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Autor: MGW51 Verfasst am: 09.02.2009, 07:05 Betreff: Schellack mit 33 Upm?
Liebe Freunde,

etwas in dieser Art versucht mir ein Ebayer schön zu reden.
Ich selbst habe erhebliche Zweifel daran und ihm auch mitgeteilt, daß es nach meinem Wissensstand keine Schellackplatten mit weniger als 70Upm gibt und das 33 Upm bei Schellack eher in das Reich der Legende gehören. Da kontert er mir mit Gurgel - dort wären auch 33-er Schellacks vertreten.

Tut mir leid, wenngleich ich nicht daran glaube habe ich gesucht und - natürlich nichts gefunden! Allerdings hat das auch nichts zu sagen denn mit suchen und finden stehe ich eh auf Kriegsfuß wenn es um Gurgel & Co geht.

Weiß jemand von Euch mehr dazu zu berichten?

Mir ist das einfach zu windig - ich schmeisse doch nicht einfach mal so 30 Euronen + Versand zum Fenster raus, noch dazu bei einem Ebayer!

Das soll eine der angeblichen Schellis sein; Bild ist leider(?) nicht!

Paganini/Das Land des Lächelns Philips Minigroove 33 1/3 Heinz Sandauer + das grosse Funkorchester von Radio Wien
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Autor: snzgl
 Verfasst am: 09.02.2009, 08:52 Betreff:
Ich weis nur, daß es Vinyl mit 25cm Durchmesser gab, die mit 33 Upm liefen. Das waren meist Märchenplatten oder klassische Musik. Kann mich auch an einige DDR-Automatikplattenspieler erinnern, (Harmonie, Junior-Automatik, Acec) die drei Stellungen für den Wahlhebel hatten (17, 25, 30) aber nur 33 und 45 Upm.
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Autor: MGW51 Verfasst am: 09.02.2009, 10:58 Betreff:
Ja Gerald, das ist völlig richtig. Die ersten Mikrorillenplatten waren - wenigstens hier bei uns - klassische Zehnzöller. Sie sind immer in PVC gepreßt, ein paar davon besitze ich auch. Die 10"-PVC-Ära ging aber bei uns recht schnell zu Ende; in Westdeutschland dagegen gab es ja bedeutend mehr Hersteller und ich kann nicht sagen wie lange es dort dieses Format gegeben hat. Aber alle Platten die ich in dieser Größe kenne laufen nur dann mit 33, wenn sie Mikrorille haben und diese kenne ich ausschließlich von thermoplastischen Kunststoffscheiben - um es mal so präzise wie möglich auszudrücken.

Schellack ist eben im Gegensatz dazu kein Kunststoff, wenngleich er meistens auch als schwarze Scheibe daherkommt. Steinmehl, Ruß und Tiersekret sind Naturstoffe und haben mit ErdÖl oder gar Braunkohleveredlung nichts zu schaffen.

Allerdings bin ich nicht so vermessen zu behaupten, daß es keine Versuche gegeben hat, Schellack mit 33 Upm als Normalrille zu schneiden. Nichts ist Toyota!
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Autor: snzgl
 Verfasst am: 09.02.2009, 13:13 Betreff:
Ich bin in dieser Richtung nun mal kein Spezialist. könnte mir aber vorstellen, daß es zumindest für minderwertige Sprachaufnahmen möglicherweise Versuche gegeben haben kann. Es wäre so ja möglich, eine längere Spieldauer zu erreichen. Aber andererseits ist mir kein Grammophon (ob nun mechanisch oder elektrisch) bekannt, welches sich auf 33 einstellen ließ. Meistens hatten sie doch nur diesen "+/-"-Hebel um die Drehzahl anzupassen. Ebenso spielt die Oberflächenstruktur der Platte ein Rolle. Vielleicht war es auch garnicht so recht möglich, brauchbare Tonqualität bei so geringer Geschwindigkeit hinzukriegen. Ein moderneres Beispiel wären dann ja die Schallplatten für 16 Upm, wovon ich allerdings auch noch nie eine in der Hand hatte.
Gehört zwar nicht ganz hier zu diesem Thema, wohl eher zum Magnetton. Beeindruckend ist es doch, mal so eine große Platte mit 16 oder gar nur 8 Upm laufen zu sehen, auf dem Assmann-Magnetplatten-Diktiergerät. Gut, der Vergleich hinkt nun etwas aber selbst dort, wird der Unterschied in der Tonqualität deutlich, auch wenn sich die nutzbare Laufzeit beim Geschwindigkeitswechsel verdoppelt.
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Autor: michael48 Verfasst am: 09.02.2009, 13:38 Betreff:
Nein, Michael, der Anbieter will dir einen Bären aufbinden. Am 17.09.1931 brachte die amerikanische RCA-Victor Schellackplatten mit 33 1/3 Umdrehungen heraus. Aufgrund geringer Nachfrage wurde diese Neuerung schnell wieder eingestampft. Wenn Schellackplatten mit 33 1/3 Umdrehungen im Umlauf sein sollten, müssten sie demnach von RCA-Victor sein, aus dem Jahr 1931, vielleicht noch 1932. Ich gehe davon aus, dass diese Platten für Klassik-Aufnahmen bestimmt waren und höchstwahrscheinlich von amerikanischen Orchestern und Sängern gemacht wurden.


