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Autor: Frank Greifswald Verfasst am: 19.01.2007, 09:05 Betreff: Ausgangsleistung von Röhrenverstärkern
Hallo zusammen,
ich wusste nicht genau, unter welcher Rubrik ich dieses Thema einordnen sollte - also lege ich es mal hierher.

Ich habe das Problem, dass ich bei Röhrenverstärkern nie auf die maximal mögliche Nutzleistung N kommen, die in den Tabellen angegeben ist. Dabei liege ich nicht um 10% oder 20% drunter, sondern die Abweichungen sind erheblicher. Gemessen habe ich zum Beispiel an einem PCL86 Eintakter - 4W sollen in diesem Betrieb möglich sein, ich komme nur auf 2W und auch nur dann, wenn das Sinussignal am Übertragerausgang schon total verzerrt ist.
Um den Übertrager als Unsicherheitsfaktor auszuschließen, ersetzte ich diesen durch einen rein ohmschen Anoden-Widerstand. Aber das Resultat war das selbe. Ich habe verschiedene Schaltungen nach TFK Angabe nachgebaut - ohne wesentliche Änderung.

Die Gleichung zu Leistungsbestimmung ist mir nat. bekannt P = (Ueff * Ueff) / RL

Und Ueff = (Vss/2) / 1,41 ist auch berücksichtigt.

Den ECL80 Verstärker von TipFox im Selbstbauforum baute ich ebenfalls nach - läuft sehr gut - alle Spannungen wie Gittervorspannungen und Anodenruheströme entspr. den Spezifikationen.
Die Schaltung ist also fehlerfrei nachgebaut.
Max Ausgangsleistung soll lt. Franzis Taschentabelle bei 1,4W liegen. Ich komme mal gerade so auf 0,5W - und hier ist der Sin. schon erheblich verzerrt.


über Hinweise hierzu wäre ich sehr dankbar.


Größe,
Frank


Autor: Andreas Verfasst am: 19.01.2007, 13:19 Betreff:
Hallo Frank,
irgendwie hast Du bestimmt einen Denkfehler.
Wenn ich meine Verstärker dem Endtest unterziehe, wird die Spannung über dem RL (6 Ohm) als Effektivwert gemessen. Dies bei 50 Hz, 1 kHz und 20 kHz. Kurz vor Einsetzen der Begrenzung (oszillographisch kontrolliert) soll diese Spannung Größer 9,5 V sein.
Das entspricht nach Ohmschen Gesetz P=U?/R ca. 15 VA.
(Es sind 15 VA - Gegentaktendstufen mit 2 x EL84)
Eine einfache Endstufe hat an 6 Ohm eine Effektivspannung von ca. 5,5 V zu bringen, was einer Leistung von ca. 5 VA entspricht.
Wenn ich mir Deine Rechnung anschaue, komme ich mit der Aussage: "Ueff=(VSS/2)/1.41 ???" nicht klar. Meines Wissens ist: Ueff=VSS/1,41. Und dann bringen Deine Röhrlis auch rechnerisch die volle Leistung, ganz sicher.

Gruß
Andreas


Autor: TipFox Verfasst am: 19.01.2007, 18:28 Betreff:
Das ist so nicht richtig Andreas. "Vss" = Volt Spitze-Spitze, "Udach" oder "Umax" ist demnach VSS/2. Und Ueff ist Umax/wurzel2 ... also so, wie Frank es geschrieben hat.


Autor: Frank Greifswald Verfasst am: 22.01.2007, 05:34 Betreff:
Danke für eure Beiträge,
hat denn jemand da mal Messerfahrungen und könnte somit meine Erfahrungen bestätigen oder widerlegen ?
TipFox, würde es dir was ausmachen, mal die Ausgangsleistung an deinem ECL80 Verstärker zu messen ?
Mal bei unverzerrtem Sinus am Lastwiderstand eines Übertragers und dann das max. mögliche ohne Rücksicht auf Verzerrungen.

Es würde mir sehr helfen.

Danke im Voraus für die Mühe.

Gruß,
Frank


Autor: TipFox Verfasst am: 22.01.2007, 17:45 Betreff:
Hallo Frank,

wird 1..2 Tage dauern - aber soviel vorweg: die maximale Ausgangsleistung kannst Du natürlich nur bei einem optimal angepassten Aü erwarten. Ich habe leider keinen original-Aü für ECL80, daher weiß ich nicht, ob unsere Werte vergleichbar sind. Aber ich werde das mal messen ...
Zuletzt bearbeitet von TipFox am 19.09.2022, 17:10, insgesamt 2-mal bearbeitet


Autor: Frank Greifswald Verfasst am: 23.01.2007, 05:26 Betreff:
Hallo TipFox,
schon mal danke für deine Mühe.

