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Abtastung von Füllschriftplatten
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MGW51
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Beitrag1/13, Verfasst am: 20.04.2011, 14:24   

Betreff:   Abtastung von Füllschriftplatten
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Aus gegebenem Anlaß bringe ich mal dieses Thema hoch - auch weil es mir selbst ziemlich unklar erscheint. Auslöser ist ein Zettelchen, genauer gesagt der Scan eines solchen, der sich bei Aufräumarbeiten auf meiner Festplatte fand:

für mich stellt sich die Frage nach der sicheren Zuordnung einer N78-Schallplatte, egal ob Schellack oder alternative Materialien.

So wie ich den Hinweis lese, werden Füllschriftplatten mit dem Normalsaphir zerstört - ob das zutrifft, kann ich nicht beurteilen. Was ich beurteilen kann ist der Zustand von einigen "Mini-Play" genannten Schellacks der Tempo welche auf einer 10" Scheibe generell 4 MusikStücke aufweist:


Nun gibt es ja zuweilen auch stinknormale Schellis, bei denen zwei Titel auf einer Plattenseite untergebracht worden sind - fällt mir auf Anhieb eine Amiga ein:


Oder denken wir an die kleine 8" Orchestrola, welche sich anders als andere Marken dieser Größe mit der Bezeichnung "Langspielplatte" schmückt:


Die letztgenannten Platten zeigen durchweg keine abnormen Verschleißspuren und sind in ihrem bisherigen Leben zu 99% mit Stahlnadel abgetastet worden. Anders die Miniplay! Davon habe ich einige Exemplare im Fundus, welche nahezu mindestens bereichsweise als unspielbar anzusehen sind. Man möchte annehmen, da hat mal jemand mit einem Sparrennagel versucht Töne herunterzuholen. Da ich mir selber unsicher war und jetzt nochmehr bin, hatte ich diese Scheiben nur mit einem Stereoabtaster und mit entsprechender Stereonadel abgehört. Das steht m.E. im Widerspruch zu dem Aufdruck auf den Plattentaschen, welche ja eine für mich eindeutig andere Aussage treffen:


Ich glaube daß man die 8" Scheiben getrost außenvor lassen kann denn die sind nach meiner Meinung nichts als ein geschickter Werbetrick. Die Modulation hat man bis auf das äußerste ins Zentrum hineinversetzt und die entsprechend eingeschränkte Dynamik läßt sich eben eine längere Rille auf der gleichen Fläche schneiden. Zudem sind diese Platten viel dünner als herkömmliche Schellacks. Also eine nicht unerhebliche Materialersparnis bei der Fertigung. Von den beiden hier vorgestellten 10" Platten hier kann man das so aber wohl nicht sagen.

Soweit so gut, nur daß ich jetzt vollkommen im Wald stehe! Trifft meine Annahme zu, daß die Miniplay nach dem Füllschriftverfahren hergestellt sind, dann frage ich mich, wie sich das mit der Bezeichnung "Normalrille" verhält bzw. wenn nicht, was bitte ist dann eine "richtige" Füllschriftplatte? Wie, woran kann man diese erkennen wenn nicht an ihrer Laufzeit?
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Grüße aus der Lausitz von MichaelZ.

Die Reform der Rechtschreibung ist ein Symptom dafür, daß die Deutschen ihre Sprache nicht lieben.
(Eugen Ruge, Schriftsteller, 2018)

Zuletzt bearbeitet von MGW51 am 20.01.2023, 18:53, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Beitrag2/13, Verfasst am: 21.04.2011, 00:43   

Betreff:
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Hallo Michael,

einen ungleichmäßigen Rillenabstand (Füllschrift) sollte man doch eigentlich unter der Lupe oder wenn man schräg über die Platte sieht, erkennen können (?). Ist nur so eine Idee - ich habe kein Anschauungsmaterial Wink
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Gruß TipFox
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Beitrag3/13, Verfasst am: 21.04.2011, 00:50   

Betreff:
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Ich gestehe, daß ich mit bloßem Auge (zzgl. dem obligatorischen Nasenfahrrad) keinen solchen ungleichmäßigen Abstand je wahrgenommen habe. MIt Lupe hatte ich das aber noch nie versucht herauszufinden. Momentan komme ich auch nicht so ohne weiteres an meine Platten ran - da muß ich graben um die wenigen speziellen Exemplare ans Tageslicht zu holen Wink
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Beitrag4/13, Verfasst am: 19.05.2011, 15:42   

Betreff: Schellack-Langspielplatten mit 2 x 9 Minuten, F?llschrift
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Nun also ist es endlich wahrgeworden: Ich halte seit wenigen Minuten einige echte Schellack-Langspielplatten in Händen. Und ich bin richtig happy denn wie Ihr sicher ahnt, habe ich sofort als die Post das Paket brachte den Türkis scharf gemacht was sich im wesentlichen um das Anst?pseln der Sprechlauter und den Wechsel des Abtasters beschränkte. Ich habe also ohne zu zaudern meinen 65? Saphir samt dem CS29 anstelle der Diamantnadel für Stereoplatten eingeschoben. Das ist die einfachste Lösung, man kann beliebig wechseln; kein nerviges Gefummel mit den kleinen Nadeltr?gern und dem Mikroskop.

