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Hallo,
ich bin Jahrgang 52 und habe mich Mitte der 60er angefangen für Funktechnik zu interessieren. Unser Nachbar war damals ein Amateurfunker und ich habe dann auch damit angefangen. In der GST-Klubstation waren viele Mitglieder, die im WF Berlin arbeiteten. Ende der 60er kam im WF das Gerücht auf, dass die Null-Serie einer im WF aus einer runden 53er/70? RCA Farb-Bildröhre weiterentwickelte 43er/70? Rechteck-FarbBildröhre "verschrottet" werden soll, weil der RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe, eine "überstaatliche" Wirtschaftsplanorganisation der ehemaligen Ost-Block Staaten) beschlossen hatte, dass die gesamte Farb-Bildröhren-Produktion für die Ost-Block Staaten von der UdSSR auf der Basis einer RCA Lizenz für eine 53er/90? Rechteck-FarbBildröhre übernommen werden soll und damit die Entwicklung in der DDR eingestellt wird. Das war natürlich Anlass für einige, die im WF arbeiteten, diese erste und einzige Farb-Bildröhre der DDR zu "retten" und so kamen dann ca. 4-6 Stück zusammen, die in einer "Nacht und Nebel Aktion" aus dem WF "geschmuggelt" wurden. Die Entwicklung war soweit fortgeschritten, dass selbst die Typenbezeichnung B43G4C bereits auf einigen Exemplaren aufgedruckt war.
Was tun mit einer Farb-Bildröhre ohne weiteres "Zubehör", keine Ablenkeinheit, keine Konvergenzeinheit, keine Magnetringe zur Farbreinheitseinstellung, einfach nichts außer der Farb-Bildröhre war da. Auch ließen sich die Ablenkeinheiten der S/W-Bildröhren nicht verwenden, eine FarbBildröhre hat schließlich drei Elektronenstrahlsystem und dementsprechend war der Hals-Durchmesser viel Größer (müßten so ca. 40mm gewesen sein, wenn ich mich richtig erinnere).Zun?chst wurden also alte Anleitungen zum Wickeln von Sattelspulen für die Ablenkeinheit in alten B?chern aus den Anf?ngen der TV-Technik gefunden. Der notwendige Ferritkern für die Ablenkeinheit wurde aus alten S/W-Ablenkeinheiten gewonnen, die "zermahlen" wurden und das dann mit dem allbekannten "Duosan" Klebstoff vermischt in eine entsprechende Form gefällt. Richtig "ausgetrocknet" und fest war der neue Ferritkern dann erst nach einigen Wochen des "Ausl?ftens". Die Wicklung für die Horizontalablenkung wurde als Sattelspule angefertigt und die für die Vertikalablenkung einfach um den "Ferritkern" gewickelt.
für die Konvergenzeinheit wurde eine Konstruktion auf einem Plastetr?ger aus Stücken von Antennen-Ferritst?ben mit entsprechenden Spulen für die dynamische Konvergenzeinstellung und kleinen, drehbaren Magneten für die statische Konvergenzeinstellung gebaut. Auch entsprechend magnetisierte Metallringe mit passendem Durchmesser für die Farbreinheitseinstellung hatte jemand aufgetrieben. Das ganze wurde dann zusammen auf ein Stück PVC-Rohr aus der Sanit?rtechnik zu einer gesamten "Ablenkeinheit" für die B43G4C montiert.
Da die B43G4C eine 43er/70? Bildröhre war, war es naheliegend, diese in ein damals schon älteres S/W-TV Gehäuse einzubauen, das eben auch schon eine passende 43er Bildröhrenblende hat. Mir ist bekannt, das einer von uns einen alten "weißensee" so zu einem Farb-TV "umgebaut" hatte. Ich selbst hatte da wohl ein Gehäuse eines noch älteren Modells, kann mich aber nicht mehr erinnern, welches das war.
Die gesamte Schaltungstechnik für den Farb-TV stammte aus irgendeiner West-Zeitschrift und soweit möglich, wurden die S/W-Baugruppen weiter verwendet. Die gesamte HF-Technik war von dem S/W-TV Gerät übernommen worden, auch die Vertikalablenkung war die übliche der S/W-Technik. für die Horizontalablenkung und Hochspannungserzeugung musste man aber andere Wege gehen, da die 43er Farb-Bildröhre wesentlich mehr Leistung brauchte. Die speziellen Hochleistungs-Ablenkröhren aus dem Westen waren nicht beschaffbar und so wurden einfach zwei getrennte Horizontal-Teile, einer für die Ablenkung und einer nur für die Hochspannungserzeugung, aus den erhältlichen S/W-Teilen aufgebaut. Das hatte auch den großen Vorteil, dass man zur Stabilisierung der Hochspannung keine spezielle und wegen der entstehenden R?ntgenstrahlung problematische "Ballast-Triode" verwenden musste.
Der PAL-Dekoder (SECAM Farb-Sendungen gab es in der DDR zu der Zeit noch nicht) wurde ebenfalls nach einer Schaltung aus einer West-Zeitschrift volltransistorisiert gebaut. Dabei war das größte Problem, den Farbtr?ger-Quarz mit 4,33MHz zu bekommen. Da wurde z.B. alte Quarze aus russischer Funktechnik durch Schleifen auf die Frequenz getrimmt. Die notwendige Verz?gerungs-Leitung war glücklicherweise kein Problem, die wurde auch im WF für den Export produziert. Etwas problematisch war auch die Y-Verz?gerungsleitung für ca. 1?s, aber zur Not ging es auch ohne, dann war eben die Helligkeit und die Farbe nicht ganz "synchron".
Nebenbei bemerkt, der PAL-Dekoder-Zusatz für die später in der DDR gefertigten Farb-TV-Geräte hatte große ähnlichkeit mit unserer Schaltung aus der West-Zeitschrift. überhaupt waren unsere Kenntnise über die Funktionsweise eines PAL-Dekoders sehr hilfreich, als es dann Anfang der 70er Farb-TV Geräte in der DDR gab, die nur SECAM konnten.
Viele Grüße
Rimini |
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