Autor: MGW51 Verfasst am: 09.02.2009, 14:00 Betreff:
Lieber Michael, das sehe ich inzwischen genauso denn er hat sich nicht mehr gemeldet!

Von den RCA-Platten weiß ich auch, besser gesagt von dieser "Erfindung" der Langspielplatte. Das hat es aber wohl in Europa nie gegeben denn das waren ja Normalrillenplatten - wenn ich nicht irre.

Doch Du weißt ja auch wie das Leben als Jäger und Sammler so ist Smile man möchte halt doch auchmal etwas "ganz ganz Seltenes " in den eigenen Händen halten Mr. Green

Der Startpreis von 30 Euronen ließ mich erstmal auf sowas Seltenes hoffen - nach der ersten Antwort mit Hinweis auf Gurgel (anstatt eines brauchbaren Fotos!) schöpfte ich freilich keine Hoffnung mehr auf irgendeine Überraschung.
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Autor: michael48 Verfasst am: 09.02.2009, 14:02 Betreff:
Hallo Gerald, ich habe zwar in meinem Plattenfundus auch keine Vinyl mit 16 Umdrehungen. Hingegen als Kind hatte ich 2 Märchenplatten von Polydor mit 16 Umdrehungen, lang, lang ist's her. Also im Sprachbereich gab es da schon einige auf dem Markt. Deutsche Musik-Produktionen mit 16 Umdrehungen kenne ich nicht. Hingegen die Amerikaner hatten mal einige Vinylplatten herausgebracht mit klassischer Musik. Die Hörqualität war jedoch bescheiden. Das Frequenzband wurde wohl bei 8000 oder 9000 Hz abgeriegelt, so dass die Aufnahmen wie von einem Mittelwellen-Empfang klingen.


Autor: michael48 Verfasst am: 09.02.2009, 14:14 Betreff:
Zitat:
Das hat es aber wohl in Europa nie gegeben denn das waren ja Normalrillenplatten


Richtig, darum kann es gar keinen deutschen Interpreten auf diesen Platten geben, weil ja die Matrizen noch live mitgeschnitten wurden. Ein Musikstück von einer Länge Größer als 5 Minuten konnte demnach nur im RCA-Victorstudio gemacht worden sein. Kein anderes Studio hatte zu dieser Zeit solch ein Schneidgerät oder hat es gar probiert.

Vor allem hätte man ein spezielles Grammophon von Victor kaufen müssen, was ja von der Firma auch beabsichtigt war, weil durch die Wirtschaftskrise der Umsatz wieder angekurbelt werden sollte.

Wenn du was besonderes finden willst, dann die amerikanischen Musikplatten mit 16 Umdrehungen oder den Umkehrschluss, Vinylplatten mit Schellackmatrizen. Aber auch das waren durchweg auf Kundenwunsch angefertigte Klassikaufnahmen, allerdings mit unveröffentlichten Takes. His Masters Voice schnitten solche Platten und einige kleine amerikanische Studios.


Autor: MGW51 Verfasst am: 09.02.2009, 14:41 Betreff:
Es gibt 16-er Musikplatten aus Frankreich - habe ich irgendwo auch ein Bild. Es gab solche Platten auch bei uns zu kaufen - allerdings kann ich nicht mehr sagen, was das für ein Label gewesen war. Die Platten wurden m.W. nicht im klassischen Musikalienhandel vertrieben sondern in einem DFD-Treffpunkt auf der Berliner Straße in Görlitz, wo auch Handarbeitszeug wie Schnittmusterbogen, Garne, Modezeitschriften etc. angeboten wurden. Naja, das ist so ca. 100 Jahre her Smile Es ist gut möglich daß es sich um Importe aus der damaligen CSSR oder der ehem. UdSSR oder auch aus Bulgarien handelte. Ich schätze das mal so auf die erste Hälfte der Sechziger, genauer weiß ich es auch nicht mehr.
Wenn es um Besonderheiten geht, dann wäre ich sehr an einer Tonfilmplatte interessiert. Die sind - so glaube ich es zu wissen - von innen nach außen geschnitten um den Anlauf zu erleichtern. Eine Platte ist auch immer eine Filmrolle - das war ein Knochenjob für die Vorführer!
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Autor: michael48 Verfasst am: 09.02.2009, 15:03 Betreff:
Das ist wirklich sehr interessant, mit den französischen Platten. übrigens so nebenbei, der Rundfunksammler mit der 30er Amiga tut sich da ein wenig schwer mit dem Finden in seinen Stapeln. Vielleicht wäre es doch einfacher, mal diesen Amiga-Experten Meyer-na, wie hieß er noch? (Link hatte glaube ich bei Lied der Zeit gepostet) zu fragen. Obwohl dieser Experte nicht gerade zu den freundlisten Menschen gehören soll.