Du kannst die Gittervorspannung der ECL80 Pentode ändern und damit den Ruhestrom.
Die Faustformel Ra = U anode / I kathode lässt sich
so etwas "hindrehen", dass es besser passt.
Beim Kathodenstrom muss man natürlich den Strom der Triode abziehen, da gemeinsame Kathode.
Oder man trennt den Übertrager ab und misst den Anodenstrom abzüglich Schirmgitterstrom.

Oder ersetze den Aü gegen einen ohmschen Widerstand - bei deiner Schaltung sind es ca. 11K.
Das passt immer.


Gruß,
Frank


Autor: TipFox Verfasst am: 23.01.2007, 08:30 Betreff:
Hallo Frank,

hier meine Ergebnisse:

Messaufbau: Sinusgenerator(1 Khz) -> Verst -> Aü (11K)->R 5 Ohm -> Oszi mit interner Messfunktion

Der Aü ist von einer ECL82 und hat bei 1 Khz und 5 Ohm Belastung genau 11KOhm.

Unverzerrt: 5,6Vss oder 1,98Veff oder 2,05Vrms

das entspricht einer Leistung von 0,8W (eff) oder 0,84W (RMS)

Verzerrt: 5,9Vss oder 2,3Vrms (eff macht hier keinen Sinn mehr)

Das entspricht einer Leistung von ca. 1W (RMS)


Eine weitere Erhöhung der Ansteuerung verändert nur noch in Richtung Verzerrung (logisch, die Aussteuergrenze ist erreicht) und erhöht damit natürlich auch die RMS-Leistung - die ist aber so ja nicht brauchbar.
Wenn ich mir die Messergebnisse so anschaue, dann muss man davon ausgehen, dass die Datenblätter "geschönt" sind, 1,4W sind utopisch - oder wurde da Musikleistung angegeben (eher unwahrscheinlich)...
Zuletzt bearbeitet von TipFox am 19.09.2022, 17:13, insgesamt 4-mal bearbeitet


Autor: Frank Greifswald Verfasst am: 24.01.2007, 05:16 Betreff:
Ich danke Dir für deine Messungen, TipFox.
Vielleicht kann das noch jemand hier im Forum bestätigen - von anderen Röhren her.

Bei meiner PCL86 kam ich auch nur auf die halbe sinnvoll nutzbare Ausgangsleistung.
Mich würde mal interessieren, nach welchen Kriterien die Röhrenhersteller diese Angaben gemacht haben.



Ich stellte auch fest, das deine ECL80 Schaltung zum Schwingen neigt - abhängig von der Poti-Stellung am Eingang.
Hattest du das Problem auch, TipFox ?



Gruß,
Frank


Autor: TipFox Verfasst am: 24.01.2007, 11:20 Betreff:
Hallo Frank,

wenn Du Dir den Thread mit dem ECL80-SE noch mal genau ansiehst, gab es durch einen Vorschlag von Darius eine Änderung - da ging es genau um die Schwingneigung dieser Röhre. Ich hatte Anfangs mit einem Kondensator an der Triode kompensiert - Darius schlug einen Gridstopper vor. Ich habe das damals umgesetzt und es funktionierte einwandfrei - auch bei meinen gestrigen Messungen hatte ich keine Schwingneigung. U.U. hattest Du sehr lange Leitungen zum Aü ? Wenn es gar nicht klappen sollte, würde ich mal auf die Kondensatorversion zurückgehen - also 10...30pf zw. Anode und Gitter der Triode.

Noch mal kurz zur Ausgangsleistung: mir ist bei den Messungen aufgefallen, dass das Clipping bei meinem ECL80-SE etwas unsymmetrisch ist - d.h., dass der Arbeitspunkt nicht optimal ist. Ich denke, dass mit einem Abgleich (Poti statt 220 Ohm) noch ein paar Milliwatt rauszukitzeln sind - 1,4W halte ich für nicht erreichbar, ich wüsste nicht, wo man da noch dran drehen könnte :Wink:
Zuletzt bearbeitet von TipFox am 19.09.2022, 17:15, insgesamt 2-mal bearbeitet


Autor: Frank Greifswald Verfasst am: 25.01.2007, 05:49 Betreff:
Hallo TipFox,

Zitat:
Noch mal kurz zur Ausgangsleistung: mir ist bei den Messungen aufgefallen, dass das Clipping bei meinem ECL80-SE etwas unsymmetrisch ist - d.h., dass der Arbeitspunkt nicht optimal ist. Ich denke, dass mit einem Abgleich (Poti statt 220 Ohm) noch ein paar Milliwatt rauszukitzeln sind


Ja, das hatte ich schon gemacht - ein kleiner Trimmer macht sich recht gut zur Optimierung.
Die Schwingneigung scheint tatsächlich mit der Leitungslänge zum Aü etwas zu tun zu haben.



