Treffpunkt der Interessengemeinschaft Übersicht -> Diskussionsboard Nadelton
Autor: 1.Tester Verfasst am: 10.02.2009, 19:08 Betreff: Phonoton
Ein sogenanntes "Schellack-Ersatzmaterial" ist der Stoff aus dem die Platten des kurzlebigen Labels "PHONOTON" gepreßt wurden.

Was war das für ein Gemenge? Die Platte
klingt soweit

nicht schlecht für Jg. 1941.

.
Zuletzt bearbeitet von 1.Tester am 04.08.2014, 13:08, insgesamt einmal bearbeitet


Autor: michael48 Verfasst am: 10.02.2009, 19:46 Betreff:
Den einzigen Hinweis finde ich zur Zeit nur in der deutschen Discographie von Horst H. Lange. Die Phonoton-Platten wurden von dem Unternehmen Schr?der Winzig & Co in Berlin N.4 hergestellt. Wahrscheinlich drängten die kriegsbedingten Mangelerscheinungen dazu, Ersatzstoffe für das knapp werdende Schellack zu finden. So brachte diese Firma von 1940 bis 1942 ihre "bruchfesten" Platten heraus, mit einem Material, das ein Vorläufer des bekannten Vinyls war.Soweit mein Kenntnisstand.


Autor: 19null5 Verfasst am: 10.02.2009, 20:36 Betreff:
Im Braunbuch heißt es in der Beschreibung des SchallplattenabspielGerätes "R32" vom 5.5.1936 :
"Das SchallplattenabspielGerät R32 dient zum Abspielen von Schwarzplatten und Schallfolien; durch das ZusatzGerät R57 kann es auch zum Abspielen von Wachsplatten benutzt werden."

Ist mit "Schallfolie" hier Decelith gemeint oder eines der gesuchten "anderen Materialien" ?
.
Hajo


Autor: MGW51 Verfasst am: 10.02.2009, 20:50 Betreff:
Es gab ja so viele Materialien, als Schallfolie allerdings wurde m.W. immer Decelith gemeint.

Die Flexible von Phonocord hingegen ist wohl noch etwas anderes. Ich habe ja leider nur die eine rote und mit der mache ich keine Versuche Smile

Ich werde die Phonoton auch noch ankaufen - Folie ist das auf keinen Fall, das ist irgendein Substitut, besserer Fußbodenbelag oder so Mr. Green Wie Michael herausgefunden hat, existierten diese Platten nur von 40 - 42 und damit wird es auch nicht mehr so sehr viel überlebende geben. Mal schauen, wenn ich das Teil hier habe sehen wir weiter!


Autor: Nils Verfasst am: 11.02.2009, 03:03 Betreff:
Ja, die Phonoton scheinen wirklich eine Art Vorläufer des Vinyl zu sein. auch in der Konsistens ähneln sie sehr den ganz frühen, dicken Vinyls der frühen 50er Jahre.

Die späteren Versionen tragen auch den Aufdruck "KriegsAusführung".

Angefangen haben sie mit der wundervollen Aufnahme mit Orchester Horst Winter "Komm zurück", eine der schönsten deutschen Versionen Laughing

Ich habe vor ein paar Jahren mal etwas mehr über die Firma in "Fox auf 78" (Dr. Krüger, München) gelesen.
Leider sind mir nur Stichworte haften geblieben...

  • unternehmerischer Wagemut mitten im Krieg
  • gute Qualität , weil rauscharmes Material
  • den großen wie Lindstr?m und Grammophon paßt die neue Konkurrenz nicht ins Konzept, Versuch des Patentabkaufens
  • kein Erfolg, also wird Phonoton systematisch behindert und verdrängt.

(all diesen Dingen war auch Stahmann mit seiner TEMPO ausgesetzt, es gab im Krieg nur noch die drei großen (Lindstr?m, Grammophon,Telefunken), aber Stahmann mit seiner 1-Reichsmark-Platte hielt das alles durch und war so ab 1942 -45 sogar eine der beliebtesten Schallplattenmarken der ganz späten Kriegsjahre)


Autor: Nils Verfasst am: 11.02.2009, 03:13 Betreff:
Nachtrag: mit den flexibelen Platten von Anfang der 30er Jahre, wie z.B. PhonoCORD etc hat die PhonoTON nichts zu tun!

Sie ist im Biegeverhalten wirklich sehr ähnlich einer dicken Vinyl.

Hatte schon öfter mal eine Laughing


Autor: MGW51 Verfasst am: 11.02.2009, 03:34 Betreff:
Lieber Nils,

da bringst Du ein ganz feines Stichwort: Patent!

Damit sollte klar sein, daß es sich nicht um eine bloße NotLösung (wie mit der Lackbeschichteten Pappplatte sondern um einwirklich gutes Material handelt. Die Patentschrift sollte auch dazu etwas konkreteres hergeben.


Autor: Nils Verfasst am: 11.02.2009, 04:52 Betreff:
Zusammen mit dem Stichwort Schr?der / Winzig, Berlin N4 läßt sich da viellicht wirklich was bei den Patenten graben Laughing

geht da irgendwo online ?

Schade, daß ich nicht an den Artikel aus der Sammlerzeitung "Fox auf 78 " komme !

da war ein sehr detailreicher Artikel mit viel Recheche eines Sammlers über die Firma drin ! Evil or Very Mad


Autor: michael48 Verfasst am: 11.02.2009, 15:55 Betreff:
Tja, des Rätsels Lösung habe ich auch noch nicht gefunden. Im Berliner Telefonbuch von 1938 gibt es den Namen Winzig überhaupt nicht und unter Schr?der habe ich adhock auch nichts in Berlin N4 gefunden. Allerdings gab es tatsächlich schon mit dem Kriegsbeginn Probleme, die hohe Anzahl an Plattenproduktionen aufrecht zu erhalten. Auf der einen Seite gab es die beh?rdliche Auflage, kulturelle Institutionen, Rundfunksender, Truppenbetreuungsorgane und Privatnutzer zur Schaffung einer günstigen Stimmung mit Schallplatten zu versorgen, auf der anderen Seite wurde das Personal immer mehr kriegsverpflichtet und die Rohstoffressourcen eingeschränkt. Allein bei Telefunken gab es von Kriegsbeginn bis - ende noch lediglich rund 500 verschiedene Platten, die in den begrenzten Katalogen angeboten wurden.