Kurz das Mikrotuch geschwungen und los gehtes mit Stenka Rasin und dem Wolgalied - einfach klasse! Aber nach wenigen Minuten war Sense - klar, sooo lang ist das Wolgalied ja nicht Smile
Da hatte ich also nicht genau hingeschaut - das war eine gelbe Grammophon OHNE den zusätzlichen Aufdruck "variable micrograde 78". Macht nichts, ist ja auch schön Smile

Als nächstes aber sollte es zur Sache gehen: Die TELEFUNKEN F?LLSCHRIFT, VE 9019, mit der Ouvert?re zu Orpheus in der Unterwelt versprach eine wirklich lange Spielzeit.

Genau 17,5 Minuten vom ersten bis zum letzten Ton - beide Seiten selbstverständlich zusammengerechnet!

Wer jetzt ein wenig rechnet und beim Offenbach nachfragt bekommt schlichte Zweifel was das wohl für eine Ouvert?re gewesen sein mag Smile Na klar, die lief wirklich nur knappe 9 Minuten! Die zweite Seite erfreute mich stattdessen mit der Ouvert?re zu Supp?s Dichter und Bauer in nahezu gleicher Länge.

Also ich habe nichts mit der Stoppuhr gemacht! Mir genügte dafür der Minutenzeiger meiner Armbanduhr.

Das Sch?rfste aber kommt noch:
Eine erstklassige KlangQualität! Da ist nichts irgendwie durch die Kartoffelquetsche gepre?t, eine beeindruckende Dynamik und nahezu Rauschfrei - etwas Knistern ist da, klar, das wird aber wohl noch bei der W?sche weitgehend verschwinden.

Und jetzt läuft eben die Grammophon mit "Variable Micrograde 78" - ist nicht ganz so bet?rend wie die Telefunken Füllschrift aber wer weiß, eine W?sche kann nie schaden.

selbstverständlich werde ich alles daransetzen, wenigstens die TFK zu digitalisieren um Euch das selbst erleben zu lassen, was eine Schellackplatte in tadellosem Zustand und mit einem durchschnittlichen Ceramiksystem mit 65? Saphir zu den Lautsprechern bringen kann!

Da habe ich schon wesentlich schlechtere Vinylscheiben auf dem Teller gehabt!


So, Bilder muß ich mal sehen, eventuell zusammensetzen. Da ist mein A4 Scanner nämlich überfordert.

So, die Grammophon läuft nicht ganz so lange wie die Telefunken doch mit reichlich 7 Minuten pro Seite muß sie sich nicht verstecken!
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Zuletzt bearbeitet von MGW51 am 20.04.2015, 22:16, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag5/13, Verfasst am: 23.05.2011, 14:06   

Betreff:
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Hier mal ein Foto der Hülle samt Platte, welche mich bzgl. Klang und Laufzeit wirklich sehr begeistert hat.



Es folgt nun ein gleiches Bild von der Grammophon, wo man dieses als "Variable Micrograde" bezeichnet.



Was nur auf der Hüllenr?ckseite aufgedruckt ist, möchte ich niemandem vorenthalten:
Zitat:
A b g a b e - B e d i n g u n g (nur für Deutschland): Die überspielung unserer Schallplatten, sowie das Mitschneiden von Rundfunksendungen unserer Schallplatten auf Band oder Draht, auch zu privatem Gebrauch, ist verboten. --- Zur Vermeidung unerlaubter überspielungen sind den Händlern Verleih, Vermietung und Auswahlsendungen nicht erlaubt."


Das "auch zu privatem Gebrauch" kommt ja gleich nach Adolfs Feindsenderabh?rverbot, welches m.W. bis in die jüngste Vergangenheit der BRD beständig gepflegt wurde. Sollte ich einem Irrtum unterliegen, lasse ich mich gerne korrigieren.

Diese Platte hier zeigt den Matrizenstempel vom 17.11.51 M, dazu die Zeichenfolge 03056 LWS und die Gravur EVM 56005 A. Umseitig dann 03057 LWS und EVM 56005 B.

Bemerkenswert finde ich, daß das Etikett dieser 12-ZÖller gerade einmal 76 mm mißt und somit im gleichen Durchmesser wie die meisten Etiketten moderner 10" Platten gehalten ist.
Im Unterschied dazu mißt das Telefunkenetikett 80 mm. Ist auch nicht die Wucht! Beiden Platten gemeinsam ist das Ende der Modulation beim Durchmesser von 112 mm. Die TFK-Platte spielt ein bisschen länger - warum?
Liegt es daran, daß es sich um ein zwar ähnliches aber doch etwas anderes Verfahren handelt oder hat es schlicht mit einer anderen, größeren Aussteuerung zu tun?

Da mir leider nicht zwei Platten gleicher Aufnahmen zur Verfügung stehen, gibt es so auch keine direkte Vergleichbarkeit.

Zwei weitere TFK mit Lila-Gold Etikett nach dem Rheinschen Füllschriftverfahren sind von etwas geringerer Spieldauer da deren Modulation bereits bei 131 mm Durchmesser endet.
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Beitrag6/13, Verfasst am: 29.06.2011, 12:09   

Betreff:
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Nun war also der Fall eingetreten, daß ich nicht mehr widerstehen konnte und so kam anl?Ölich des Besuchs von Gerald und Semih die Ouvert?re zu Orpheus in der Unterwelt auf den Electrola 101! natürlich mit einer leisen Nadel bestückt, konnten wir Drei einer nahezu vollkommen rauschfreien Wiedergabe lauschen.

selbstverständlich ist der Klang nicht mit einer elektrischen Abtastung und anschließenden Verstärkung gleichzusetzen, das erwartet ja auch kein Gesunder! Aber ich kann mit Fug und Recht behaupten, daß ich etwas derart "sauberes" bei keiner der bisher von mir aufgerufenen Yotube-Schellackaufzeichnungen je erlebt habe.
Das hängt zuallererst natürlich mit dem hervorragenden Erhaltungszustand dieser Scheibe zusammen und ist von daher kein Ergebnis des Füllschriftverfahrens.

