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Lieber Andre,
man muß grundsätzlich zwei Epochen auseinanderhalten: jene von 56 bis 89 und die welche etwa um 1995 herum anfing und in unseren Tagen so richtig brummt.
Der Entwicklungsbeginn der Serie in Köpenick führt zurück in das Jahr 1953. Diese Zeit, in der noch ein großer Teil der DDR-Wirtschaft von den SAG geprägt war, kennzeichnet das Smaragd als ein durchaus modernes Gerät - als es, nach politisch bedingtem Entwicklungsstop dann in der zweiten Hälfte des Jahres 1956 in die Fertigung übergeführt wurde, war es noch unreif aber bereits hoffnungslos veraltet. Es stand aber wenigstens im 56-er Weihnachtsgeschäft in ausreichender Menge für die relativ geringe Klientel wirklicher TB-Interessenten mit entsprechend "Dicker Marie" zur Verfügung. Um es nochmal ganz deutlich zu sagen: Die Smaragde waren zu ihrer Zeit keine "B?ckware" sondern standen in jedem Schaufenster der Rundfunkhandelsbranche, ob Privatbetrieb, Genossenschaft oder Staatliche Handelsorganisation. Das war in der tiefsten Provinz so gewesen und das war ganz genauso in den Bezirksst?dten und mit allergrößter Sicherheit auch in Berlin nicht anders. Der Grund dafür lag nicht am Desinteresse der Menschen sondern einzig daran, daß das Geld für diese Art von Luxusgut in der übergroßen Mehrzahl aller Haushalte schlicht nicht vorhanden war.
In der aktiven Produktionsepoche mußten vielfältige Unterbrechungen eingelegt werden um die auftretenden Mängel einer unausgereiften Entwicklung auszubügeln oder wenigstens zu kompensieren. Daraus resultieren die rel. schnellen "Upgrades" zu immer höheren Typnummern wobei wir auch bedenken en, daß nicht jede Entwicklung sofort umsetzbar ist oder war. Die Fertigungstiefe des MGZ war Anno 56 noch wesentlich kleiner als 5 Jahre danach im MGW. für bestimmte mechanische Bauteile und -gruppen galt es ersteinmal einen Lieferanten aufzutun und wenn sich so einer fand, dann mußte der ggfs. auch erst bestimmte notwendige Werkzeuge für seine Maschinen extern konstruieren und herstellen lassen. Hajos Hinweiszettel zur EM11 ist so ein Stück Beweis dafür, daß man die "Rolex" von Anbeginn geplant aber eben noch nicht gleich in der notwendigen Vorlaufzahl erhalten konnte. Eine Runde Banduhr - damals absolut zeittypisch auch in Westelbien - mußte einfach mit einem echten Auge kombiniert werden. Eine EM80 hätte da total blöd ausgesehen! Es kommt hinzu, daß es eine florierende Produktion von EM11 gab, da diese auch in erheblichen Stückzahlen für den Export verlangt wurden.
Das Fertigungspotential der DDR-Wirtschaft war insgesamt viel zu gering um auf Veränderungswünsche zeitnah reagieren zu können und daß man Ersatzteile für eine eingestellte Typserie weiterhin auf Halde fertigt, verbietet eigentlich schon der gesunde Menschenverstand wenn man weiß, daß jede ntwicklung eines Produktes unter der Maßgabe Erfolgen mußte, daß die Austauschbarkeit mit Teilen der Vorgängermodelle garantiert ist. Zugegeben, das sieht nicht immer schön aus doch es hat niemanden interessiert da einzig und allein die Funktion, also das Sein im Mittelpunkt aller Bestrebungen zu liegen hatte. Heute ist es umgekehrt: Der Schein ist wichtig - ob / wie was funktioniert ist eher egal.
Mit der vielger?hmten "Deutschen Wertarbeit" hat alles beides nichts zu tun.
Es wurde also zu DDR-Zeiten stets so repariert, daß die Ware wieder funktionierte, wie das der Kunde auch erwartete. Ob dabei statt eines Geraer Kondensators einer aus Görlitz eingesetzt wurde hat niemanden interessiert. Wenn eines der weißen Oberteile breit war, wurde es eben durch ein moderneres braunes aus Preistoff ersetzt. natürlich sah und sieht es blöd aus, wenn da zwei verschiedenfarbige Oberteile durch die Deckplatte gaffen - dem TB ist das aber wurscht und sobald nur eine Spule aufliegt, nimmt man das schon nicht mehr wahr. So ist das bis 89 gewesen denn so lange sind diese Geräte systematisch gewartet und repariert worden. Allerdings haben viele größere Werkstätten (PGHs) in den Mittsiebzigern ihren ET-Bestand für diese AltGeräte einfach entsorgt weil es nicht mehr lohnte.