Man hatte bis 1939 auch einen hohen Qualitätsanspruch erreicht, den die Plattenhersteller nicht mindern wollten. Durch vieljährige Experimente und Erfahrungen in der Schelackherstellung hatte man eine hohe natürliche Klangtreue erreicht und durch den Zusatz von Gasru? bekam die Platte ihre glänzende Oberfläche. Die grüssten Unternehmen wie Lindstr?m und Telefunken legten ihr Augenmerk auf die stetig verbesserte Aufnahmetechnik. Selbst als es schon in den ersten Kriegsjahren für die Herstellung der Platten einen zeitweiligen Lieferstop aus den überwiegend aus Indien stammenden Rohstoff Schellack gab, blieben die führenden Plattenfirmen bei der Herstellung des Schellacks, obwohl zunehmend im Recycling-Verfahren alte im Geschäft abgegebene Platten für Neupressungen wiederverwendet wurden.

Das Reichspropagandaministerium machte den grossen Plattenfirmen den Vorwurf, angesichts des teuer und schwer zu importierenden Schellacks keine auch nur irgendwie gearteten Versuche zur Verwendung deutscher Rohstoffe durchgeführt zu haben. Die grossen Plattenfirmen, wie Electrola, Lindstr?m und Telefunken konnten sich zur Entwicklung von schellackfreien und zudem unzerbrechlichen Kunstoffmaterial nicht entschliessen.

Da grenzt es schon an ein Wunder, das ein so kleines Unternehmen wie Schr?der und Winzig & Co ein schellackfreies Material für ihre Platten nutzte und selbst die Tempo, die um 1940 ja auch erst ein kleines aufstrebenes Werk war nicht dieses Verfahren übernahm.

Ich bin der Meinung, dass es natürlich zum einem an der Ignoranz der grossen Plattenfirmen scheiterte, auf der anderen Seite Phonoton nicht mit Namen konkurieren konnte, die es bei Electrola, Odeon und Telefunken gab. Das einzige mir bekannte Zugpferd bei Phonoton war Eugen Jahn, der vorher bei Brillant mehrere Tagesschlager aufnahm und der aus der Berliner Carltonbar junge Klarinetist und S?nger Horst Winter. Auch die KlangQualität liess wohl den Plattenbossen die Nase r?mpfen. Die geringere KlangQualität stand den unter imensen Aufwand getriebenen technischen Errungenschaften in der Elektro-Akustik entgegen. Allein zuerst für milit?rische Zwecke wurde ein elektro-akustisches Verfahren entwickelt, das bei der Musikwiedergabe eine bis dahin nicht gekannte Brillianz und Originaltreue ermöglichte. Nach dem Krieg wurde das Verfahren für die zivile Plattenherstellung genutzt und trug die Bezeichnung "ffrr" (full frequency range reproduction).

Das Phonoton so ein kurzes Leben beschert war kann auch darin begründet sein, dass das Reichspropagandaministerium zunehmend kriegsunwichtige Institutionen aufl?ste, bis zur generellen beh?rdlichen Schliessung am 31.12.1943.


Autor: Nils Verfasst am: 11.02.2009, 16:49 Betreff:
Danke, Michael Smile

Sehr interessant !

Von der Schließung Ende 1943 waren aber nicht die Plattenfirmen betroffen.
Unser guter Horst H. Lange ging ja auch davon aus, aber liegt hier einfach falsch.

Tempo nach nachgewiesenermaßen noch bis Ende 1944 Platten produziert, eine der letzten liegt mir vor, aufgenommen am 8.11.44, gekauft zu Weihnachten 44 in einem Plattenladen in Potsdam.

(Ich weiß, daß ich Dich lieben muß, Horst Winter)

Hier sind leider ganz böse Fehler beim Lange in den späten Aufnahmedaten bei Tempo. Auch bei Imperial und Grammophon stimmen die Daten leider nicht.

Von Grammophon habe ich eine Testpressung mit Fritz Stamer vom Januar 1945 Mr. Green


Autor: TipFox Verfasst am: 11.02.2009, 17:13 Betreff:
Was die Frage nach der Patentrecherche angeht: es gibt so etwas beim Patentamt ( https://dpinfo.dpma.de/ ) - nur kann ich damit nicht umgehen Laughing
Zuletzt bearbeitet von TipFox am 05.01.2014, 17:27, insgesamt einmal bearbeitet


Autor: michael48 Verfasst am: 11.02.2009, 17:30 Betreff:
Ich danke Dir, lieber Nils, für deine Berichtigung. Meine Recherche habe ich aus dem Heft "Deutscher Grammophon-Club e.V." vom Mai 2003. Mit dem Thema "... und nun eine Telefunkenplatte!" Zur Geschichte der Telefunkenplatte GmbH. Und der Schallplatten-Fibel von 1939.

Ja, mit diesen Berichten von den Nachk?mmlingen einer Generation aus einer leider versunkenen Lebenskultur verhält es sich genauso wie mit den Beschreibungen über das Thema Jazz. Es ist immer ein Teil Wahrheit und ein Teil Geflunkertes dabei. Wenn etwas nicht ganz stimmig ist, dann wird es halt stimmig gebogen. Das stört mich schon, besonders Halbwahrheiten, die natürlich mit den Abstand zu dieser Zeit immer häufiger werden.

Ich denke nämlich auch, dass sich die beh?rdliche Schliessung auf die öffentlichen Veranstaltungsorte, wie Theater, Variete und Tanz, bezog. Telefunken hatte ja immer noch Verbindungen zur tschechischen Ultraphon und verlagerten ihre Aufnahmetechniken 1943 nach Prag. Bei der Grammophon wurde schon 1943 im Bombenhagel das Werk in Hannover zerstört, so dass im Juli 1943 die letzten offizielen Aufnahmen eingespielt wurden. Danach fanden dann nur vereinzelte Aufnahmetätigkeiten statt, Man muss ja auch davon ausgehen, dass auch die Rundfunkplatten bei Grammophon hergestellt wurden. Ist denn halt nur die Frage, wenn nicht in Hannover, wo dann? So auch deine Platte vom Januar 1945.