Nun kommen sicher einige Leser ins Grübeln, wie oft ich wohl bei dem 9-Minuten-Stück den Federmotor nachgeladen habe? Nun, wenngleich diese Praxis nicht abwegig ist, so habe ich darauf verzichtet und nach etwa 2 Minuten die Abtastung beendet. Das entspricht in etwa der Verschleißgrenze einer einfachen Stahlnadel und wenn man diese überschreitet, dann schrottet man wissentlich die Platte - dafür sind mir dieselbe und diese Musik aber viel zu schade.

Ich hoffe dennoch, daß es meinen G?sten auch wirklich etwas gegeben hat; der Vorteil einer Klassikplatte gegenüber einer solchen des Schlagergenres ist zuvorderst in deren sehr breit gef?cherter Dynamik zu sehen. Die rein mechanische Tonwiedergabe ließ hier auch bei pianissimo nicht nach einem offenen Wasserhahn Ausschau halten und einen "Nadelger?uschfilter", wie er in den 50-ern obligatorisches Ausstattungsmerkmal war, kennt eben das Grammophon auch nicht - als pur und unverfÖlscht - das macht ja den eigentlichen Reiz aus. Wenigstens bei mir Smile

Dennoch bin ich nicht einer von der Fraktion, die das Rauschen als unbedingt erhaltenswert anhimmeln weil es authentisch sei. Das ist schlichtweg falsch! Vermutlich haben diese Spezialisten noch nie eine neue oder wenigstens neuwertige Schellackplatte mit neuer Nadel und intakter Schalldose gehört. natürlich gibt es eine "Schleifgeräusch" der Nadel in der Rille - das ist normal für jede mechanische Abtastung weil diese ja auf Reibung beruht. Es ist aber auch normal, daß man dieses Geräusch bei mechanischer Wiedergabe nicht vordergründig hört, daß man es also insgesamt als rauschfrei genießen kann. Bei einer elektrischen Wiedergabe und den etwas sonderbaren H?rgewohnheiten mit einer völlig unrealistischen überbetonung = Extremverst?rkung der Höhen Und Tiefen kann weder ein ausgewogenens Klangbild entstehen, noch entsprechen solcherart erzeugte Geräusche den wirklichen Tonumf?ngen realer mechanischer Musikinstrumente.

Wenn wir uns unterhalten, dann zischt es ja auch nicht in den Horchtäten und der Atem des Gegenüber maltr?tiert in keinster Weise unser Trommelfell - schlimmer noch, wir können davon ausgehen, daß der Gesprächspartner so gut wie tot sein muß - weil wir seine normale Atmung nicht hören können! Aber am Lautsprecher, da kann man "so schön hören wie er r?chelt" Daumen hoch
Freilich, es gibt eine Reihe von K?nstlern, da hätte ich immer Angst daß sie ins Mikro beißen. Die können nicht anders, eben weil sie auch nicht wirklich singen können, weil sie keine wirkliche Stimmgewalt besitzen. Die unbestechliche Empfindlichkeit des Mikros läßt dann freilich auch erkennen, daß der Interpret mit seiner Atemtechnik einige Semester hinterher hinkt. Die Frage ist nur, ob wir das auch wirklich hören wollen, ob wir es unbedingt wissen en?

Dazu kann man mindestens geteilter Meinung sein. So wie sich die technischen Möglichkeiten in den letzten hundert Jahren gigantisch entwickelt haben, so werden sie sich garantiert auch weiter entwickeln und ob das reine "Zisch-Bum-Bum" als Nonplusultra die Zeit überdauern wird, mag ich einfach nicht glauben. Alleine schon aus gesundheitlichen Erwägungen ist das zu verneinen. Es wird wieder was neues kommen müssen. Die Industrie will schließlich Umsätze generieren...

Was bleiben wird ist das Grammophon - da bin ich mir sehr sicher.
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Zuletzt bearbeitet von MGW51 am 09.11.2011, 13:44, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag7/13, Verfasst am: 29.10.2011, 15:02   

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Die Eingangsfrage dieses Themas ist leider noch immer nicht befriedigend beantwortet worden.

Dem im Startposting gezeigten Ausdruck eines Merkzettels unbekannter Herkunft / Quelle stehen nach meinem Empfinden die Aussagen auf den Plattenetiketten der Miniplay und der Telefunken gegenüber.

daß diese Platten nicht für das Abspielen mit einer herkömmlichen Schalldose auf dem Grammophon gedacht sind, sollte allein schon durch die dafür nicht ausreichende Laufzeit der üblichen Federmotore einleuchten. Gleichwohl gibt es aber Elektrogrammophone wo das kein Argument mehr ist und wenn diese dann auch noch eine elektrische Schalldose aufgesteckt haben, kann man das ja schon fast als "richtigen Plattenspieler" bezeichnen. Noch besser: Ein aufgesteckter Kristalltonabnehmer. Auch das gab es ja schon in den drei?igern. natürlich muß dann zwingend eine Langspielnadel eingesetzt sein, sonst frist der bald verschlissene Stahlstift die Rille aus.