Ab 89 waren die DDR-Geräte durchweg vollkommen wertlos - die Menschen glaubten einfÖltig an die Wunderdinge, welche ihnen von der westlichen Werbe- und Verblödungsmaschinerie erfolgreich eingeh?mmert worden sind. Das Kuriosum besteht darin, daß in Westeuropa und speziell in Westdeutschland die Qualität und Servicefreundlichkeit der ostdeutschen Gerätetechnik in höchsten Tönen gelobt wurde. Man hatte wohl ob des deutlichen technischen Rückstandes ganz andere Vorstellungen von den inneren Werten unserer Technik. Das freilich bezieht sich vornehmlich auf kommerzielle Gerätschaften, weit weniger auf Heimelektronik!
Wenn wir hier mal das Smaragd auf den Tisch stellen und ein Grundig TK16 daneben packen, spüren wir rein massemüßig kaum einen Unterschied. Geht es ans reparieren, fühlt man sich mit dem Smaragd wie ein Jagdflieger im H?ngegleiter! Und dabei lassen wir mal die technisce Ausstattung gänzlich außen vor! Alleine von der Optik und der einfachen Bedienbarkeit her kann ein Smaragd hier einen deutlichen Vorsprung markieren - das aber ist eben auch nur mein subjektives Empfinden das ein Grundigsammler wohl eher nicht teilen wird
Schauen wir nun auf die Jahre nach 95, können wir eine fast schon peinliche DDR-Nostalgiewelle, einhergehend mit einer permanenten Steigerung des Scheinwertes solcher alten Geräte konstatieren. Da erzielen Smaragde Preise von weit über 100 Euronen - keine Sondermodelle sondern wirklich nur primitive, völlig unmoderne Massenproduktionsartikel! Das ist im Grunde irrational. Doch jetzt kommt es: diese Geräte erlangen, nicht zu Unrecht , Kultstatus und werden so zur Zielscheibe einer wachsenden Gruppe von Sammlern. Diese Sammler sind es vornehmlich, welche zu einem großen Teil mit realitätsfernen Vorstellungen ihr Steckenpferd reiten. Das soll nicht abwertend verstanden werden, nur den Blickwinkel auf eine andere Ebene lenken.
Der Sammler möchte seine Schätze im Bestzustand präsentieren - das ist verständlich und auch richtig denn es handelt sich dabei ja zumeist nicht um museale Stücke sondern eben nur um "altes Zeug" von dem man eben fasziniert oder gar hemmungslos begeistert ist. Das macht ja jedes Hobby aus und das ist auch gut so denn das Gegenteil davon ist GleichGültigkeit. Die kann man oftmals bei den Erben beobachten, welche bei einer Wohnungssammlung in den allermeisten Fällen die sofortige Containerentsorgung beauftragen - Miete ist eben teuer und man will ja Kosten sparen; schlimm genug, daß der Entsorger schon so viel verlangt
In die Epoche nach 95 fällt auch das, was Du als "persönliche Note" deklarierst. Von pfiffigen Verkäufern wurden und werden diverse Verschönerungen oder auch "Verbesserungen" mit dem Ziel geschaffen, einen Seltenheitsnimbus aufzubauen. natürlich ist sowas seltener Murks - aber die Botschaft soll ja zumeist als "Exportmodell", "Sonderfertigung" oder gar "StasiAusführung" deklariert jegliche Hemmungen vor dem ausFällen des überweisungsträgers beseitigen. Das allein ist verwerflich, doch Dummheit läßt sich nunmal nicht mit Pillen beseitigen und das wissen clevere, skrupellose Anbieter natürlich nur zu genau. In dem Sinne könnte man das von Dir genannte BG20/6 mit den weißen Spulentellern als spezielle Hochzeitsedition vermarkten. Man muß da nicht genauer hinschauen, vielleicht sind das gar keine Smaragd-Teile, vielleicht wurden - diesen Fall hatte ich schonmal - die Oberteile wegen der abgebrochenen Fl?gel durch selbstgebaute Kreationen ersetzt um das Gerät weiter nutzen zu können? Im beschriebenen Fall wurden von einem findigen Bastler MessinghÖlsen mit angelöteten Fl?geln auf die abgedrehten Preistoffoberteile aufgesetzt und mit Epasol (Zweikomponentenkleber) verleimt. Die Teile anschließend lackiert und fertig. Zwar nicht in weiß sondern in Schwarz aber trotz der sehr sauberen Arbeit spätestens beim zweiten genauen Hinsehen als "Abartigkeit" zu erkennen. Und es kann auch keinen Zweifel daran geben, daß soetwas nur von einem engagierten Bastler zu Nutzzeiten dieses Gerätes gemacht worden sein kann denn eine Reparaturwerkstatt hatte dazu weder Zeit noch Lust denn das hätte kein Kunde bezahlen wollen! Da gibt es einfachere Lösungen, die halt nicht so schick aussehen aber auch funktionieren