Danke noch mal,
Frank


Autor: TipFox Verfasst am: 25.01.2007, 06:39 Betreff:
Hallo Frank,
die Sache hat mir doch keine Ruhe gelassen Laughing

Nun ist es ja bei dem ECL80-SE so, dass die effektive Spannung an der Anode durch die Gitterspannungserzeugung verringert wird. In den Datenblättern ist ja immer von "Ua" die Rede - also nicht von der Betriebsspannung...

Ich habe also heute morgen mal die Versorgungsspannung so erhöht, dass an der Anode 200V zu messen waren.
Die gemessene Maximalleistung war dann 0,93W(eff) bzw 1,13 W(RMS,) - mehr ist wohl nicht drin ...
Zuletzt bearbeitet von TipFox am 19.09.2022, 17:17, insgesamt 2-mal bearbeitet


Autor: Frank Greifswald Verfasst am: 28.01.2007, 06:27 Betreff:
Danke für deine Mühe, TipFox.
Ich werde bei mir auch noch mal nachmessen.



Gruß,
Frank


Autor: JacobR. Verfasst am: 30.01.2007, 13:51 Betreff:
Hallo Leute,

ich glaube nicht dass die Angaben der Ausgangsleistungen der Röhren geschönt sind. Das sind weltweit anerkannte Angaben, und ich hatte da noch nie einen Grund, diese zu beweifeln.

Nur ist es aber nicht ganz so einfach, die echte Ausgangsleistung zu messen. Das geht nur mit einer entsprechenden Messschaltung, wobei alle darin entstehende Verluste herausgerechnet bzw. berücksichtigt werden.

Die Ausgangsleistung wird dabei immer primär gemessen. Die Röhre arbeitet auf eine Anodendrossel, der Lastwiderstand hängt über einen Trennkondensator parallel zu dieser Drossel, damit er nur die reine Wechselleistung = Sprechleistung zugeführt bekommt.

Wenn man die Ausgangsleistung hinter einem Trafo misst, erhält man nur noch das, was abzüglich der Trafoverluste noch übrig bleibt.
Die Wirkungsgrade von kleinen Trafos sind aber sehr schlecht; sie veringern sich, je kleiner der Trafo ist. Das gilt bei Netzttrafos ebenso wie für Aü's.
Wenn bei einer ECL80 mit nominell 1,4W hinter dem Trafo noch 1 W herauskommen, muss man das sogar noch als gut bezeichnen.



Hobbygrüße, Jacob


Autor: TipFox Verfasst am: 30.01.2007, 20:33 Betreff:
Hallo Jacob,

vielen Dank für die Erläuterung der Zusammenhänge. Ja - ich hatte auch die Transformatorverluste im Blick, kannte aber nicht die damalige Messmethode und war daher unsicher. Jetzt ist es klarer :Wink:

Nebenbei: diese Art der NF-Auskopplung bzw. LC-Kopplung lässt sich auch gut in Audions verwenden (spart einen Übertrager) - Induktivität ist dann ein Relais, Koppel-C ca. 10uF - das reicht dann gut für einen 32-Ohm Kopfhörer...
Zuletzt bearbeitet von TipFox am 19.09.2022, 17:22, insgesamt einmal bearbeitet


Autor: TipFox Verfasst am: 04.02.2007, 13:04 Betreff:
Kleine Zusatzfrage an die Experten:

wenn es so ist, dass einerseits der Aü so viel Leistung schluckt und andererseits die Auskopplung über L/C so verlustfrei möglich ist, dass man es sogar für Messungen heranzieht - wieso baut man dann überhaupt mit Aü's?
Zuletzt bearbeitet von TipFox am 19.09.2022, 17:23, insgesamt 2-mal bearbeitet


Autor: holger01 Verfasst am: 04.02.2007, 14:12 Betreff:
Experte bin ich mit Sicherheit nicht, trotzdem mein Senf dazu...
Weil es kaum möglich ist dynamische LS mit mehreren Kiloohm Impedanz zu bauen?
Bei magnetischen LS geht das ja problemlos, dafür ist der Klang dann ziemlich bescheiden.
Wenn es nur um den Wirkungsgrad geht, ist ein Freischwinger aber sicher eine gute Wahl.