Das Tempo solange Platten aufnehmen konnte, finde ich schon erstaunlich. War es doch ein eher unbedeutendes Label. Doch allein Kurt Widmann hat ja in seiner Imperator-Diele fast bis Kriegsende Musik gespielt, bis dann das Haus in der Friedrichstrasse völlig ausbrannte. Meine Mutter gehörte damals zur Swingjugend und sie schwärmte geradezu von den Nächten in der Imperator-Diele. Wenn woanders die Lichter ausgingen, bei Kutte Widmann war die Bude gerammelt voll.

Und das waren ja dann auch die späten swingenden Zugpferde auf Tempo, Widmann, Ette, Winter, der das Tonstudio extra mit dicken Wolldecken ausstaffierte, damit er mit seinen Jungs den Sound von Artie Shaw erzeugen wollte, und natürlich Heinz Burzinski.

Also , ich gebe dir recht, von der beh?rdlichen Schliessung waren die Plattenstudios nicht betroffen,


Autor: michael48 Verfasst am: 11.02.2009, 21:13 Betreff:
Wenn ich so überlege: Thomas A. Edison ist, als er den grossen Boom der Berliner Grammophonplatten bemerkte, 1911 von Walze auf Platte umgestiegen. Allerdings hatte sein Chemiker Dr. Jonas Aylsworth einen anderen Pressstoff entwickelt als das herkömmliche Schellack. Die sogenannten Diamond Disc aus dem Hause Thomas A. Edison bestanden aus Phenol, Formaldehyd, Holzmehl und Lösungsmittel. Die Diamond Disc hatten keine Seitenschrift wie die herkömmlichen Schallplatten, sondern Tiefenschrift und wurden mit einem Diamant-Saphir von etwa 100?m abgespielt.

Kunstharze aus Phenol gehören zu den ältesten Kunstoffen, die industriell hergestellt wurden.Das Phenolharz gehört zur Gruppe der Duroplaste, die sehr hart sein können. Wir kennen das Phenolharz in Form von Bakelit. Viele Rundfunkgeräte und Telefone wurden aus Bakelit gebaut.

Nur, wenn ich Herrn Lange Glauben schenken darf wenn er sagt, die Phonoton sei vom Material her die Vorstufe zur Vinylplatte, und wenn ich mir die Phonoton im Vergleich zu einem BakelitGehäuse betrachte, glaube ich nicht, dass die Phonoton aus einem Kunstharz mit Phenol hergestellt wurde.

Der Grundbestandteil einer Vinylplatte ist PVC Polyvinylchlorid, PE Polyehthylen scheidet aus, weil die industrielle Herstellung erst ab den 50er Jahren wirtschaftlich war.

Also PVC, das Oberflächenbild der Phonoton kommt dem schon sehr nahe. 1835 entdeckt, 1912 für die Fertigung von Filmen, Kunstf?den und Lacke als Kunstoff entwickelt, 1928 erste industrielle Fertigung in den USA, 1930 bei der BASF in Deutschland und 1935 bei den IG Farben.

Das Polyvinylchlorid ist kein Duroplast, sondern gehört zu den Thermoplasten, Zu dieser Familie zählen übrigens auch die Decelyth- und die Acetat-Platten. Die vom Herstellungsverfahren allerdings teurer waren als der Rohstoff für Schellackplatten.

Da ab 1948 generell die Longplay Platten (LP) aus PVC (daher der Begriff Vinyl) hergestellt wurden und schon 1930 in Deutschland Kunstoffe mit harten und weichen PVC industriell produziert wurden, ist meine Meinung, der Grundstoff für die Phonoton ist Polyvinylchlorid, sprich: PVC


Autor: MGW51 Verfasst am: 12.02.2009, 04:45 Betreff:
Nunja, wir werden uns überraschen lassen Smile

grundsätzlich - es steht ja die "Unzerbrechlichkeit" im Vordergrund, ist auch noch anderes Material denkbar; etwa Celluloid, oder gar schlagfestes/schlagzähes Polystyrol = Styroflex. Ich bin jedenfalls gespannt, was der Postbote in den nächsten Tagen ins Haus bringt.
Mit dem Verkäufer bin ich inzwischne am korrespondieren und habe ihm auch mein Interesse an kleinen Filmtonplatten - also keineswegs an den "Wagenr?dern" bekundet. Sein Fundus beträgt mehrere Tausend Stück! Auch Sendeplatten sind darunter und ich werde wohl bald ein weiteres Paket aus Dortmund erhalten Smile


Autor: Nils Verfasst am: 12.02.2009, 06:18 Betreff:
Ihr m??t bei alledem bedenken, daß diese Platten noch für eine relativ schwere SChalldose konzipiert waren.

Also muß eine gewisse hörte / oder Beimengung schon sein, reines Vinyl ist viel zu weich und würde keine einzige Abspielung mit Schalldose überstehen, ohne kaputt gepflügt zu werden.

Wenn die Phonotons neu waren, hatten sie sicher eine recht rauscharme Wiedergabe, aber ich kann mir vorstellen, daß sie sich eben auch wesentlich schneller abnutzten als herkömmliche Schellackplatten.

Im Telefunken-Pr?fbuch sind Prüfungen aller Matrizen mit 70 mal abspielen verzeichnet.
Diese 70 mal mußte die Testpressung (mit ihren Aussteuerungen, Bässen etc) mindestens noch befriedigend überstehen, um freigegeben zu werden.

Ab 100 mal spielen (mit schweren Tonkopf/Schalldose) gelten alle Schellackplatten als abgenutzt.

Der Rundfunk hatte extra Aufkleber, auf denen 60 Zahlenkistchen waren und jedes Abspielen markiert wurde.
Nach 60 mal spielen wurden die Platten spätestens wegen abnehmender Qualität ausgemustert.