Tonfilmplatten - da erinnere ich noch an den Trödelmarkt im stillgelegten U-Bahnhof Nollendorfplatz, den sog. "Trödelmarkt Nolle". Da gab es Tonfilmplatten mit einem Durchmesser von 1 Meter. Die meisten Tonfilmplatten haben ja sowieso größere Durchmesser, da wird's mit dem Abspielen schwierig. Ich kann ja am Donnerstag mal meinen Plattenverkäufer fragen, was er noch da hat.

Viele Grüße aus Berlin von Michael


Autor: Nils Verfasst am: 09.02.2009, 15:40 Betreff:
Die Gleise des Trödelbahnhofs Nollendorfplatz sind ja wieder alle in Betrieb gegangen, aber den Flohmarkt in den alten Zügen habe ich noch detailliert in Erinnerung Mr. Green

Ihr könnt mich ja totschlagen, aber ich bin der Meinung vor etlichen Jahrzehnten eine solche Schellackplatte mit 33 UPM bessesen zu haben !

Die österreichische Firma HARMONA brachte in den 50ern allerlei Kuriositäten auf den Markt und irgendwie schwebt mir da immer noch so ein Teil mit 33 Runden durch den Kopf, lindgrünes Etikett.

Ich weiß, widersinnig ... aber ich möchte die Sache wirklich nicht in Bausch und Bogen in den Märchenbereich verschieben ...

Gruß, Nils


Autor: Nils Verfasst am: 09.02.2009, 15:58 Betreff:
Etwas ähnliches habe ich eben unter "Harmona" gefunden. http://cgi.ebay.de/070655-LIANE-AUGUSTIN-RUDI-PALME-Harmona-Longplastic_W0QQitemZ200307585067

Nun zur Sache: so ähnlich war die Schellackplatte auch !

Es könnte sich auch hier tatsächlich noch um Schellack handeln, trotz der Aufschrift auf dem Etikett "Longplastic"
Grund : nur zwei Lieder auf einer Plattenseite!

Das wäre ungewöhnlich wenig für Vinyl.
Bei gröberem Material wie Schellack hingegen, wird man einen wesentlich breiteren Schnittabstand der Rille brauchen, was die (nur) zwei Lieder auf einer Seite gut erklären würde.

Ihr seht, irgendwas war da ! Mr. Green


Autor: michael48 Verfasst am: 09.02.2009, 15:58 Betreff:
Hallo Nils,
also heisst es beim nächsten Streifzug über Flohmärkte die Plattenstapel mal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Ach ja, der "Nolle" war in den 70ern schon ein interessanter Ort. In dem Glasgebäude hinter den Treppen war eine gemütliche Kneipe eingerichtet, in der Wochende kleine Bands Klasse Dixieland und anderen flotten Jazz spielten. Da ging manchmal richtig die Post ab.

Doch genug geschwärmt, in diesem Thread geht's ja um 33er-Schellacks.


Autor: Nils Verfasst am: 09.02.2009, 16:45 Betreff:
... und noch'n Nachtrag !

Auf dem Etikett meines Links steht tatsächlich " 33 Umdr. NORMALsaphir"

Michael, wahrscheinlich handelt es sich hier wirklich um so ein Schellackding mit 33 Mr. Green

Den Anbieter kenne ich übrigens, er ist etwas trocken, aber versteht sich als alter Sammler auf dem Gebiet!

Gruß, Nils

(PS an Berlin-Michael : die Kneipe kenne ich inklusive Musik, Bouletten und Soleiern ! Cool


Autor: MGW51 Verfasst am: 09.02.2009, 19:31 Betreff:
Naja, auf so eine Scheibe bin ich schon aus - wenn es denn Schellack ist.
Mir widerstrebt es allerdings "Longplastic" mit "gebackenem Mineralstoff" in Verbindung zu bringen.

