Diesen alten Thread habe ich mal ausgegraben, weil ich eine Art überleitung darin sehe, wie man versuchte den doch recht engen Grenzen der Normalrille zu entkommen. An allerlei obskuren Termini sollte man sich da eher nicht verbeißen - Tatsache ist, daß - wie schon von Hans-Joachim ausgeführt - der Normalrillen-Schallplatte ab den Vierzigern zunehmend das Grab geschaufelt wurde; wie wir heute wissen mit bahnbrechendem Erfolg! Dieser Erfolg, der mit der DMM-Technik seine praxismüßige Kr?nung erreichte, hat schließlich das dazumal haushoch überlegene Magnetband ins Abseits gedrängt. Die "Schwarzen Scheiben" werden ganz sicher auch noch alle bisher bekannten digitalen Speichermedien überleben und es mag vermessen klingen, ist aber wirklich ernst gemeint: Alles was noch kommen wird und derzeit für uns vllt. nichtmal ansatzweise vorstellbar ist - die primitive Schallplatte wird all das weiterhin überleben.
Das ist kein Religionskrieg Analog gegen digital sondern einfach in der Natur der Sache begründet, quasi selbst ein Naturgesetz! Und dieses Gesetz besagt, daß das einfache dem komplizierten stets und zu allen Zeiten, seit dem Bestehen unserer Erde, haushoch überlegen ist. Diese überlegenheit bezieht sich so allein auf den Fakt der "Unsterblichkeit", also der überlebensFähigkeit oder Vitalität allgemein.
Also bitte, suche hier niemand nach einem Graben, wo keine Schaufel vorhanden ist!
Es geht mir einzig um "L?ckenSchließungen" in der Geschichte der Schallplattenaufzeichnung.
Unter diesem Aspekt kann als erster Quantensprung die Umstellung des Aufnahmeverfahrens von rein akustisch auf elektrisch angesehen werden. Die Platte als solche ist noch immer das gleiche Stück Gemenge aus im Wesentlichen Schiefermehl, Gasru? und "Läuseblut", nur der rasanten Entwicklung der Elektronenröhre, damit im Zusammenhang stehend des Rundfunks und der zunehmenden Verbreitung "richtiger" Radios, ist es zu danken, daß die Platte von ihrem "Gie?kannenniveau" lassen mußte. Die mittels Mikrofonen aufgenommenen Darbietungen bringen naturgemäß schon einen ganz anderen Sound mit sich - die Akustiker lernten ja auch ständig dazu - und klingen eben auch nur dann optimal, wenn sie NICHT mit einem freistehenden Blechtrichter wiedergegeben werden. Das ist also die Ära welche ab den Mittzwanzigern vom rasantem Tempo bei der Verbreitung von Platte und Rundfunk geprägt wurde.
Bereits zu dieser Zeit hatte man erkannt, daß die konventionelle Schalldose der eigentlich Tod jeder Schallplatte ist. So wurden frühzeitig bereits Dosen aus leichten Kunststoffen gefertigt, da durch die nun mögliche höhere Dynamik der elektrischen Aufnahmen ein geringeres Auflagegewicht mit einer wesentlich dünneren Nadel vollauf genügte um, mit einem guten Tisch- oder Schrankgrammophon, einen damals absolut befriedigenden H?rgenu? zu erleben. Das Radio war auch nicht besser, noch nicht!
Etwa ab den 30-ern kamen die ersten elektrischen Tonabnehmer auf den Markt. Noch bedienten sie sich einer einfachen Stahlnadel doch der Wandler war bereits ein Kristall - Seignettesalz. Der Vorteil dieser leichtgewichtigen TonKöpfe ist in ihrer - bezogen auf ein Magnetsystem - sehr hohen Ausgangsspannung zu sehen. Das Grammo konnte so recht problemlos an ein vorhandenes Radio angest?pselt werden. Parallel dazu sind auch magnetische Abnehmer entwickelt worden. Auch diese benutzen anfangs noch immer eine einfache Stahlnadel. Ihr Vorteil ist der symmetrische, niederohmige Ausgang welcher keinerlei besondere Schirmung benötigt. Nachteilig ist die mickrige Signalspannung die vor ihrer Weiterverst?rkung im Radio erst hochtransformiert werden muß. Der theoretisch mögliche Frequenzgang ist besser als beim Kristalltonkopf aber in der Praxis wenig gewichtig. Mit dem Aufkommen höherwertiger Rundfunkgeräte kamen auch die ersten wirklichen Plattenspieler als SoloGerät oder auch als Einbauchassis auf. Beispiele dazu gibt es in unserer Galerie.