Autor: michael48 Verfasst am: 12.02.2009, 17:52 Betreff:
Da freue ich mich für dich, Michael, dass du auf den Richtigen gestossen bist. Herr Streiff hat in seinem Laden in der Kruppstr. in Berlin lediglich noch 5 oder 6 Filmtonplatten von gängigen 40cm Durchmesser. Die amerikanischen Platten gehören nicht zusammen, sondern jede gehört zu einen separaten Film. überwiegend aus der Metro-Goldwyn-Mayer Production. Obwohl die Platten schon etwas mitgenommen aussehen, allerdings keine grauen Rillen, möchte er je Platte 100 Euros haben. Dazu hat er allerdings auch das passende Buch. Das Buch besteht hingegen aus 2 B?cher etwa 60 Euro je Buch, das 2. Buch hatte ihm schon jemand abgekauft. Gerade der 2. Band ist der interessantere, weil dort die Apparaturen gezeigt werden, Filmprojektor mit darunterliegend gekoppelten Abspielgerät für diese Filmtonplatten. Der erste Band ist auch reich bebildert mit den einzelnen Komponenten zur Film und Tonvorf?hrung.

Was die "Wagenr?der" betrifft, die ich damals in den 70ern in der "Nolle" sah, handelt es sich nicht um Tonfilmplatten. Tonfilmplatten sind eigentlich nicht Größer als 50 cm Durchmesser. Diese riesigen 1m Platten waren Musikplatten von der französischen "Path?". Die Path?-Platten waren meiner Meinung nach s?mtlichst in Tiefenschrift, die Riesenr?der auf jeden Fall, und wurden auf spezielle Grammophone mit Diamant-Saphir abgespielt. Und das kommt auch hin, denn ich erinnere mich, als ich auf die Labels dieser riesigen Platten schaute, war alles in französischer Schrift.


Autor: michael48 Verfasst am: 14.02.2009, 00:00 Betreff:
Celluloid und Polystyrol? für mich schwer vorstellbar. Im August 1888 unternahm Emil Berliner erste Versuche mit Abdrücken von einer Zinkplatte mit Zelluloid. Diesen Werkstoff bezog er sich von dem Erfinder dieses neuen Kunstoffs, John W. Hyatt. Doch Zelluloid erwies sich schnell als technisch unbrauchbar und so gibt es heute weltweit nur sehr wenige seiner experimentellen Zelluloidplatten, der sog. Hyatt Discs.

Polystyrol? In den 30er Jahren wurde Polystyrol schon industriell hergestellt. Aber als Schallplatte? - das würde auffallen. Polystyrol ist ein sehr glatter Kunstoff, der sehr hart sein kann. Sein Nachteil ist aber seine Spr?digkeit, er neigt schnell zu Brächen bei Zug und Biegekr?fte. Wenn man gegen eine Polystyrol-Platte klopft, so klingt sie ähnlich dem Glas. Wenn du gegen eine Phonotonplatte klopfst, klingt es eben nach Plastik und du sp?rst es auch. Schau dir den Deckel einer Butterdose an. Der ist aus Polystyrol. Er ist wunderbar transparent und formstabil, aber wehe, das Teil fällt dir runter, es gibt sofort Risse und wenigstens ein dreieckiges Stück bricht raus.

Eine meiner Phonotonplatten zeige ich hier. Es ist eine extrem seltene Platte von Eugen Jahn, darauf der
Swing Fox "Cyklon"

Wenn man sich das Loch mal genauer anschaut, dann sieht man die Bruchstelle dort oben links. Und schaut man auf diese Bruchstelle genauer hin, stellt man fest, dass die Bruchstelle mehr rechteckige Ausbr?che hat und diese auch, wie bei einer herkömmlichen Schellackplatte, leicht pulverisiert schimmern.Das ist auf dem stark komprimierten Foto eigentlich nicht zu erkennen.

Darum bleibe ich noch bei meiner Meinung, wie Nils so schön zu sagen pflegt, ihr könnt mich totschlagen. Die Phonotonplatte muss ein Gemisch aus PVC und Schellack gewesen sein. Sie ist leichter als eine Schellack, allerdings auch wieder schwerer gegenüber diesem seltsamen Teil hier in dem unteren Bild, Eine Präsentationsplatte für eines der Alben die Mitte der 40er Jahren sehr populär waren. Die Platten in den Alben, wie hier Wayne King, waren aus Schellack, doch diese Verkäuferplatte war aus dickem Vinyl mit den Schellackmatrizen darauf. Die V-Disc, die Platten für die amerikanischen Soldaten, waren auch ab 1944 zunehmend 30cm Vinylplatten, natürlich mit Normalrillen und 78 Umdrehungen.

Die letzte Gewissheit werden wir nur aus zeitgenössischen B?chern oder Berichten erfahren, es sei denn Nils findet den Artikel in "Fox auf 78". Eine wirklich spannende Frage, und ich bin sicher, wir werden sie lösen.


Autor: MGW51 Verfasst am: 14.02.2009, 07:42 Betreff:
Lieber Michael,

da sich das Patent ja auf die Platte selbst bezieht, kann es eigentlich kein "reiner" Kunststoff wie PVC oder Polystyrol oder auch Zelluloid sein - diese Stoffe brauchten ja nicht erfunden werden sondern sie waren bereits verfügbar.

Denkbar ist für mich nur eine Kombination der vorhandenen Materialien, wodurch es letztlich möglich ist dem Produkt neue, andere Eigenschaften zu erteilen.

Nurmal am Rande bemerkt: daß Polystyrol zerbrechlich sei, ist ein Irrglaube! Aber freilich kann man Polystyrol genauso zerbrechlich wie Polyvinylchlorid machen - indem man ihm die Weichmacher entzieht!

Rein von der Chemie her verspr?den thermoplastische Kunststoffe kontinuierlich durch ein andauerndes diffundieren ebendieser Weichmacher aus den Tiefen des Materials heraus. Sie werden an die Umgebungsluft abgegeben - das Ergebnis ist durchaus umstritten und es gilt als sicher, daß einige dieser fl?chtigen Bestandteile karzinogen einzustufen sind.

