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Hallo Kollegen,
wie schon geschrieben bekam ich vor einem Monat quasi als Bezahlung für Reparaturen an zwei Röhrenradios eine Kompaktanlage des Herstellers Telefunken aus dem Jahr 1975 geschenkt. Die war in unklarem Zustand und hätte auf den SperrmÖll geendet, hätte ich mich nicht ihrer angenommen. Hier ist die Katalogseite von 1975:
(Bildquelle:Archiv, Ursprungsdatei= http://telefunken.te.funpic.de - Seite ist nicht mehr aufrufbar!)
Dieses Modell war eine Kombination zweier Spitzenmodelle, der Plattenspieler S500 wurde mit dem um diverse SensorElemente bereicherten Receiver Opus 6060 verheiratet. Damit dürfte diese Anlage knapp 2000 Mark gekostet haben, was eine schöne Stange Geld war.
Der Ausgangszustand war gut, alles funktionierte prinzipiell, war allerdings stark mit schmierigem Dreck überzogen, der erst einmal runter mußte.
Zun?chst habe ich mich mal mit dem Plattenspieler befa?t, der hat einen geregelten Gleichstrommotor, der seine Kraft über einen breiten Riemen auf den Teller überträgt. Der lief in beiden Geschwindigkeiten zu schnell, woran die Pitchregler nur marginal etwas änderten. Da gibt es aber für jede Geschwindigkeit je ein nur von unten erreichbares Poti, welches eine Grobregulierung erlaubt. (Ihr ahnt es: BDA und Schaltpläne waren auch noch dabei !) Diese habe ich nachgestellt und schon lagen die Geschwindigkeiten wieder im grünen Bereich. Auch die Liftbank war schwergängig, ein paar Tropfen FeinÖl auf den Kolben der LiftMechanik brachten hier Abhilfe. außerdem mußte auch der Lift ein wenig nachgestellt werden. Die Bewegung des Lifthebels wird über einen Bowdenzug an die LiftMechanik weitergegeben, außerdem wirken noch ein Elektromagnet und eine Feder mit, alles zusammen erlaubt ein sanftes Hochfahren des Liftes am Plattenende. Es ist dies ein Leckerbissen für Freunde der Mechanik, man muß es gesehen haben, um es zu glauben.
Im Receiverteil mußten einige Birnchen ausgetauscht werden, unter jeder der Sensortasten sitzt so ein winziges Teil, das Ausl?ten ist dem Bereich der Neurochirurgie zuzuordnen. Dafür mußte das gesamte obere Cover ab, was aber vergleichsweise einfach geht. außerdem war natürlich, wie bei fast allen Geräten dieser Bauart, der AM-Drehko fest (UKW geht mit Abstimmspannung.) Beim Gangbarmachen dieses Drehkos ri? mir prompt das Skalenseil, welches dann neu aufgezogen werden mußte.
Ich weiß, in vielen Augen ist das Anbohren der Laufbuchse des Drehkos zwecks Injektion von WD40 reine Barbarei, ich habe es aber trotzdem gemacht, weil ich sonst die ganze Mimik hätte komplett zerlegen en. Ich bin halt kein Perfektionist, wie unser Henning, aber funktionieren muß es schon. Die Laufbuchse ist allerdings dermaßen groß, daß ein oder zwei Bohrl?cher wirklich nicht schaden. (Henning, wann schreibst Du was über Dein Transall ?)
Abschließend mußten noch die Tastenz?ge für Rauschfilter und Linear gängig gemacht werden. Da waren leider ein paar kleine Plastikmitnehmer an den Schaltb?geln abgebrochen, ein paar Tr?pfchen Sicomet brachten Abhilfe.
Alles in allem haben mich diese Reparaturen ca. 10 Stunden Arbeit gekostet, das ist sicher nicht in irgendeiner Form wirtschaftlich, dafür kann ich jetzt täglich eine der wirklichen Spitzenkompaktanlagen der 70er genießen, das hat wirklich auch was. Zumal die Nadel des Shure M91ED offensichtlich noch im fast neuen Zustand ist, die Vorbesitzer hatten vor der Einführung der CD vor 23 Jahren nochmal investiert.
Klanglich ist das Gerät sehr fein, vom UKW-Empfang her bleibt der Grundig RTV900a aber ungeschlagen. Er bringt an gleicher Antenne mehr Stationen rauschfrei herein.
Der pure Genuß an dieser Anlage ist unbedingt seine Sensortastenmimik. Bei UKW-Betrieb reicht ein Beröhren des Hauptabstimmrades, um von dem gewählten Preset auf die Hauptabstimmung umzuschalten und den Skalenzeiger zu beleuchten. Das finde ich einfach SPITZE ! (Hops !)
Wer Platz hat und so eine Anlage angeboten bekommt: kaufen !
Aber ernsthaft: warum will diese Geräte heute keiner mehr haben ? Mehr als ein paar Euro bei ebay gibt es kaum mal dafür, schlimmstenfalls droht tatsächlich der SperrmÖll.
Holger |
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