Wenn man davon ausgeht, daß das Füllschriftverfahren - egal mit welch anderem Kunstwort man das nun bezeichnete - nicht vor ca. 1950 auf den Markt kam, sollte man annehmen, daß zu diesem Zeitpunkt der Focus ausschließlich auf elektrische Plattenspieler gerichtet war. Diese gibt es ja auch schon seit den Drei?igern mit magnetischem Abtastsystem, sowohl für herkömmliche Stahlnadeln als auch fest bestückt mit einem "Dauernadel" genannten Saphir. Die Auflagedr?cke dieser Tonarme sind nicht wesentlich kleiner als von Grammophontonarmen mit leichten Kunststoffdosen oder gar mit Kristalltonabnehmer. Man darf sich dabei nicht in die Irre führen lassen und das reine Eigengewicht einer klassischen Schalldose mit dem Eigengewicht eines modernen Magnetsystems vergleichen. Bei der klassischen Dose verringert der Anstellwinkel der Nadel in erheblichem Maße durch die Hebelwirkung des Systems den punktuellen Auflagedruck. Massige Dosen sind eigentlich eher bei Geräten bis zu den frühen 20-er Jahren typisch. Als die Platten elektrisch aufgenommen wurden, wuchs auch deren Frequenzumfang und damit war der Zwang gegeben, das Abtastsystem entsprechend leichter zu machen damit es den Auslenkungen der Rillenflanke auch folgen kann. Damit einher geht natürlich auch ein schonenderer Umgang mit der Platte selbst, ihre Nutzungsdauer verGrößert sich.

So weit so gut, doch was mache ich mit meinen 9 Minuten spielenden Schellacks nun richtig? Sollte ich den Stereodiamant benutzen oder doch lieber den 60 ... 65?m Normalsaphir?

Wenn jemand die Quelle des im Startbeitrag gezeigten Handzettels benennen könnte, wäre das sicher hilfreich.
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Beitrag8/13, Verfasst am: 05.11.2011, 12:59   

Betreff:
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Lieber Michael (nebst anderen "Kennern und Liebhabern"),

ohne euch zu nahe treten zu wollen: Ich halte -zunächst einmal- aufgrund einer jahrzehntealten 17er-Platte meines Besitzes (ein Orgelkonzert Händels in der Wiedergabe von Karl Richter mit dem Münchener Bach-Orchester), die ich noch als Kind zum Geschenk erhielt, den Terminus "Füllschrift" ähnlich wie den späteren Terminus "Royal Sound" (Abtastvorverzerrung mit dem Tracing Simulator) für Warennamen der Telefunken Schallplatten Gesellschaft mbh. Das mag vielleicht auch (Eduard Rhein war -auch- sehr Geschäftst?chtig) mit dem (möglicherweise nur trizonesionalen) Besatzungstatut zusammenhängen, nach dem sämtliche deutschen Alt-Patente nach dem Zweiten Weltkrieg für außer- (nicht aber inner-)deutsche Nutzer freigegeben waren.

Bekanntlich(?) fällt Eduard Rheins offenbar bereits im 2. Weltkrieg eingereichtes, späteres Patent DE 966210 (besser: dasjenige, das die Telefunken Schallplatten GmbH für Rhein auf ihren Namen anmeldete) exakt in diese Zeit, denn Rhein reklamiert die Fertigstellung der Idee in irgendeinem Aufsatz noch vor die Tage, in denen das Magnetofon Marktreife und Öffentlichkeitswirkung erlangte (10. Juni 1941). Die Patentierungsbekanntmachung von 966210, in der Rhein noch OHNE 'Magnetbandspeicher' argumentiert, erfolgte dann auch erst am 4. Juli 1957, jedoch rückwirkend ab dem 21. November 1942 ohne Anrechnung des Zeitraumes zwischen dem 8. Mai 1945 und 7. Mai 1950.

Ich bin deshalb der Ansicht, dass Füllschrift- und Langspielplatte dasselbe Ph?nomen bezeichnen, die Langspielplatte jedoch ggflls. als eine Übersetzung des amerikanischen "Extended Play" unter Einschluss der für das Verfahren ja nicht per se notwendigen 33 1/3 UpM und ggflls. auch der (sehr relativen) Neuigkeit des Kunststofftr?gers (vgl. Decelith, Eilenburg-Produkte schon in den 1930ern) sich schließlich gegen den komplizierten Begriff "Füllschriftverfahren nach Eduard Rhein" durchsetzte.

Hinsichtlich der technischen Angaben deines Hinweiszettels sei daran erinnert (Aufsatz aus dem radio mentor der 1950er bei mir), dass jede Umlauf- bzw. Rillengeschwindigkeit einen zugeordneten 'optimalen' Nadelverundungsradius besitzt, über den sich die obere Grenzfrequenz berechnen lässt. Das hieße: Solange 78 UpM draufstehen, 'sind 65? drin', also auch bei Füllschrift bzw. E.P.. Stehen 33 UpM drauf (und 16 kHz deuten ihrerseits in die Richtung "Kunststofftr?ger") ist natürlich "Schmalrille" drin. Andererseits: Mit der mechanischen Dose würde ich als Historiker ab 1935 über keine Platte mehr drübergehen. Ich besitze eine DGG-Messplatte von 1929 (Pegel und Gleitton) aus dem Nachlass meines (Ingenieur-)Vaters, die zeitlebens nur elektrisch abgetastet wurde, aber auch mit diesen Abtastern oberhalb 3,5 kHz sukzessive wirkungsvoll nachgeschnitten wurde....