Einen der ersten modernen Tonarme mit Magnetsystem und Saphirabtaster brachte in dieser Zeit die Fa. TELEFUNKEN auf den Markt: Den TO 1000 mit seinen Spielarten welcher auch zehn Jahre nach Kriegsende noch immer gefertigt wurde! Diese Arme funktionieren heute noch - sofern der Saphir nicht abgewirtschaftet worden ist. Auch hier der Beweis: Ein kompliziertes Verfahren mittels Biegewellenschwinger hatte trotz seiner unverkennbaren Vorteile keine breite überlebenschance gegen ein "primitives Stückchen Draht das um ein Stückchen wackelndes Eisen gewickelt im Zentrum eines Permanentmagneten steht".
natürlich ist es nicht so simpel wie ich mit den paar Worten etwas abstrakt zu erklären versuchte. Simpel ist lediglich das Prinzip dieses mechanischen Wandlers und das allein macht ihn unangreifbar. Heutzutage sollte man seine Platten aber wirklich nicht diesem insgesamt doch schwergewichtigen Tonarm überlassen.
Es ist enorm, was in den zehn Jahren von 1925 bis 1935 an qualitativen Verbesserungen bei der Tonspeicherung und -Wiedergabe erreicht wurde. Das anschließende Jahrzehnt ist geprägt von der Entwicklung der Magnetbandtechnik, deren Durchbruch insbesondere der Anwendung einer hochfrequenten Anregung der MolekÖle während der Betonung zu danken ist. Kuriosum am Rande: die HF-Vormagnetisierung war als solche grundsätzlich bekannt - nur eben nicht in dieser Art und Weise der Anwendung. Damit wurde die Magnetbandtechnik auf einen Schlag hoffähig und ihre Anwendung in der Praxis kann mit Fug und Recht als Revolution bezeichnet werden. Das ist der Zeitpunkt, an dem das von Nils gestartete Thema
"Sonderlasse: Siemens/Polydor"
einsetzt.
Holger bemerkte dazu, daß er bei seinen derart gekennzeichneten Platten keine hörbaren Unterschiede ausmachen konnte, welche wenigstens einen AHA-Effekt hervorrufen würden.
Ich denke, daß man das auch nicht unbedingt erlauschen kann - dazu br?uchte es wenigstens zweier gleichgut erhaltener Platten die mit den identischen Inhalten sowohl nach dem "Neuen Verfahren" als auch in der bisherigen Technik hergestellt wurden. Alleine die Titulierung als "Experimentalschallplatte" sollte uns auch darauf hinweisen, daß hier jede Scheibe anders ausfallen kann - es wurde eben noch experimentiert! Von daher darf man eigentlich keine Erwartungen hinsichtlich eines deutlich größeren Frequenzumfanges hegen - solche an eine bessere Dynamik hingegen sollten schon erlaubt sein
Wie Nils schreibt, sind diese Etiketten und damit auch solche Platten nicht eben dicht ges?t. Ganz so selten werden sie aber wohl nicht gewesen sein. Ich denke, daß man darauf fast ausschließlich Klassik gepreßt hat und dazu bediente man sich vorzugsweise seit Alters her dem 12" Format.
Stagnierte in den letzten Jahren des Tausendjährige hier auch die Entwicklung - logisch, es galt ja elementarere Aufgaben zu erfüllen - so begann der Kampf ums überleben der Normalrille mit dem Neubeginn und materiell aus dem Nichts heraus. In der Neuen Welt hatte man bereits die Mikrorille erdacht, setzte aber auch dort aus profanen Gründen weiterhin auf die normale 10" Schellack - der vielen Musikboxen wegen! Eine Situation, welche mit Deutschland in keinster Weise vergleichbar ist denn hierzulanden kamen diese Musikmaschinen erst mit den Mittf?nfzigern auf - als die Mikrorille im Singleformat Fuß gefa?t hatte. Doch bis dahin war es noch ein Stück weit hin und so verwundert es nicht, daß sich die etablierte Schellack mit allen möglichen Tricks und selbstverständlich auch mit technischer ntwicklung zu behaupten versuchte. Den endgültigen Garaus machte der Normalrille auch hier der Rundfunk. Mit der zunehmenden Erschließung des UKW-Bereiches, der "Welle der Freude", lernten die Rundfunkteilnehmer erstmals so ab den Mittf?nfzigern eine neue Dimension des Wohlklanges kennen. Die altvertraute Schellack konnte da nicht mehr mithalten und wurde zunehmend ein Medium für engagierte Musikfreunde denen es zuvorderst um authentische Darbietungen von +/- bekannten und berühmten Klangkörpern und Einzelk?nstlern geht. |