Alle (mir) bekannten Weichmacher habe eine extrem hohe Affinität zu tierischen (organischen) Ölen und Fetten! Das ist die Erklärung dafür, weshalb eine Butterdose eben so gut wie keine Weichmacher enthalten darf! Bei Spielzeugen sieht das schon wieder anders aus - da darf z.B. Polystyrol nicht zu Splitterbrächen neigen denn diese bergen ein hohes Verletzungsrisiko. Als Gehäuseteil von elektrischen Komponenten muß Polystyrol einen Absturz aus Tischh?he unbeschadet überstehen - anderenfalls muß ein anderes Material eigesetzt werden. Es gibt Polystyrol als Rohstoff in den Ausführungen "schlagfest" und "schlagzäh" - Gegenst?nde daraus kann man durchaus Erfolglos mit einem Hammer maltr?tieren! Das macht sie zugegebenermaßen nicht schöner aber es hilft beim Abbau von Aggressionen Mr. Green

Ich laß mich erstmal überraschen wie das Teil beschaffen sein wird.

daß es sich um eine Gemisch, besser ein Gemenge verschiedener Stoffe handelt steht für mich außer Zweifel. Insofern wollte ich das auch nicht so verstanden wissen, daß diese Platten aus einem der genannten Stoffe best?nden - so wie z.B. meine "kleine Styroflexzitrone" sondern daß die Erfindung darauf abstellt, den teuren Schellack zu substituieren. Das "Läuseblut" hat ja lediglich die Aufgabe, dem Pulver als Bindung zu dienen - in der Farbenindustrie genau wie in der Plattenindustrie. Da auch Schellack geringe thermoplastische Eigenschaften besitzt, liegt es auf der Hand im Reich der Kohlenwasserstoffe nach einer ErsatzLösung zu forschen. In dem Sinne ist mir eben Styroflex = Polystyrol genauso vorstellbar wie auch Zelluloid / Acetylzellulose / Polyvinylchlorid. Ausschlaggebend ist nicht zuletzt der damalige Preis für einen dieser Stoffe und da denke ich, daß Zelluloid ganz vorne mitspielt! Nicht zuletzt hat es eine rel. niedrige Verarbeitungstemperatur.

ich werde mich nicht scheuen, ggfs. der Platte eine Materialprobe zu entnehmen.

Es gab ja viele Versuche materialtechnischer Art - eine Aluplatte mit transparenter Lackbeschichtung ist mir u.a. erstmal avisiert worden - ob ich die auch bezahlen kann / will muß sich erst noch herausstellen. Leider bekomme ich keine staatlichen Subventionen weil ich zu wenig fremde Milliarden verzockt habe Sad


Autor: michael48 Verfasst am: 14.02.2009, 10:15 Betreff:
Ach Gott, eine Materialprobe von der gut erhalten aussehenden Phonoton? Als Intermezzo Foxtrott arrangiertes Stück vom "Spröhregen" hat die Platte auch seinen gewissen Reiz. Bei solchen martialischen Methoden streuben sich bei mir die noch dürftig erhaltenen Haare. Bei Ihbee gibt es doch bestimmt noch eine andere uninteressante Phonotonplatte. Wo der Verkäufer eine zerschrubbte mit der Bewertung "dem Alter entsprechend gut erhaltene Platte" offeriert. Notfalls schaue ich mal nach so einem Exemplar für Versuchszwecke.


Autor: MGW51 Verfasst am: 14.02.2009, 10:26 Betreff:
Lieber Freund, ich will die Scheibe ja nicht shreddern!

Ein, höchstens zwei kleine Bohrkerne aus dem Bereich des Etikettes oder auch aus dem Auslaufrillenbereich tut der Platte nichts - das / die Löcher sind problemlos "unsichtbar" zu verschließen. Mit Siegellack!

Erstmal abwarten, vielleicht genügen auch schon wenige Feilsp?ne stirnseitig vom Au?enrand...


Autor: michael48 Verfasst am: 14.02.2009, 10:45 Betreff:
Dann bin ich beruhigt!

Gruß, Michael


Autor: MGW51 Verfasst am: 19.02.2009, 18:02 Betreff:
Heute kam das Paket mit der 33-er "Schellack" und der Phonoton. zusätzlich hat der gute Mann noch eine Ultraphon draufgepackt gehabt. Das alles auf ein passend geschnittenes Stück Möbelspanplatte mit Klebeband fixiert!

Da muß schon ein Panzer drüberrollen um Schaden zu machen Smile

Ich habe nur sehr selten solche akkuraten Verkäufer im Ebay erlebt - das ist schon sehr bemerkenswert.
Ein paar andere Absonderlichkeiten hat mir der Ralf B?nschen noch herausgesucht und er hat dazu einen, wie ich meine sehr fairen Preis genannt den ich auch gerne bereit zu zahlen bin.

Sobald ich etwas Luft habe, werde ich mir Hammer und Mei?el der Phonoton auf die Pelle rücken um zu sehen aus was sie wirklich gemacht sind Mr. Green

Ich bin mir aber auch garnicht sicher, ob die 33-er Schellack wirklich eine Schellackplatte ist. Fest steht nur, daß sie mit Normalrille geschnitten wurde.

Fotos von der Modulation mache ich auch noch. Das ist sehr interessant! Man hat die beiden Titel soweit als möglich nach außen, in den Bereich mit den größten Rillengeschwindigkeiten verlegt. Die Platte hat geradezu riesige Auslaufbereiche. Von der Erhaltung her hat der Verkäufer eher noch tiefgestapelt - also das ist wirklich ein überaus empfehlenswerter Kamerad!


Autor: michael48 Verfasst am: 19.02.2009, 18:36 Betreff:
Hallo Michael,

wir dürfen gespannt sein, was du herausfindest. Ich hatte in der Zwischenzeit Herrn Lotz eine Frage gemailt, ob es Unterlagen von Phonoton und vom Tempo-Werk gäbe. Obwohl er über einen grossen Bestand an Bio- und Discographien verfügt, konnte er mir in diesen beiden Punkten keine Antwort geben.