Ich verfüge in Gestalt der Patentschrift und eines Aufsatzes von Fritz Bergtold aus der Elektrotechnischen Zeitschrift Heft 1/1954 zur Umgebung der Füllschrifteinf?hrung schriftliches Material, das auch das Spannungsverhältnis beleuchtet, das zwischen dem aus bestimmten, sehr persönlichen Gründen getrost willkürlichen Eduard Rhein und dem etwa gleichaltrigen Fritz Bergtold bestanden haben muss bzw. haben soll. Dr. Bergtold soll nämlich Rheins Füllschrift-Idee in der Szene als "Schnapsidee" oder "Gehirnfurz" bezeichnet haben, was von Rhein als sehr persönliche Breitseite empfunden wurde. Als dann die Geräte der Füllschriftsteuerung fertig vorlagen, war es ein Zeichen wissenschaftlicher Moral und Glaubwürdigkeit Bergtolds, einen "Entschuldigungbrief" zu schreiben, der in Gestalt des ETZ-Aufsatzes vorliegen könnte.

Insgesamt ist es empfehlenswert, trotz aller Mängel (keine Sekund?rliteraturangaben, die hier PrimÄrangaben wären) das Buch "Moderne Schallplattentechnik" aus der Feder Fritz Bergtold (PDF bei mir) systematisch durchzuarbeiten, um ein verhältnis zur nicht hoch genug einzuschätzenden Rolle der schwarzen Platte und ihrer hervorragend erschlossenen Technik für das 20. Jahrhundert (abseits der Verblendungen einer leider weitgehend kenntnisfreien Freakszene) zu erhalten. Ich meine, diese Feststellung Emil Berliner, Eduard Rhein, Horst Redlich und G?nter L?tzkendorf (die Namen stehen symbolisch für viele andere) schuldig zu sein.

Herzlliche Größe von Hans-Joachim,

der erst vor anderthalb Wochen Eduard Rheins Haus in Cannes passierte,
als er auf dem Weg vom Vater der J37 und A77 zum Urheber der div. Auflagen
des "Handbuchs der Tonstudiotechnik" war.
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Beitrag9/13, Verfasst am: 13.11.2011, 00:29   

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Lieber Hans-Joachim,

einmal mehr erstaunst Du mich mit Deinen Ausführungen zu den geschichtlichen Hintergründen.

Ich gestehe freim?tig, daß es mir nie in den Sinn gekommen wäre, die Urspr?nge dieses, wie ich meine, zu Unrecht kaum beachteten Verfahrens, in den beginnenden Vierzigern zu suchen. Die Folgen des Tausendjährige sorgten denn auch dafür, daß hierzulanden - für mich eigentlich unverständlich - zu keiner Zeit solche Platten geschnitten wurden und das, obwohl man ja, anders als in Westelbien, bis in die Sechziger Jahre hinein am "L?useblut" festhielt! Eigentlich gibt es dafür nur eine Erklärung: Die LDZ (Lied der Zeit) besaß keine 12" Pressen für Schellack resp. waren die vorhandenen Pressen verschlei?bedingt nicht mehr in der Lage die erforderlichen Schließdr?cke aufzubringen. Es leuchtet ein, daß man angesichts der unüberseh- und -hörbaren Vorteile der langsam laufenden PVC-Scheiben nicht noch 5 vor 12 in das sterbende Medium Schellack investieren mochte. Ernst Busch hat ja auch nur wenige 12-ZÖller produziert und die dann in Prag (Supraphon) abpressen lassen. Ein einziges Exemplar dieser Kooperation nenne ich, nicht ganz unstolz, mein eigen Smile Doch wie gesagt, eine Füllschriftplatte ist das natürlich ebensowenig wie die kleinen 8" Orchestrola "Langspielplatten".

Um auf die ursprüngliche Frage zu kommen:
Das Abh?ngigkeitsverhältnis von Abtastgeschwindigkeit und Verrundungsradius der Nadelspitze ist mir als solches prinzipiell bekannt - die widersprüchlichen Angaben bei verschiedenen Quellen haben mich allerdings doch ziemlich irritiert. schön, daß es da einen kompetenten Freund gibt, der auch auf Fragen zu solchen Randerscheinungen der Tonaufzeichnungstechnik umfassend antwortet!

Was die Altmeister der Rille betrifft, kann man die epochale Bedeutung der Platte nicht hoch genug festmachen. Es gibt kein anderes Medium, welches auch nur annähernd die Beständigkeit der Information und deren einfachste Handhabung vereint. Die Platte hat ohne große Mühen den Schritt in das 2. Jahrtausend bewÖltigt und sie ist - allen Unkenrufen zum Trotz - weiter im (zurück)kommen. Wenngleich sie quantitativ nie mehr an die gerademal als modern geltenden Speicher heranreichen wird. Emils und Nippers Nachfahren erfreuen sich weiterhin bester Gesundheit Smile
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Beitrag10/13, Verfasst am: 13.11.2011, 12:53   