Von der Fertigung der BG20-6 kann man grundsätzlich keine Überraschungen erwarten wenn man weiß, daß im Zuge der Auslaufproduktion alle Lagerbestände weitestgehend aufgebraucht worden sind. Und so tauchen an den Koffern, die in bewährter Weise wie immer in Eisenberg hergestellt wurden, urplötzlich auch wieder goldeleoxierte Beschl?ge auf. Es gibt Koffer mit vorderer Zentralschließe, ebensolche mit zwei vorderen schließen und es gibt Koffer mit einer seitlichen Schließe, wobei dann auch die Einhängescharniere seitlich montiert sind. Und in allen Varianten sowohl mit "goldenen" als auch mit "silbernen" Verschl?ssen. Als die klassischen Koffer mit den runden Ecken aufgebraucht waren, griff man notwendigerweise zu den Koffern des Diktiergerätes BG22. Da sind dann eben ein paar Kl?tzchen in die Ecken eingeleimt worden damit es nicht so blöd aussieht. DAs ist nicht nachträglich gemacht worden sondern wurde gleich in Eisenberg so gefertigt. Wenn ein 20-6 in einer Kiste ohne Eckkl?tzchen steckt, dann wurde es nachträglich in eine BG22-Kiste gestopft weil der originale Kasten auseinandergebrochen war.
Auch der Tragegriff unterlag einem "Update". Während die Serien bis einschl. Fertigungsbeginn des 20/5 mit glatten, tiefweinroten Klappgriffen ausgerüstet sind, bekamen die letzten Serien 20/5 schwarze, profilierte Klappgriffe mit dann stets silberfarbenen BefestigungsElementen was bis zum Ende der 20-6 in den Rundkoffern beibehalten wurde. Die dann folgenden modifizierten 22-er Koffer sind nach meiner Erinnerung stets nur mit dem primitiven aber moderneren, PVC-ummantelten Stahlbandtragegurt ausgeliefert worden. Ab den letzten Serien 20/5 sind alle Koffer, auch die des Typ22 in einheitlichem Grau/Grau bespannt, die Deckplatten durchweg in Hammerschlag - silber lackiert. Zugleich entfiel ebenso die farbliche Auslegung der Bedienschildchen aus goldeloxiertem Aluminium. Zum Ende der 20-6 Montage waren die Aluschildchen aufgebraucht und stattdessen wurden wieder PVC-Schildchen wie zu Beginn der Fertigung 1956 auf die Deckplatten gebappt. Der Unterschied besteht nur darin, daß diese jetzt weiter mit Symbolen versehen und mit Goldbronze überlackiert wurden. Das ist ein ästhetisches Kapitalverbrechen. Die 56-er Plasteschildchen gibt es in Elfenbein und Kaffeebraun, jeweils auf helle oder dunkle Deckplatten montiert und mit altert?mlicher Funktionsbeschriftung statt Symbolik.
Wenn man alle diese rein äußerlichen Details auf einen virtuellen Haufen schmeißt, ist es im Grunde recht einfach, dabei eine zeitliche Abfolge und ntwicklung festzustellen.
Alle Beobachtungen, die man nicht in dieses Schema zweifelsfrei einsortieren kann,müssen als Abweichung von der Norm gelten und bis zum Nachweis des gegenteils als individuelle Basteleien eingestuft werden. Das gilt grundsätzlich auch für den Umbau auf Zweiriemenantrieb, welcher weder vom MGW noch sonstwem autorisiert sondern nur in einer DDR-Fachzeitschrift veröffentlicht worden ist. Ab Werk gab es das nicht. Genausowenig gab es vom Hersteller einen Umristsatz für das BG19 auf HF-Löschung. Das ist und bleibt nur eine individuelle Bastelei und Murks ist es außerdem, egal wie sorgfältig der jeweilige Bastler dabei vorging oder vorgeht.
Abschließend noch das:
Mir sind bis zur Stunde keinerlei Sondermodelle der Smaragdserien bekannt geworden oder gar begegnet. Das schließt nicht aus, daß es solche auch wirklich gibt, es ist lediglich über alle Maßen unwahrscheinlich weil es einfach nicht zu dem paßt was man sich unter dem MGW vorzustellen hat. |
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