Vom Tempo-Werk, die Frage die mich ebenfalls bewegt, weshalb das kleine Tempo-Werk länger Platten herstellte als andere Unternehmen, hatte deshalb solange Bestand, weil andere Produktionsstätten schon in Schutt und Asche lagen. Es ist durchaus möglich, dass die Schellackplatte von Nils aus dem Jahre 1945 ebenfalls im Tempowerk gepresst wurde, weil auch die späten Reichsrundfunkplatten mit dem DTUO im Tempo-Werk angefertigt wurden. Nur mal so als Randbemerkung.


Autor: Nils Verfasst am: 20.02.2009, 13:14 Betreff:
Lieber Michael,

zur Tempo (wie auch Phonoton) liegen halt neuere Erkenntnisse vor, all dies wurde in dem Periodikum "Fox auf 78" veröffentlicht.
Vielleicht sind die Heftchen noch nachbestellbar.
Herausgeber ist Sammlerfreund Dr. Klaus Krüger, München.
Fox auf 78 hat auch eine Internetpr?senz.

Das Aufnahmedatum meiner Stamerplatte (Januar 1945) kommt übrigens auch von Dr. Lotz Smile eine weitere Aufnahme aus dieser Sitzung "Ich warte auf dich" ist übrigens im Lange verzeichnet. Lange gibt hier pauschal "Dezember 1943" an. Er wollte es nicht anders wahrhaben Smile

Noch etwas Untermauerndes zu Deiner Tempotheorie!

Sicher kennst Du die oft zu findende Platte auf Exportetikett "Polydor", auf dem Etikett nur Tanzorchster , Gesang Horst Winter " Sing, Nachtigall, sing" , Rückseite "La? Dein Herz bei mir zurück".

Beides sind tatsächlich Aufnahmen von der Tempo!

Aber die Nachtigall wird nicht von Winter gesungen, sondern es ist Tempomatrize "ST 1825" und es spielt Ette , Gesang Kurt Reichherzer

Seite "La? Dein Herz..." ( ST 1919) ist wirklich Winter mit seinem Orchester.

Schon seltsam, daß ganz reguläre Tempomatrizen auf Grammophon(Polydor, weinrot) veröffentlicht wurden....

Eine alte Dame aus Potsdam hat etwa von 1940 bis zum Ende bei der Tempo in Babelsberg im Büro gearbeitet. Sie erzählte mir schon damals, daß Tempo praktisch bis zum Schluß gearbeitet hat, aber zum Jahreswechsel 44/45 erstmal aufgehört hat, weil praktisch kein Markt mehr vorhanden war.

Immerhin standen die Siegermöchte schon weit im Land.

Leider, leider ist sie schon vor etlichen Jahren gestorben, sonst hätte ich sie mal richtig interviewed Smile

Von ihr kam auch der Hinweis auf den bekannten Umstand, daß eine (?) Presse der Tempo schon im Krieg nach Ehrenfriedersdorf ausgelagert war.
Vielleicht wurden hier in der sächsischen Provinz noch viel später Platten und Aufträge gepresst, als es unser Wissenstand für möglich hält.

Auch Grammophon in Hannover kann nicht restlos zerstört gewesen sein, die unten abgebildete Musterplatte wurde ganz offenbar noch in Berlin im Januar 45 aufgenommen und ich habe sie auch von einer ehemaligen Mitarbeiterin der Grammophon Hannover.
Die Matrize fand noch den Weg nach Hannover und wurde dort noch zu einer Musterplatte gepresst.

Gruß, Nils

?


Autor: michael48 Verfasst am: 20.02.2009, 15:05 Betreff:
Hallo Nils,

ja, da haben wir wieder typische Beispiele wo Wahrheiten und Legenden sich mit einander verwischen.

Ich habe tatsächlich einige "Fox auf 78" von frühjahr 1998 bis Herbst 2002. Hatte die Bestellung dann allerdings abgemeldet, weil sich die Themen um Platten und Orchester bewegten, die unerreichbar schienen. Meine Situation als Plattensammler hat sich da doch Gott sei Dank zum Positiven fortentwickelt, so dass eine Nachbestellung der fehlenden Exemplare langsam Sinn macht.

Gleich in meiner 1. Ausgabe ist ein Bericht über "50 Jahre Amiga". Es wird geschildert, weshalb die Tempo- und Brillantaufnahmen oft unkorrekt oder gar falsch auf den Etiketten beschrieben wurden, man legte halt keinen allzu grossen Wert auf die Angaben. Man wollte überhaupt erstmal das Geschäft ankurbeln. Im Blickpunkt waren die Eigenaufnahmen der neu entstandenen Amiga.

Die ODEON hat ihr Presswerk Ende 1943 nach Paris verlagert, so dass noch 1944 ODEON-Platten erschienen sind, allerdings in einer schlechten Pappkern-Beschichtung und mit der Bezeichnung "P".

Ich kann jetzt den Arikel nicht finden, woraus hervor geht, dass auch die Grammophon kurz nach Kriegsende ihr Geschäft ankurbelte, mit der Pressung vorhandener Matrizen aus dem Lager in Hannover. Also geht eindeutig daraus hervor, dass auch das Grammophon-Werk nicht vollständig dem Erdboden gleichgemacht wurde.

Tempo hatte immer noch das Werk in Ehrenfriedersdorf, dessen alte Presswerke, trotz veralteter Technik, noch bis 1958 Schellackplatten produzierten.

Herr Streiff in der Kruppstr. hatte bei einer WohnungsaufLösung 1 Meter lange Holztransportkisten der Fa. Tempo aufgespürt, die 1944 nach Dresden gehen sollten. Da Dresden allerdings dem Erdboden gleichgemacht wurde, kamen sie beim Empfänger nie dort an. In der Kiste waren die frischgepressten Scheiben, darunter auch Presswerke mit dem Label des Reichsrundfunks und den Aufnahmen vom DTUO.