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Lieber Michael,

deine Antwort verunsichert mich etwas, denn Eduard Rheins Verfahren ist weltweit in seiner gemeinsamen Einführung mit der Vinylplatte (obwohl ja keineswegs daran gebunden!) und im Verein mit der Einführung des Schallplattenstereoverfahrens die technologische, aber auch isthetische(!) Grundlage der neuzeitlich hochwertigen schwarzen Platte und der auf ihr Gründenden HiFi-Bewegung ab Anfang der 1960er auch in Europa gewesen. Sie allein war für den (Massen-)'Konsumenten' ja zunächst der einzige Zugang zu einem universell technisch hochwertigen Speicher und unterlag damit an sich sehr hoher, wenn auch oftmals unbewusster Beachtung. Zwar gab es bereits ab der D36 (1960; besser eigentlich F36, sie 1962) Willi Studers in Mitteleuropa ein BandGerät, das im Rahmen einer Amateurtechnik mit einer stereofonisierten K8/T9 halbwegs mithalten konnte, dennoch fehlten einer engagierten Amateurwelt (= mehr als eine Person; in der Nachkriegsfortentwicklung der Stereotechnik spielen auch sehr betuchte, einzelne Privatleute eine erhebliche Rolle) neben so manchem anderen praktisch alle Kenntnisse und Bewusstseinsebenen, eine Aufnahme auf die Beine zu stellen, die auch nur annähernd dem entsprochen hätte, was man von der Platte oder dann zunehmend auch aus dem Rundfunk hören konnte. Dass dies obendrein und insbesondere an dieselben Mikrofone gebunden war, wie sie die Profis verwendeten (damals noch weit mehr als heute), die ein Mehrfaches der Amateur-Bandgeräte kosteten, die der sich vielleicht gerade noch leisten konnte, verdammte ihn noch lange (wenn nicht gar bis heute!)zum passiven Konsum. Die HiFi-Bewegung musste alles in allem über Jahre anlaufen, um in der uns geläufigen Breite (auch bezüglich der Stereofonie) Marktbedeutung erlangen zu können.

Die 'Marktbedeutung' zwang die DDR-Bürger bezüglich vieler Annehmlichkeiten, kleinen Vergn?gungen und Freuden des alltäglichen Lebens in die "Austerität" (wer kennte derzeit dieses euphemistische Quatschwort nicht!): Aufgrund der marktradikal-monetaristisch-kapitalistischen(!!!), ja neoliberalistisch-Ökonomiefaschistischen Verachtung des Binnenkonsums seitens der ?ideologischen Volksbeaufsichtigung? ebendort ("Export steht über allem, Importe kosten Valuta, sind also als Teufelswerk wo irgend möglich zu vermeiden) stand ihre staatliche Verwaltung jeder größeren Neuinvestition allzu häufig ablehnend gegenüber, wenn die Kapitalabschreibungen im Binnenkonsum aufgrund (potenziell) ausbleibenden Exportes die Einnahmen -und sei es nur zunächst!- zu weit zu übersteigen drohten. Man "sparte" lieber und man?vrierte sich damit (hier überdies unter Subventionierung des Exportes zwischen zwei sehr eigenartig verbandelten Wirtschaftssystemen zulasten der eigenen Binnenwirtschaft) in eine Abw?rtsspirale, an der dieser Staat neben vielen anderen gerade auch sozialen Fehlern schließlich erstickte.
Aus der angesprochenen Ideologie (auch die Anlageninvestitionen der aktuellen Bunzrepublik residieren auf einem Allzeittief!) investierte 'man' ("voces expertum") nicht in die Hoffnung, dass sich die Bürger des eigenen Staates, die man extrem kurz hielt(hält), schon ausreichend mit "Schmalrillenplattenspielern" versorgen würden, um der heimischen Produktionsindustrie den Umstieg auf die Mikrorillentechnik zu erleichtern. Normalrillenlaufwerke waren wohl genug da, also lutschte man diesen Lolli weiter aus, solange dem gewisse Geschmacksreste anhafteten.

Dass aus den Folgen solcher Ideologieexerzitien -gerade auch bei damals ja halbwegs (weil begünstigt) Betroffenen- selten auch nur ein Minimum gelernt wird, erleben wir derzeit wieder mit. Weltweit, besonders aber in der Bunzrepublik, die nun zum zweiten Male innerhalb von 20 Jahren eine Währungsunion kraft eigenen Handelns durch wirtschaftswissenschaftliche Ignoranz und sturstes Festhalten an nicht haltbaren Ideologien sehr erfolgreich und donnernd an die Wand setzt.

Doch zurück zu Eduard Rhein und seiner Füllschrift: Seine Idee ist es also, die gemeinsam mit dem Magnetofon meiner Ansicht nach die Weichen für die Realisierung einer hochwertigen Speicherung auch in der Hand des Liebhabers stellten. Diese Einbeziehung des Magnetofons ist nicht unwesentlich, denn ursprünglich setzte Rhein als Verz?gerungsGerät für die Rillenabstandssteuerung einen -aus der Warte der folgenden HiFi-Entwicklung betrachtet- qualitativ nicht akzeptablen Schallplattenzwischenspeicher ein.
Die Geschichte der Langspielplatte ("extended play") beginnt deshalb nicht mit den 33 UpM (sie gab es bekanntlich vorher, allerdings auf großen 50cm-Platten und den entsprechenden 65?-konformen Rillengeschwindigkeiten), sondern mit Rheins Füllschrift-Technologie.

Daher gilt für deine Fälle: Sobald bei Platten mit 78 UpM und 30 cm Durchmesser 9 Minuten drauf sind, ist Füllschrift drin. Sofern man produktionsseitig in eine Füllschriftanlage investiert hatte, war die Modifikation eines Magnetbandgerätes für diesen Zweck ja auch hochwertig, kostengünstig und letztlich einfach zu realisieren, weshalb seine Perfektionierung bis Kriegsende in seiner Bedeutung für den gesamten Audiomarkt wohl nur noch mit der Einführung der CD zu vergleichen ist, durch die peu ? peu alle Teilbereiche der (professionellen) Produktionstechnik so aufgemischt wurden, dass diese sich in nur 10 Jahren dramatisch veränderten, auch wenn das die heutige, oftmals leider sehr ignorante Freakszene nicht wahrhaben und stattdessen entstandene Folgen ohne genaue Analyse, also unbesehen (!) unter ?Verfall? subsumieren will.