Holger


Autor: TipFox Verfasst am: 04.02.2007, 15:43 Betreff:
Hallo Holger,

ich kenne zu wenig davon - aber es scheint auch möglich zu sein niederohmige Lasten so anzupassen...

Was die hochohmigen Ls angeht: möglich wäre das heute bestimmt - bei den heute machbaren Magneten könnte man das Prinzip ja umdrehen, ein "Tauchmagnetsystem" - aber es braucht wohl keiner :Wink:


Autor: TipFox Verfasst am: 05.02.2007, 13:20 Betreff:
Der Vollständigkeit halber folgender Nachtrag:

Die Messungen am ECL80-SE wurden wiederholt, dabei wurde die von Jacob beschriebene Methode verwendet.

Auskoppelung Primärseitig über einen bipolaren 10uF-Kondensator auf einen 10KOhm/1% - Widerstand.

Die höchste Ausgangsspannung betrug dabei 320Vss, das entspricht 113,13Veff und es errechnet sich dann eine Leistung von ca. 1,28W - also sehr nah am Datenblatt, wenn man die leichte Fehlanpassung (10K statt 11K) berücksichtigt.

Die erforderliche Eingangsspannung betrug 2,25Vss oder 0,8Veff.
Zuletzt bearbeitet von TipFox am 19.09.2022, 17:25, insgesamt 2-mal bearbeitet


Autor: mike jordan Verfasst am: 05.02.2007, 13:34 Betreff:
Hallo Juergen,

sehr schoen. Um das komplett zu machen, kannst Du an dem Uebertrager den DC Widerstand von prim. und sec. so genau wie moeglich messen? (besonders den sec. weil der ja niederohmig ist.

Damit wollen wir dann die Kupferverluste bestimmen.
Der Rest der Leistung von Messung mit und ohne Aue. sind dann die Magnetiierungsverluste.



Gruss mike


Autor: TipFox Verfasst am: 05.02.2007, 16:23 Betreff:
Hallo Mike,

also die Übertragerdaten sehen so aus:

Imedanz bei 1Khz und 5 Ohm Belastung (ohmisch) = 11,28KOhm.

Der Gleichsstromwiderstand ist Primär 616 Ohm. Leider besitze ich kein hochauflösendes Milliohmmeter - aber das DMM zeigt sekundär nach Abzug der Messschnüre 0,7 Ohm.
Zuletzt bearbeitet von TipFox am 19.09.2022, 17:26, insgesamt 2-mal bearbeitet


Autor: mike jordan Verfasst am: 05.02.2007, 18:08 Betreff:
Hallo Juergen.

Das ist nach meiner Erfahrung ein Trafo guter Qualitaet.

Die prim. Seite mit 11280 zu 616 Ohm ergeben 5,46% Verluste im Kupfer,
die sec. Seite (die 0,7 Ohm sind sicher kleiner)
mit 5,0 zu 0,7 Ohm ergeben 14% (oder kleiner)

Als Summe: 19,46 % bleiben im Kupfer.

Bei den nach Telefunken gemessenen 1,26 Watt abz. 19,46%, sind 0,25 Watt im Kupfer.

Also ohne magnetische Verluste (Streuung, Magnetisierungsverluste)

Ergebniss: 0,99 Watt. Das hast Du gut gemessen.

Gruss mike

Nachtrag:
Die Streuung bedeutet, Feldlinien die von der Primaerwicklung ins Eisen gekoppelt werden, sind ja eine Leistung.
Diese Feldlinien verlassen aber den Kern (wegen des Luftspaltes erst recht) und kommen in der Sekundaerwicklung nicht an.

Muessen also Verluste sein.

Wenn Du ein Metall an den Luftspalt hinhaelst, und Musik machst, kannst Du die Streuung fuehlen und hoeren. Das Joch verdeckt das aber.


Autor: TipFox Verfasst am: 05.02.2007, 18:14 Betreff:
Hallo Mike,

das passt ja alles wunderbar zusammen

Ein Thread, der mir sehr gefällt ...



P.S.: der Übertrager ist aus einem Blaupunkt-Gerät, den Typ weiß ich leider nicht. Das erklärt sicher die Qualität. Smile



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