Da die Telefunken AG ihre Schellackplatten im überwiegenden Masse im Presswerk der Grammophon in Hannover anfertigen liess (Telefunken besass selbst keine Plattenpressen), wollte man Telefunken und Grammophon vereinen. Als allerdings Anfang der 30er Jahre die Telefunkenplatte sich umsatzig st?rker erholte als die Grammophon, war dem Werk die untergeordnete Rolle der Plattenherstellung zugewiesen. Das Grammophonwerk presste für ihre eigene Hausmarke und für Telefunken. So liegt es für mich nahe, dass sie auch für andere Auftraggeber Schallplatten anfertigte.

Nun muss man sich die Jahre 1944 und 45 und auch noch die Zeit nach der Stunde Null vor Augen führen. Viele Hauptniederlassungen in den großst?dten waren ausgebombt. Nur dem deutschen Gehorsam und der deutschen gründlichkeit ist es zu verdanken, dass sich in dieser Zeit überhaupt wirtschaftlich noch etwas getan hatte. Die Firmenbesitzer hatten ihre Mitarbeiter deutschlandweit zu kleinen Filialen in irgendwelchen d?rflichen Regionen geschickt.

Ein Beispiel sei von meiner Mutter genannt. Sie arbeitete in einer Fabrik, die medizinisch-chemische Instrumente herstellte. Als 1944 das Werk in Berlin ausgebombt wurde, musste sie sich binnen weniger Tage in einer Zweigstelle in einem Dorf in Sachsen oder Türingen (ich weiss es leider nicht mehr) punkt 8 Uhr dort melden. Das Problem war nur, dass kaum noch Züge fuhren, wenn, dann nur mit grossen Verspätungen, weil viele Gleise durch Granattrichter verworfen waren und wenn man dann mehr stehend als fahrend unterwegs war, kam es des öfteren zu Feindangriffen auf die Züge.

In diesem Endkriegs- und Nachkriegs-Wirrwar ist es für mich nicht verwunderlich, dass plötzlich Tempo-Matrizen auf Grammophon- bzw. Polydorplatten erschienen sind.

Genaue Untersuchen können nur diejenigen untereinander vornehmen, die auch solche Kuriositäten in ihrer Sammlung haben. Ich muss da leider passen, weil mein Schwerpunkt mehr auf die Entstehung der Musik zielt, warum die Orchester so gespielt haben und wie die Menschen in dieser kulturell untergegangenen Zeit tickten.


Autor: Nils Verfasst am: 20.02.2009, 15:41 Betreff:
...und nicht zu vergessen das Presswerk in DIEPHOLZ, Niedersachsen, das nun seit mehr als 70 Jahren Platten im Auftrag presst. Ja, noch heute in Vinyl !

Und die Firma hat noch heute den Kopf der Pallas als Markenzeichen, wie dereinst mit auf ihrer Eigenmarke "Pallas" um 1930 und denen der wundervollen Televox-Eigenaufnahmen zu Beginn der Vierziger.

Ich weiß gar nicht, warum die Firma in ihrer Geshichte nur angibt 50 Jahre alt zu sein.
Es steht fest, daß es tatsächlich das alte Auftragspresswerk ist....es müssentstanden dort Schelllackpressungen für alle möglichen Firmen.

PS: sogar die alte Firma ORCHESTROLA (auch damals aus Diepholz) lebt dort noch heute als Kassetten-Tonbandmarke Mr. Green

http://www.pallas-group.de/


Autor: michael48 Verfasst am: 20.02.2009, 16:11 Betreff:
Hach Mensch, was für ein spannendes Thema. Zu schade, dass ich mir über die Entwicklung der Schallplattenherstellung bisher noch keine Gedanken machte und daher auch nur einen winzigen Bruchteil an Informationen hier beisteuern kann. Bisher war ich froh, überhaupt eine Platte zu bekommen, die ich schon lange gesucht hatte. Was ich aus den bisschen, was ich in meinen Unterlagen gefunden habe, herauslesen konnte, dass es über ganz Deutschland verteilt kleine Firmen mit Presslizenzen gab, die im Auftrag der grossen Unterlnehmen, Schallplatten herstellten. Also, da steckt noch eine Menge Forschungsarbeit drin.

Was jetzt hier nun garnicht hinpasst, aber die merkwürdige Erscheinung der Tempo-Matrizen auf Grammophonplatten näher beleuchten kann ... Ne, andersrum: man muss ja auch davon ausgehen, die Werke mussten, um in der Stunde Null zu überleben ja auch Platten verkaufen um das Geschäft wieder anzukurbeln, und da hat man sich halt von dem bedient, was an verwertbaren vorhanden war. Und dann mussten das denn halt auch mal Tempo-Aufnahmen sein, zumal sie grüsstenteils aktueller waren als die letzten 1943 regulär aufgenommen Grammophonplatten.

So, jetzt zurück zu dem Thema, was hier eigentlich nicht hinpasst. Ihr, als langjährige Dampfradioprofis, ich fange jetzt erst langsam wieder an in die Materie einzutauchen, wisst es bestimmt.

Bis in die 50er Jahre hinein produzierte das Werk RFT nicht nur Röhren für ihre eigene Hausmarke, sondern auch für andere.

Radiosammler schwärmen ja für Valvo-Röhren. RFT kommt da nicht rein, so nach dem Motto. Nur, das RFT-Werk hat vormittags für RFT produziert und nachmittags wurde das Emblem von RFT auf Valvo getauscht, und dann wurden im selben Werk die Röhren mit dem Valvo-Zeichen produziert. So Aussage eines ehemaligen Mitarbeiters in dem ehemaligen RFT-Werk.
.
Viele Grüße aus Berlin von Michael


Autor: michael48 Verfasst am: 20.02.2009, 16:45 Betreff:
Ja, lieber Nils, was die Polydor betrifft, mit "Sing Nachtigall sing" mit dem vermeintlichen Horst Winter, und auch deine anderen genannten, werde ich mal bei den nächsten Plattenk?ufen darauf achten. Da ich mehr so der Swingheini bin, hatte ich bisher auf diese Platte noch nicht geachtet. Aber man lernt ja nie aus Very Happy .

Vielen Dank, für Deinen Tipp, Nils. Soo, aber jetzt bin ich gespannt, was Michael herausfinden wird, bei seiner neu erstandenen Phonoton-Platte.