Magnetbandgerät+Füllschrift+Vinyl+LP-Stereo fungieren wie CD oder MP3 als historische Symbole für die Entwicklungsdynamik menschlichen Wissens und seiner Anwendungen (nebst all den begleitenden, oftmals geradezu kuriosen Zufällen), die einerseits belegen, dass es sich bei der Medientechnik ebenfalls um eine historische (weil archivierende) Wissenschaft handelt, die andererseits aber auch selbst historisch analysiert werden kann und so Einsichten in die Denkart der Urheber und ihrer Lebensepochen erlaubt, wenn man als Quasi-Nachgeborener zur Beschäftigung mit den erhaltenen Zeugnissen wirklich willens ist. Die Leute schreiben nämlich schon damals zu dem, was wir heute noch hören können.

Daher nochmals: Alle erwähnten Aufs?tze bzw. B?cher (Bergtold, Moderne Schallplattentechnik sind in Auflage 1954 -ohne PDF- wie 1959 -als PDF-) sind ebenso in meinem Besitz wie die Texte zu den Patenten Eduard Rheins, die allerdings ohnehin für jedermann bei meinem Münchener Nachbarn, dem Deutschen Patentamt, heruntergeladen werden können, wenn man weiß, wonach man suchen muss. PDFs erhält man von mir bekanntlich per Mail und nicht per Bezahlung. Sofern die Provider mittun.


Hans-Joachim
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Beitrag11/13, Verfasst am: 13.11.2011, 15:26   

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Lieber Hans-Joachim,

Deine Verunsicherung resultiert vermutlich aus dem von mir als Randerscheinung bezeichneten Schneideverfahren. Das ist eine zugeben etwas unüberlegte Diktion da es mir in diesem Zusammenhang einzig um den Anwendungsfall Schellackplatte, in Verbindung mit den widersprüchlichen zeitgenössischen Angaben zur korrekten Abtastung derselben geht/ging.


Das konsequente Festhalten an der Normalrille, zu einer Zeit da auch diesseits der Elbe längstens Mikrorille in PVC gepre?t wurde, ist mir nicht wirklich einleuchtend. Es wurden anfangs ja - wenn ich nicht irre - auch ausschließlich 10" Mikrorillenplatten von der LDZ gepre?t. Da die moderneren Laufwerke damals durchgehend 4-tourig gebaut worden sind, Stereofonie längst noch kein Thema war, stellte die 10" Mikrorille mit im Mittel 12 Minuten Laufzeit bei 33Upm eine gute Alternative zur hier nie gefertigten12" Füllschrift-Schellack dar und ergänzte die bis dato praktisch alleinherrschende 10" Normalplattenproduktion. An dem Punkt ist mir das noch einleuchtend. Dann aber wurde die 7" mit 45 Upm zur Parallelfertigung der 10" Normalrille für etliche Jahre und das, obwohl Schellack extra importiert werden mußte. später folgten dann die "richtigen" Langspielplatten in 12"; natürlich auch weiterhin allesamt in Mono. Die Geräteindustrie lief allerdings konsequent vorneweg und lieferte gar bald ausschließlich stereotaugliche Plattenspieler wobei sich die Tauglichkeit auf die Verdrahtung des Tragarmes und die entsprechenden Abtastsysteme beschränkte. Gelegentlich integrierte und damals noch durchweg berührte Verstärker arbeiten fast durchweg monaural. Wer wollte und es sich leisten konnte, st?pselte den Plattendreher dann eben an einen separaten zweikanaligen Verstärker bzw. an ein mit NF-Stereofonie ausgestattetes Röhrenradio. Es vergingen erneut Jahre, ehe die DSP (Deutsche Schallplatten Berlin) ausschließlich in Stereo produzierte. Von der Schellackplattenproduktion hatte man sich zu dem Zeitpunkt hier endgültig losgesagt.

Die Seite der Wiedergabetechnik war zu jeder Zeit absolut überschaubar, was letztendes auch dazu geführt hat, daß es im Grunde keine Veranlassung gab, sich mit den technischen Belangen abseits des Reparaturalltages intensiver zu befassen. Das erfordert nunmehriges Nachsitzen in, durch anderweitige Verpflichtungen bedingt, stets wechselnder Intensität. Ich möchte aber den Faden festhalten :Wink:
Es ist nun die Frage, welches Volumen der 59-er Bergtold hat, wozu wir uns aber gesondert verständigen sollten.
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Grüße aus der Lausitz von MichaelZ.

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Beitrag12/13, Verfasst am: 21.11.2011, 22:22   

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Lieber Michael,

der 'kleine' Füllschrift-Aufsatz Fritz Bertolds aus der Elektrotechnischen Zeitschrift Heft 1, 1954 hat 370 k, das Franzis-B?chlein von 1959 ("Sonderausgabe der Radio-Praktiker-B?cherei", von der es auch sein Klein-Oktav-Format übernahm) bringt es vom Umfang her auf 265 Seiten und 10 MB. Gerade wenn man sich für die Schallplatte über ihre gesamte Geschichte hin interessiert, ist das Bändchen Bergtolds (die Vorgänger-Ausgabe von 1954 habe ich ja ebenfalls) umso mehr ein Muss, als Bergtold zu den Pionieren der Elektronik- bzw. "Radio"-schriftstellerei gehörte. Und lange lebte, denn eines seiner letzten Unternehmen war die bei Oldenbourg, München zweibündig erschienene und bis heute nützliche Operationsverst?rker-'Monografie' von 1975.