Das Problem ist allgemein dieses, daß ich schon mehrfach auf derartige Offerten hereingefallen bin. Trotz Rückfragen schwörten die Anbieter Stein und Bein daß es sich um Schellis handeln würde. Naja.

Wenn es wenigstens ein Etikettenbild geben würde - da könnte man schon etwas mehr anfangen. Der Anbieter sollte mir eigentlich die B-Nr. mitteilen - aber da hat sich bisher auch nichts getan.

Also warten wir mal weiter ab.
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Zuletzt bearbeitet von MGW51 am 17.02.2014, 08:14, insgesamt einmal bearbeitet


Autor: michael48 Verfasst am: 09.02.2009, 20:49 Betreff:
Hallo Michael, die 10 Euronen plus 7 Euronen Versand wären ein Versuch wert, dazu noch Zustand E. Ich habe mal ein wenig gegoogelt. Auf einer Seite hat jemand Aufnahmen von Harmona-Platten aufgelistet. Er sagt, dass diese Platten ein Zwitter sind zwischen einer Schellack und einer 25cm-Vinyl. Die Harmona Longplastic soll sich wie eine Schellackplatte anfühlen. Also, wenn du mich fragst, würde ich die 10 + 7 Euronen Versand = 17 Teuro mal ans Bein binden, um mit dieser Vinylvorstufe Bekanntschaft zu machen.

Was deine eingangs erwähnten Philips Minigroove betrifft, glaube ich an keine Schellacks. Auch hier habe ich mal gegoogelt und stieß leider nur auf niederländische Seiten. Na ja, mit ein bisschen englisch und deutsch gemischt und mal ein bisschen schräg gedacht, konnte ich mir ein paar Sätze zusammenreimen.

Minigroove, dahinter verbirgt sich "Feinschnitt", also zu deutsch Mikrorille, wie jede normale Vinylplatte. Da ja bei Philips schon immer Tüftler gearbeitet hatten und viele Techniken revolutionierten, hat Philips um 1950 die ersten Minigroove 78 sogar in 7 Zoll herausgebracht. Ich verstehe darunter Platten, die mit einem Mikrosaphir mit 78 Umdrehungen abgespielt wurden. Ob die nun noch aus Schellack oder schon aus Vinyl waren, konnte ich der Webseite nicht entnehmen. Etwas später kamen dann die Philips Minigroove 33 1/3 heraus, im Grunde genommen nichts anderes als eine normale Vinylplatte. Was vielleicht an dieser Stelle noch interessant wäre, das Philips mit ihrer Minigroove 45 im Jahr 1953 die erste 45er Single weltweit herausbrachten und 1957 weltweit die erste Stereoplatte.

Es gibt ein Buch mit einer Discographie, Philips Minigroove: The First 10 Years, zu kaufen.

Aber 30 Euronen für Paganini/Das Land des Lächelns mit Heinz Sandauer und seinem Funkorchester von Radio Wien, ich weiss nicht. Ohne die Platte gesehen geschweige denn gehört zu haben? Aus dieser Zeit werden zur Zeit im Internet mehrere deutschsprachige Minigrooves angeboten. Meistens leichte Musik, so wie diese.


Autor: Nils Verfasst am: 10.02.2009, 01:00 Betreff: RMAL
Ja, Michael Z, ich finde auch, es ist ein interessantes Angebot, wenn man sich für derlei interessiert.

Meine damalige "Schellack" mit 33 war wahrscheinlich ganz genauso eine und ja, sie war von Gewicht und Handhabung, Zerbrechlichkeit nicht von Schellack zu unterscheiden.

Eventull erklärt sich ja das "Longplastic" wirklich durch eine geringe Beimischung irgendeines Plaste-Anteils zur klassischen Schellackmischung.

Interessant ist die Platte allein schon deswegen, weil hier 33 Umdrehungen in NORMALSCHNITT realisiert sind.

Mir ist absolut nichts ähnliches bekannt, wo 33 UPM mit Schellacknadel/saphir gespielt werden können Laughing


Autor: MGW51 Verfasst am: 10.02.2009, 06:39 Betreff:
Ich denke auch, daß es einen Versuch wert ist bei diesem Anbieter zu kaufen. Der vorgenannte Ebayer hat sein Angebot zwischenzeitlich beendet - ohne die versprochenen Bilder zu liefern!

Das sagt wohl dann genug aus.

Minigroove = Feinschnitt! Naja, darauf muß man erst kommen Smile
Eine solche Definition läßt dann ja auch keine Verwechselung mit Füllschrift zu.

Jetzt bin ich schonmal tierisch neugierig auf die Platte und das was aus der Rille kommt Smile Ich werde Euch berichten!
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