Autor: MGW51 Verfasst am: 20.02.2009, 17:36 Betreff:
Um mal kurz ein paar Fragen aus meiner Sicht zu beantworten:

Nils schrieb wie folgt:
Ich weiß gar nicht, warum die Firma in ihrer Geshichte nur angibt 50 Jahre alt zu sein.


Ich denke schon, daß das richtig ist! Es handelt sich nach meinem Gef?hl um einen der üblichen Etikettenschwindel. Geh mal auf Orchestrola - da erklären die Herrschaften, daß diese Firma 1976 gegründet wurde! Also für mich ist das genauso der übliche Beschiss mit Namen und Marken welche einfach käuflich erworben werden - ggfs. auch noch die Immobilie dazu oder wenn das nicht geht, macht man auch gern eine Briefkastenadresse am ehemals bekannten Firmensitz auf.

Es geht nur darum die Gutgl?ubigkeit der Kunden auszunutzen - etwa mit dem Namen Grundig, der dann u.a. auch auf minderwertigstem Schrott leuchtet und etwas suggerieren soll, was es garnicht gibt! Qualität und Innovation - alles das, was den Ruf einstiger Unternehmen Dank des Engagementes seiner Gründer und Mitarbeiter erst zu dem werden ließ. Es ist schlichtweg Betrug!

Etwas anders verhält es sich, wenn z.B. wie von Micha hier angesprochen, Waren als Auftragsproduktion oder Zukaufprodukte unter fremder Marke verkauft werden. Das hat es zu allen Zeiten gegeben. Gut, es ist auch nicht sauber doch immerhin hat der Kunde der z.B. ein Körting Studio-Kassettendeck kaufte die Gewi?heit, daß er ein Qualitätsprodukt heimträgt und ggfs. dafür auch einen ordentlichen Service geboten bekommt. Wenn gleiches Gerät in anderer Farbgebung dann unter dem Namen Gelhard im Regal steht, unterstreicht das noch gesagtes. Aber auch Sache wo ELAC oder Blaupunkt usw. draufsteht wurden bei Körting gefertigt. Nicht in China sondern in Grassau!

Ein anderer Fall die Röhrenproduktion: Die DDR produzierte für Telefunken, Siemens Tesla, Hoges, Egro und andere Werke bzw. Vertriebsunternehmen. In Westdeutschland wurden stets die Röhren mit dem entsprechenden Label des "Inverkehrbringers" verkauft. In Osteuropa dagegen zumeist, wenn nicht immer - unter dem Label unserer Röhrenwerke nur mit der entsprechenden Schachtel des Kunden. Bei Industrieverpackungen fiel das natürlich auch noch weg.

Ob die Bestempelung in der Mittagspause umgestellt wurde wage ich zu bezweifeln - das ist ein Witz! Ich bin zwar kein Röhrenexperte, doch wenn wir mal die EM11 nehmen, da würde ich für eine Originale TFK-EM11 höchstens halb soviel bezahlen wie für eine aus Neuhaus - egal ob da Hoges oder sonstwas drauf steht. man erkennt diese Röhren am Aufbau und natürlich am Sockel.
EL34 von TFK sollen die besten sein - na klar, die wurden in M?hlhausen und Erfurt gefertigt Smile

Da bei den "einfachen" Rundfunkröhren stets eine recht große Streubreite vorhanden ist, andererseits die DDR 12 Monate Mindestgarantie auf Elektronenröhren für den nichtkommerziellen Einsatz in Heimelektronik gewährte, müssen die wohl auch irgendwie gehalten haben Smile Letztlich ist es so verkehrt auch nicht gewesen, die RWN-Röhren für den Westen mit TFK zu stempeln - vielleicht waren gar noch Reste der alten Farbe im Lager Smile

Zu Valvo kann ich nichts sagen weil ich das nicht weiß. Auszuschließen ist es nicht.

Aber diese Röhrengeschichte endete nicht in den 50-ern sondern mindestens in den 70-ern, wenn nicht noch später.


Autor: MGW51 Verfasst am: 26.04.2009, 17:39 Betreff:
Seit längerem habe ich ja hier nun u.a. auch so eine PHONOTON, die als revolution?r und bruchfest beworben wurden. Also bitte nicht mit "unzerbrechlich" verwechseln! Das sind zwei verschiedene Latschen.

Kurz und gut, einen kleinen Test habe ich mal gemacht. Dazu genügte mir ein wenig Randgeschabsel und entsprechende Lösungsmittel. Wie nicht anders zu erwarten, hat das mit Schellack nichts zu tun denn hochkonzentrierter Alkohol kann den Sp?nen genausoviel anhaben wie guter Brusttee. Der zweite Versuch - nach restlosem Verdunsten des Alkohols - wurde mit Aceton vorgenommen. Es dauerte nicht lange und unter leichtem umröhren l?sten sich die Sp?ne auf; nicht restlos aber doch soweit, daß von den bis dahin geringelten Sp?nen nur wenige kleinste Kr?melchen übrigblieben. außerdem verblieb ein weißlicher Belag in der Schale, nachdem das Aceton restlos verdunstet war. Bilder packe ich noch dazu!

Von diesen Kleinstmengen kann ich nun erstmal keine weiteren Tests machen, was auch nicht beabsichtigt ist. Als nächstes Untersuchungsobjekt muß die "33-er Schellack" herhalten. Das ist natürlich, daran habe ich nie gezweifelt, ebensowenig eine Schellackplatte wie die Phonoton. Es sind halt einfach nur Schallplatten in Normalrillenschnitt - nicht mehr und nicht weniger.

Als letzte Versuche werde ich dann die thermische Umformbarkeit testen. Hierzu muß notfalls ein kleiner Bohrkern aus dem Auslaufbereich entnommen werden. Der Platte selbst tut das nichtmal weh - das Loch kann dann einfach wieder vergossen werden und gut. Ich muß dazu allerdings erst ein entsprechendes Bohrwerkzeug anfertigen. Braucht eben alles seine Zeit...

Nun habe ich hoffentlich ein wenig Eure Neugier bes?nftigen können - wenngleich das ja auch nur der erste von mehreren Schritten ist.



© 2005 print topic mod