Bergtolds Texte zur Schallplatte und zur Füllschrift sollten also weitgehend problemlos per Mail übermittelbar sein. Nachdem ich außerdem die Rhein-Patente zur Sache zusammengetragen habe, könnte man auch deren PDFs noch beif?gen. zusätzlich besitze ich von Eduard Rhein einen eigenen Text, der als zweites Heftchen einer Schriftenreihe des Berliner Senats ("Berliner Forum 2/87: Eduard Rhein, 100 Jahre Schallplatte. Vom Phonographen über die Laser-Disc - wohin? Berlin 1987") publiziert worden war. Dieser Text wurde nun bewusst populär angelegt, dennoch tauchen -soweit erinnerlich- in Nebens?tzen Formulierungen auf, die einiges über die Sichten Rheins verraten, der nicht nur ein "Tausendsassa" (so meines Wissens Fritz K?hne über Rhein), sondern auch "hochgradig schwul" war (so der rechtskonservative Heinz Thiele über Rhein), also keinen prim?ren Draht zum Kompromiss besaß bzw. entwickeln musste. So war er im übrigen auch bei Spingers "H?r Zu" redaktionsbekannt.
Ausgehend vom 10. Juni 1941 (Vorf?hrung des Magnetofons im Ufa-Haus in Berlin) und über einen Vortrag zum Tefifon-Verfahren bei Loewe in Lichterfelde schildert Rhein in diesem Bändchen sehr subjektiv die Entstehung seines Füllschriftverfahrens im Berlin der Jahre 1941/42. 1952 seien dann die ersten Füllschrift-Platten erschienen, vom Sommer 1953 an konnte seine Anlage von der Medienindustrie als Industrieprodukt erworben werden.

In diesem B?chlein schreibt Rhein selbst von seinem 'Krach mit Bergtold', der offenbar unter Einbeziehung der Chefredaktion der Funkschau (Erich Schwandt, er allerdings war Füllschrift-J?nger) geführt wurde. Es muss zu Rheins Idee einen eher vernichtenden Bergtold-Aufsatz in der Funkschau gegeben haben, der dort wohl ab 1942, aber noch vor Kriegsende erschienen und daher noch heute ebendort aufzufinden sein te.


Ich bin der Ansicht, dass man bei der Beschäftigung mit historischen, abgelegten Techniken über reine Nostalgiegefühle hinaus die Entwicklung dieser Techniken studieren sollte, wozu selbstverst?ndich auch die Beschäftigung mit Texten der Urheber gehört. Man erfährt so, was sie dachten, was sie sich dachten, was sie wie planten, und kann diese 'Visionen einer Zukunft' mit deren mehr oder minder realem Eintreten aus der Warte des konsequent R?ckschauenden vergleichen, also als quasi Nachgeborener den Grad an Umsicht nachdenklich erfahren, der diesen Menschen weiland zu Gebote stand. Man lernt dabei anderes zur menschlichen Leistungsfähigkeit als das, was eine abartige 'Industriekultur' heute von uns zu verlangenmüssen meint.

Dass solche Fehlgriffe selbst bei sich mit dem Ruch der "Kenner- und Liebhaberschaft" umgebenden Zeitgenossen an der Tagesordnung sind, durfte ich dieser Tage in einem geradezu unbeschreiblichen Thread des AAA-Forums mal wieder ganz realitätsnah erfahren, wo man sich geradezu abenteuerlich -also ohne jede saubere Untersuchung des Sachverhaltes- zur Frage der Raumdarstellung in zweikanaligen Tonmedien 'unterhielt': 600 Posts und 13500 Aufraufe, aber kein Ergebnis, obgleihc alles auf dem Tisch lag, nachdem es von mit dort aufgebaut worden war. Die Fachliteratur kennt den Kram ja sehr viel länger. Nachdem aber nicht jeder "Kenner und Liebhaber" recherchieren will, quatschte man im besagten Thread lieber vor sich hin, als auch nur an die Recherche zu denken.

Hans-Joachim
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Beitrag13/13, Verfasst am: 21.11.2011, 23:16   

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Zitat:
Ich bin der Ansicht, dass man bei der Beschäftigung mit historischen, abgelegten Techniken über reine Nostalgiegefühle hinaus die Entwicklung dieser Techniken studieren sollte, wozu selbstverst?ndich auch die Beschäftigung mit Texten der Urheber gehört. Man erfährt so, was sie dachten, was sie sich dachten, was sie wie planten, . . .


Diese Ansicht, lieber Hans-Joachim, teile ich uneingeschränkt!

Wobei, das sei nicht verschwiegen, ich selbst auch einer gewissen Faulheit verfallen bin was die zuweilen doch recht anstrengende QuellenerSchließung betrifft. Das in dem Falle von Dir benannte Volumen sollte aber doch kein unl?sbares Problem darstellen - sowohl meinen Speicher als auch meine Seher betreffend Smile

Von daher sehe ich erwartungsfroh den Dingen die da kommen werden entgegen.
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Grüße aus der Lausitz von MichaelZ.

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