine" Privatkrauter auf dem Demi. Man griff sich eine Scherbe und pilgerte also los. Mit der Scherbe in der Hand den Laden betreten - ohne Worte nach kurzem Blick sofortiges Kopfschätteln oder aber ein Handzeichen, sich ruhig zu verhalten. In dem Falle hatte man zu 90% schon ein neues Glas. Sobald der oder die anderen Kunden den Laden verlassen hatten ging es "nach hinten" - kann man sich so etwa vorstellen wie die Katakomben von Odessa; nicht ganz so weitl?ufig aber dafür mindestens genauso unüberschaubar!
O.k., das Muster war klar und damit ging es ggfs. um die Frage nach der Größe oder Form. War das gekl?rt, dann mußte man sich mit dem Preis noch einig werden. Und an der Stelle durfte auch schonmal ein Gegenangebot gemacht werden. Nicht immer, aber sehr oft kam auf diese Weise ein für beide Seiten vorteilhafter Tausch zustande.
Viele der Sachen die sich dort in Regalen und Kisten stauten weckten durchaus Begehrlichkeiten in mir - ja, ich war schon immer so abartig veranlagt! Auf jeden Fall kam man ja ins Gespräch und ein Händler wäre kein Händler wenn er sich nicht die wünsche seiner Kundschaft merken würde. Ein privater Unternehmer tat das zumeist - nicht immer - mit merkbar größerer Hingabe als ein angestellter Verkäufer eines genossenschaftlichen oder staatlichen EinzelhandelsGeschäftes.
Telefon war damals nicht, Straßenbahnfahrschein kostete 12 Pfennige (Wochenkarte) - und damit konnte man durch die gesamte Stadt fahren - umsteigen inbegriffen! Wenn man also ein-, zweimal die Woche seine Nase in den Laden steckte blieb man in Erinnerung und irgendwann gab es dann eine kurze Verständigung. In der Theaterklause - ich erwähnte sie nicht umsonst - ließ sich derweil ein k?hles Blondes oder, je nach Jahreszeit auch was anderes genießen
Dieser pfiffige Zeitgenosse bestätigte mir zwar, daß er schonmal so einen Plattenspieler zum verscherbeln hatte aber das sei lange her und seitdem sei niemehr sowas aufgetaucht. Ehrlich gesagt glaubte ich gar bald, daß ich von dem schlauen Fuchs auf die Schippe genommen wurde. Die Sache begann schließlich einzuschlafen.
Und dann kam in den frühen Neunzigern Ihbee ins Spiel und mit Ihbee keimte neue Hoffnung. Es wurden zunehmen die skurrilsten Dinge dort offeriert. Ein Phonomotor der gesuchten Bauart war nie dabei. Dennoch ließ ich über all die Jahre meine Suchanzeige stets weiterlaufen bzw. habe ich diese immer mal ein bisschen verändert. Vor wenigen Tagen dann - "Uralter Grammophonmotor - DRP" Kann man ja mal nachschauen - an den Saja wagte ich freilich nicht zu denken, hoffte stattdessen auf einen der üblichen Getriebemotore. Als ich den Link in der Emaille aufrief präsentierte sich ein Bild in dieser Art:
Mein Papiertiger schien nun doch Realität werden zu sollen und ich war in Hochstimmung - hält noch immer an
Was ist so besonders bedeutsam an diesem Teil, dessen Durchmesser in etwa dem einer klassischen Single entspricht?
Nun, es handelt sich hierbei um einen echten Synchronmotor mit 78 Umdrehungen pro Minute. Dieser Motor besitzt KEIN Getriebe, seine Bauhöhe beträgt ohne LagerGehäuse und Welle ganze 35 mm! Hier mal eine seitliche Ansicht:
Dieser Motor ist für seine Größe extrem schwergewichtig was wohl auch daher rührt, daß die beiden Flanschscheiben aus Stahl bzw. Stahlgu? gefertigt sind. Der Rotor jedenfalls ist nicht übermüßig schwer, soweit ich das auf Grund seines geringen Höhenspieles durch Anheben feststellen kann.
Die Wicklungen haben Durchgang mit klar definiertem Widerstand - Eine Isomessung gegen Gehäuse werde ich auch noch machen und dann erst versuche ich eine vorsichtige Inbetriebnahme. Erst danach steht die Öffnung mit einer Inspektion des Innenlebens auf dem Plan.
Es ist das zweite Mal in meinem Leben, daß ein langgetr?umter Traum für mich durch Ihbee Wirklichkeit wurde:
Der erste Traum war das MT 118 und der zweite Traum liegt nun vor mir auf dem Tisch
Und jetzt gehe ich erstmal Kaffee schl?rfen Zuletzt bearbeitet von MGW51 am 09.11.2013, 15:57, insgesamt einmal bearbeitet |
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